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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 115

 

braucht es Forderungen mit Augenmaß, wo man abwägen muss. Man kann nicht immer mit dem Kopf durch die Wand, und oft kollidiert es mit anderen Grundsätzen, etwa wenn es auch um Privatautonomie geht, die oft in den politischen Diskussionen von manchen geschmäht wird, aber zu der wir uns bekennen, die in vielen Fällen auch notwendig ist.

 

Oft braucht es aber, meine Damen und Herren, gesetzliche Initiativen, auch öffentlichen Druck, um notwendige Veränderungen und auch Bewusstseinsänderungen in den Köpfen herbeizuführen, damit man einfach auch Schritte beschleunigen kann, die notwendig sind. Ein Thema, das auch heute bereits mehrfach angesprochen wurde und zu dem es offensichtlich mehrere Anträge geben wird, ist die Frage der Frauenquoten in Aufsichtsräten beziehungsweise generell die Repräsentanz von Frauen in Management- und Aufsichtsratsfunktionen.

 

Hier sage ich eingangs ein paar grundsätzliche Dinge ganz klar, meine Damen und Herren: Es geht hier ganz klar um Business! Es ist eine Frage des wirtschaftlichen Erfolgs, wenn man sich als Unternehmen zu Diversität bekennt, und wir wissen aus internationalen Studien, dass es schlichtweg ökonomischer Erfolg ist, der ein höherer ist, wenn zumindest 30 Prozent an Frauen - das ist die kritische Masse - in Vorstands- beziehungsweise Managementfunktionen und Aufsichtsratsfunktionen sind.

 

Das heißt, es ist keine Frage von sozialer Verantwortung. Es ist schlichtweg eine Frage von Business, und kein Unternehmen kann glauben, erfolgreich zu sein, wenn es nachhaltig und konsequent auf 50 Prozent der Talente verzichtet. Genau darum geht es nämlich: Es geht um Business. Das ist etwas, was für Unternehmen relevant ist, der wirtschaftliche Erfolg, und der ist es, der am Ende ein besserer ist, wenn die Diversität der Geschlechter entsprechend repräsentiert und vertreten ist. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aber, meine Damen und Herren, wir haben hier sehr wohl mit Augenmaß zu agieren und uns auch zu überlegen: Welche Schritte setzen wir wo, und wo können wir damit auch erfolgreich sein? Ich bekenne mich dazu, dass wir bei privaten Unternehmen mit Freiwilligkeit arbeiten. Aber ich glaube, dass wir schon auch dort den Druck erhöhen müssen, etwa im Rahmen von echter Selbstverpflichtung.

 

Ich bin stolz darauf - und das war ein mühevoller Schritt, deswegen weiß ich es aus eigener Erfahrung, das habe ich als Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium über Jahre auch zu forcieren versucht -, dass es hier gelungen ist, in schwierigen Gesprächen im Corporate-Governance-Kodex die Frage der Geschlechterrepräsentanz mit hineinzubringen. Ich bedauere es - das sage ich auch immer öffentlich, und ich sage es auch den Betroffenen selber, die hier zuständig sind -, dass es nur eine Empfehlung im Corporate-Governance-Kodex und keine echte Selbstverpflichtung geworden ist.

 

Aber ich denke - und das ist auch meine Erfahrung, die ich hier gemacht habe -, gerade dieser Bereich ist auch eine Politik der kleinen Schritte, und wenn es nicht gelingt, einen großen Schritt dort zu machen, wo es Entwicklungen braucht, dann müssen mehrere Schritte gesetzt werden. Wir haben hier den Fuß in der Tür, und das ist, glaube ich, etwas ganz Wesentliches. Aber, meine Damen und Herren, der Einschnitt in die Privatautonomie in Form einer gesetzlichen Quote ist natürlich schon ein sehr wesentlicher Schritt und ist etwas, wo ich glaube, dass es falsch ist, wenn wir von null auf hundert eine gesetzliche Quote für alle Unternehmen in Österreich machen.

 

Das ist auch der Grund, meine Damen und Herren von den GRÜNEN und der SPÖ, warum wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Denn der Antrag, den Sie gestellt haben beziehungsweise stellen werden, auf 40-Prozent-Quote in Vorständen und Aufsichtsräten aller Unternehmen in Österreich, das ist das wünschenswerte Ziel, da sind wir uns einig. Der Weg ist aber einer, den wir so nicht gemeinsam haben, denn ich glaube, dass man dort, wo man selber Verantwortung hat, zuerst Vorbild sein muss - hier gibt es auch vieles zu tun -, und dann kann man die Privatwirtschaft ins Boot holen. (Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Steht in unserem Antrag!) Es kann nicht sein, dass wir immer nur die anderen auffordern, etwas zu tun, und hier dann etwas für sich selber nicht so in Anspruch zu nehmen. Natürlich geht der Antrag breit, aber dieser Eingriff in die Privatautonomie geht uns zum jetzigen Zeitpunkt viel zu weit. Deswegen werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

 

Aber ich bin schon der Meinung, meine Damen und Herren, dass man dort, wo man selber zuständig ist, bei öffentlichen, kommunalen, staatlichen Unternehmen eine andere Verantwortung und auch andere Möglichkeiten der Instrumente und Gestaltungsspielraum hat. Hier geht es um Vorbildwirkung, die man entsprechend nutzen kann. Die Bundesebene bewegt sich hier, hier tut sich etwas, wo einfach der zuständige Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sich klar dazu bekennt, hier auch Initiativen setzen zu wollen, dass es eine höhere Repräsentanz von Frauen in den Aufsichtsräten von öffentlichen/staatsnahen Unternehmen gibt, wiewohl ich mir auch wünschen würde, dass wir hier ein wenig - das sage ich hier auch ganz offen - ambitionierter sind. Aber es ist ein erster Schritt, und das habe ich auch ganz klar gesagt.

 

Meine Frage ist auch - und wir sind hier in Wien -: Was können wir konkret in Wien tun, damit sich etwas verändert, meine Damen und Herren? Was kann Wien tun, wenn es um kommunale Spitzenunternehmen geht? Nicht immer nur auf die Privaten oder den Bund zeigen! Das ist nämlich das, was Sie hier mit Ihren Anträgen ausschließlich tun. Es sind alle Anträge, die Sie heute einbringen, Anträge in dem Bereich, wo Sie selber nicht zuständig sind, wo ausschließlich der Bund zuständig ist.

 

Aber ich glaube, dass es sehr klar - und Frau StRin Frauenberger hat das auch angesprochen - hier auch ein sehr großes Bestreben gibt, in der Stadt Wien, dort, wo man selber zuständig ist, besser zu werden. Wir haben, wenn wir uns die Aufsichtsräte der im Eigentum der Stadt Wien oder im Naheverhältnis der Stadt Wien stehenden Unternehmungen ansehen, ein alles andere als

 

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