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Gemeinderat, 18. Sitzung vom 26.01.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 76

 

und Migranten richten. So ist auch dieser Sprach- und Bildungsplan für Frauen mit Migrationshintergrund in Wirklichkeit in Puzzlestein, ein Element in der gesamten Arbeitsmarktförderung für Frauen aus der frauenpolitischen Sicht heraus.

 

Das Zweite ist, dass sich diese Arbeitkammerstudie im Besonderen mit der Feminisierung der Zuwanderung auseinandergesetzt hat, was eben auch zeigt, dass wir zunehmend mehr Frauen haben, die zuwandern, und dass wir auch die Situation haben, dass wir dort zum Teil Topqualifikationen haben. Wir sehen das: 14 000 Leute in „Perspektive". Da geht es wirklich um Bildungsanerkennung. Und von denen haben 79 Prozent Maturaniveau.

 

Natürlich gibt es aber auch die Niedrigqualifizierten. Aber es ist eigentlich am Beginn der Biographie am Arbeitsmarkt von Zuwanderinnen oft egal, ob Maturaniveau oder nicht einmal abgeschlossene Schulausbildung, sie beginnen zuerst einmal ganz unten im niedrigqualifizierten Bereich zu arbeiten, kommen aus dem kaum mehr heraus, und darüber hinaus haben sie noch die doppelte Diskriminierungsmühle - so sage ich immer -, denn sie sind Frau und sie sind Migrantin. Und das Erschreckende an der Studie ist, dass es enorm viele gibt, die unter 1 400 EUR verdienen, aber auch sehr, sehr viele Frauen, die unter 900 EUR verdienen. Und ausschlaggebend für diese Situation ist nicht die Qualifizierung, sondern ist sehr oft eigentlich einfach das Argument: Migrationshintergrund, Zuwanderin.

 

Und in diesem Programm, gerade in der dritten Stufe, wo wir dieses Frauenkolleg abhalten, geht es uns darum, die Frauen erstens einmal fit zu machen in der Sprache - auch die, die schon länger da sind. In der Bücherei in Simmering habe ich eine tolle Frau kennengelernt, die seit 20 Jahren in Wien lebt, jetzt die Kinder sozusagen aus dem Gröbsten draußen hat und in diesem Kolleg sitzt, super gut Deutsch kann, aber jetzt eben auch in Mathematik und in EDV in der Qualifizierung nachschärft, um auch tatsächlich eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben.

 

Genau das machen wir dort, genau dort reagieren wir, genau auch auf diese Phänomene in der Zuwanderung und auf dem Arbeitsmarkt. Und andererseits sprechen wir das aber auch mit den Frauen entsprechend an, denn der Kurs lernt den Frauen nicht nur etwas in EDV oder in Mathematik oder in Rechnungswesen und lernt ihnen nicht nur super gut Deutsch, sondern er soll sie auch so empowern, dass sie wirklich sagen, okay, ich bin Job-ready und ich möchte das angehen!

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die nächste Zusatzfrage wird von Frau GRin Schütz gestellt. - Bitte schön.

 

9.40.57

GRin Angela Schütz (Klub der Wiener Freiheitlichen): Guten Morgen, Frau Stadträtin!

 

Sie haben in den Medien kommuniziert, dass Sie die Sprachkurse für Jugendliche, Frauen und Kinder mit Migrationshintergrund aufgestockt haben, und Sie haben jetzt aufgeschlüsselt, was Sie da alles so vor haben. Teile dieser Kurse werden aber zu mehr als 50 Prozent von Migranten der zweiten beziehungsweise auch der dritten Generation, die teilweise auch die österreichische Staatsbürgerschaft haben, besucht.

 

Meine Frage ist: Wie kann es sein, dass Menschen, die hier aufgewachsen sind, die hier zur Schule gegangen sind und die eben auch teilweise die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, nicht einmal in der Lage sind - und solche Leute gibt es wirklich! -, die einfachsten Amtswege zu erledigen beziehungsweise Gespräche zu führen? Da gibt es übrigens auch Fernsehinterviews mit diesen Frauen, in denen sie dann den Ehemann oder die Kinder als Dolmetsch brauchen. Was sagen Sie dazu, oder wo liegt da jetzt die Verantwortung der Stadt Wien dafür, dass es so etwas immer noch gibt und dass da noch nichts unternommen worden ist?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Jetzt müssen Sie sich dann schon einmal entscheiden. Wenn wir Ihnen erzählen, wir machen „Mama lernt Deutsch" und wir machen „Start Wien" und das wird so gut besucht und das ist so toll, dann höre ich: Und was macht ihr mit den Leuten, die schon seit 20 Jahren hier leben? (GR Mag Wolfgang Jung: Nein, das war nicht die Frage!)

 

Und wenn wir dann die Leute, die seit 20 Jahren hier leben, auch in Maßnahmen bekommen und entsprechend in Deutsch qualifizieren, dann fragt ihr uns, wie kann das sein, dass die seit 20 Jahren hier leben und bisher noch nichts gemacht haben?

 

Frau GRin Schütz! Jede Person, die in dieser Stadt lebt und Zuwanderungsgeschichte mitgebracht hat und in eine Maßnahme der Stadt geht, ist ein Erfolg des Wiener Integrationskonzeptes. (GR Mag Wolfgang Jung: Ein Erfolg?! – Warum will der Häupl dann die Kriminellen mit Erfolg abschieben?)

 

Wenn wir immer wieder über Deutsch reden, dann suggerieren wir hier ja etwas. Wir alle miteinander sind uns ja darüber einig, dass Deutsch der Schlüssel zur Integration ist. Dass wir das überhaupt jedes Mal wieder aufs Neue hier diskutieren müssen, ist eigentlich fad, denn von dieser Seite über den ganzen Saal hinweg bis hierher haben wir diese Meinung und Position. Wenn wir es aber dann doch immer wieder diskutieren, dann impliziert das ja eigentlich, dass wir zwar dieser Meinung sind, aber wir unterstellen automatisch den Zuwanderinnen und Zuwanderern, sie wollen es nicht. Und diese Unterstellung ist eigentlich das Fatale. Und die unterscheidet schon einmal immanent Ihre Positionen zur Integration von jenen Positionen, die zum Beispiel die SPÖ einnimmt.

 

Uns geht es nämlich darum, dass wir eine Chancengleichheit schaffen, eine Chancengleichheit im Zugang zum Erlernen der Sprache, aber auch eine Chancengleichheit im Zugang zum Arbeitsmarkt, denn wir brauchen die Chancengleichheit zum sozialen Aufstieg. Und wenn da jetzt jemand schon 15 Jahre hier gelebt hat und wir ihn vielleicht noch nicht mit einem Programm erreicht haben, aber jetzt kommt diese Frau auf einmal in meinen Alphabetisierungskurs und fängt

 

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