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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 115

 

Legaler Schwangerschaftsabbruch wurde vor 100 Jahren gefordert. Sehr wichtig! Viele glauben, das ist längst erfüllt, doch wenn ich da in den Debatten höre, was wir nicht alles noch brauchen an Beratung – blablabla -, dann ist auch daran zu erinnern: Schwangerschaftsabbruch ist leider immer noch im Strafrecht und gehört dort raus! Schwangerschaftsabbruch hat in einem modernen Österreich im Strafrecht nichts verloren! Auch diese Forderung der Frauenbewegung von vor 100 Jahren ist also bei Weitem nicht erfüllt.

 

Arbeitszeitverkürzung – eine sehr interessante Forderung, damals natürlich in einem komplett anderen historischen Kontext. Sie ist aber hochaktuell - oder sollte hochaktuell sein, muss man eigentlich sagen, wenn man sich die Debatte auf Bundesebene anschaut, die der europaweiten Debatte sogar entgegenläuft. Denn europaweit gibt es immer mehr - sogar konservative – Ökonomen und Ökonominnen, die sagen, eine vernünftige Arbeitsumverteilung und Arbeitsvolumenverteilung können wir nur mehr mit einer gesetzlichen Arbeitszeitverkürzung erreichen, und nicht mit irgendwelchen unfreiwilligen realen Maßnahmen, wie: Schicken wir die Frauen in die Teilzeit, in die geringfügige Beschäftigung, und dann haben wir unsere Arbeitsumverteilung. - So kann es nicht gehen.

 

Also noch einmal: 100 Jahre Frauenbewegung haben viel gebracht, haben einiges gebracht, aber das haben wir nicht Ihnen von ÖVP und FPÖ und Ihren Kollegen und Kolleginnen zu verdanken, sondern das haben wir unseren Vorkämpferinnen und aktuellen Kämpferinnen vor allem von der Sozialdemokratie - ich sage bewusst das Wort Sozialdemokratie - und von den GRÜNEN zu verdanken, dass es in diesem konservativen Österreich überhaupt Fortschritte frauenpolitischer Natur gegeben hat und weiter gibt. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Wir begehen aber nicht nur 100 Jahre Frauentag, wir haben auch 15 Jahre Frauenvolksbegehren. Das ist heute noch nicht erwähnt worden. Das Frauenvolksbegehren war 1996 eigentlich ein sehr erfolgreiches Volksbegehren, wenn man es mit anderen Volksbegehren in Österreich vergleicht, es hat sehr viele Hunderttausend Unterschriften erhalten. 15 Jahre ist das her – und was ist mit den Forderungen der Frauenbewegung, die das damals initiiert hat? Wir erinnern uns: Das UFF – das Unabhängige Frauenforum - wurde damals gegründet, es haben sich viele Vertreterinnen auch im Österreichischen Frauenring und bei der Organisation der 20 000-Frauen-Plattform beteiligt. Es war wirklich ein breites Frauenbündnis. Was waren damals die Forderungen, die leider - und das muss ich an die Adressen aller damaligen Regierungsfraktionen richten - weitgehend in der Schublade verschwunden sind? - Ich möchte es Ihnen kurz in Erinnerung rufen.

 

Das war zum Beispiel: Förderung und öffentliche Aufträge nur, wenn sie an Frauenquoten und Frauenförderung gekoppelt sind. - Wir in Wien bemühen uns, das zumindest in Teilbereichen umzusetzen. Da ist ein bisschen etwas passiert. Aber natürlich kann Wien nicht alle Versäumnisse der Bundesregierung auffangen – ich habe das schon bei der Arbeitsmarktpolitik gesagt, und das gilt natürlich auch für die Frauenpolitik –, das gehört natürlich an die Adresse des Bundes gerichtet.

 

Ein Mindesteinkommen von 15 000 Schilling brutto. – Nun, da sind wir sehr, sehr weit davon entfernt. Wir brauchen, meine Damen und Herren, wenn sich die ökonomische Situation der Frauen in Österreich und in Wien ändern soll, einen gesetzlichen Mindestlohn, der über die derzeitige Regelung von Kollektivverträgen in manchen Branchen - in fast allen Branchen, aber eben nicht in allen Branchen – hinausgeht. Wir haben in Österreich immer noch Branchen, wo vor allem auch Frauen arbeiten – zum Beispiel Fußpflegerinnen oder Kosmetikerinnen -, die keinen Kollektivvertrag haben und in denen die Arbeitnehmerinnen der völligen Ausbeutung ausgesetzt sind. Das kann es ja wohl nicht sein! - Daher Appell an die Bundesebene: Mindesteinkommen, gesetzlicher Mindestlohn jetzt!

 

Ich werde nicht alle elf Forderungen des Frauenvolksbegehrens hier zur Diskussion bringen, sondern nur noch einige nennen.

 

Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung sind arbeits- und sozialrechtlich voll der normalen Erwerbstätigkeit, der Vollzeiterwerbstätigkeit gleichzustellen. - Davon sind wir weit entfernt, obwohl es Fortschritte und Bemühungen gegeben hat, Teilzeitarbeit, ich nenne es einmal, qualitativ aufzuwerten. Das ist auch anzuerkennen, obwohl wir GRÜNEN prinzipiell der Teilzeitarbeit und vor allem dem rasanten Anstieg von Teilzeitarbeit und Teilzeitquote sehr skeptisch gegenüberstehen, weil eben Teilzeitarbeit in den meisten Fällen - und das sehen wir an der Statistik - nicht existenzsichernd und eher eine Falle für Frauen ist als eine langfristige, nachhaltige, vollwertige Arbeitsmarktintegration. Aber ich anerkenne den Standpunkt, der heute schon zum Ausdruck gebracht worden ist, dass Teilzeitarbeit wahrscheinlich besser ist als gar keine Arbeit - oder nicht nur wahrscheinlich, sondern: Ja, das ist so! Aber wir müssen dafür sorgen, dass wir sie qualitativ aufwerten und sicherstellen, dass es nur eine vorübergehende Form der Beschäftigung ist und dass alle Frauen, die von der Teilzeitarbeit in die Vollzeitarbeit wechseln wollen – und das sind viele, und die haben derzeit, bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage, keine Chance -, das auch können.

 

Der WAFF tut übrigens da einiges dazu. Der hat ein Projekt, das heißt FRECH - und ein anderes heißt NOVA -, das sich vor allem an beschäftigte Frauen wendet. Denn das tut ja der Bund nicht. Der Bund mit seiner Arbeitsmarktpolitik - das hat mich heute in der Früh so sehr geärgert -, mit dem AMS, also die Bundesverwaltung, kümmert sich ja überhaupt nicht um die Arbeitsuchenden an sich, also um die Menschen, die Arbeit suchen und Arbeit wollen, sondern um als arbeitslos gemeldete Personen. Das heißt, jene Frauen, die Teilzeit beschäftigt oder unterbeschäftigt sind und eben mehr arbeiten wollen, eine andere Arbeit suchen, als sie jetzt haben, die werden vom Bund überhaupt nicht betreut. Es ist Wien, das in der kommunalen Arbeitsmarktpolitik versucht, diese Lücke zu schließen. Da würden wir uns natürlich mehr wünschen, auch im WAFF, wie ihr wisst. Wir haben immer den Antrag auf eine Verdoppelung des

 

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