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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 82 von 121

 

heiklen Bereich anspricht: "Es geht eben nicht darum, dass man ausschließlich heimische Marmelade ins Glas hineinbekommt. Es müsste aber für die nun ein Jahr lang pausierende Schauspieldirektorin Marie Zimmermann möglich sein, über Planungsstadien hinaus zu gelangen und für ein Festival, das schwer an Argumentationslasten trägt, ein paar heimische Irrlichter zu entzünden."

 

Was steckt hinter der berechtigten Kritik? Sehr geehrte Damen und Herren, die heimischen Künstlerinnen und Künstler kommen in diesem Festival de facto nicht vor. Sie kommen dort nur in einem ganz geringen Ausmaß vor.

 

Ich glaube, ich bin der Letzte, der irgendwie im Verdacht stehen könnte, nicht jemand zu sein, der sehr für internationale Produktion, für Europa, für Öffnung und so weiter steht. Aber es kann nicht so sein, dass mit einem derartigen Aufwand österreichische Künstlerinnen und Künstler dort nicht vorkommen. Jetzt kann man sagen, die sind alle so schlecht und die passen da nicht hinein, aber dann machen wir insgesamt etwas falsch. Ich habe zum Beispiel den Ansatz von Luc Bondy sehr gut gefunden, als er den Regiewettbewerb gemacht hat und wo als wichtigster Preis des Regiewettbewerbs dann die Möglichkeit war, im darauffolgenden Jahr eine Produktion zu machen. Aber das war auch nicht von sehr langer Dauer. Ich möchte übrigens dazu sagen, bei den Gewinnern und selbst in der Endrunde des Regiewettbewerbs waren meines Wissens nach keine Österreicher dabei. Irgendetwas stimmt da nicht ganz.

 

Ich glaube sehr wohl, dass es die Aufgabe der Festwochen ist, auch eine Plattform für Topproduktionen der heimischen Szene zu sein, weil, und das ist das Reizvollste, wir auch an den Nachwuchs herankommen müssen. Wir müssen den Leuten eine Chance geben. Es gibt nicht so viele Möglichkeiten. Die Häuser sind besetzt, wie wir wissen, die großen sowieso. Bei den Mittelbühnen versuchen wir jetzt unter irrsinnigen Schwierigkeiten, ein bisschen eine Dynamik mit der Theaterreform hineinzubringen. Es kann nicht so sein, dass bei Wiener Festwochen de facto fast keine Wiener Künstlerinnen und Künstler oder zumindest österreichische Künstlerinnen und Künstler eine Chance haben.

 

Ich habe noch die Theaterreform angesprochen, der wir positiv gegenüberstehen und die wir auch weiterhin unterstützen. Ich muss sagen, ich glaube, dass die Jury, die man hier gefunden hat, eine sehr gute ist, die unser Vertrauen verdient und die sich eine irrsinnige Belastung auferlegt hat, die schwer zu meistern sein wird. Aber ich glaube, sie macht eine hervorragende Arbeit. Umso wichtiger ist, deshalb habe ich einen relativ lauten Aufschrei losgelassen, dass man dort den Anfängen wehrt. Die, die im Kulturbereich sind, wissen, wovon ich rede, vom Wiener Lustspielhaus, eine Produktion von Adi Hirschal, die vorbei an den regulären und ausgemachten Förderungslinien passiert ist. Jetzt sagt der Herr Stadtrat, das ist alles nicht so, das sei eine ganz andere Spielwiese, weil das aus den Bezirksfestwochen kommt. Aus dem Budget von den Bezirksfestwochen, wo das dotiert ist, das sind 545 000 EUR, gehen alleine 363 000 EUR an diese eine Produktion. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Woher haben Sie diese Zahl?) – Das haben Sie auf der Pressekonferenz gesagt, wo Sie es sogar vorgestellt haben. Aber Sie haben ohnehin die Möglichkeit, das hier offen für das Protokoll zu sagen.

 

Was ist diese Produktion? Ich möchte sie inhaltlich nicht werten. Das steht mir nicht zu. Ich kann Ihnen nur sagen a) es ist Theater und b) es ist Theater, das nicht an einem fixen Standort stattfindet. Mindestens zehn mir bekannte Einreichungen haben ein ähnliches Konzept bei der Jury eingereicht. Es geht um relativ viel Geld. Es geht darum, dass das nicht einmalig, sondern mehrmalig stattfinden soll. Das heißt, alle klassischen Kriterien sind erfüllt, dass das eine Einreichung für die Jury war.

 

Wir alle wissen, was da im Hintergrund abgelaufen ist. Das war ein politischer Wunsch. Da sage ich dazu, wenn dem schon so ist, dann soll man das wenigstens deklarieren und in einem Gespräch und einem Konsens im Kulturausschuss darüber reden, aber nicht einfach der Öffentlichkeit präsentieren. Es ist ja kein Zufall, dass alle drei Oppositionsparteien im Kulturausschuss dagegen gestimmt haben. Das Ganze sozusagen vorbei an der Opposition zu machen, macht ein schlechtes Klima. Ich sage das deshalb und habe es auch in der Öffentlichkeit in aller Klarheit gesagt, weil man den Anfängen wehren muss. Ich verspreche Ihnen, Herr Stadtrat, wenn das zwei-, dreimal stattfindet, haben Sie die ersten Rücktritte in Ihrer Jury und ich würde das auch verstehen.

 

Wir haben uns darauf verständigt, dass die Jury die entsprechende Auswahl trifft. Der Stadtrat hat die letzte Verantwortung, das steht völlig außer Diskussion. Der Stadtrat muss auch da und dort das Recht haben, trotzdem eigene Entscheidungen zu treffen. Aber Spielregeln sind ausgemacht und daran sollte man sich halten. Herr Stadtrat, das ist in Wirklichkeit das einzige Projekt, das mir einfällt, wo wirklich strukturell in der Stadt etwas verändert wird. Bitte machen Sie sich doch diesen Erfolg, zu dem Ihnen auch die Oppositionsparteien mitgeholfen haben, nicht selbst kaputt, indem Sie gegen Ihre eigenen Spielregeln verstoßen! (Beifall bei ÖVP und GRin Mag Marie Ringler.)

 

Ich möchte zum Resümee sagen, ich glaube, im Prinzip gibt es hier eine Kulturpolitik, die sich sehr als Zentralverwaltung des Bestehenden versteht, die wenig Akzente und wenig strukturelle Veränderungen macht. Wo man sehr gut ist, ist im Laufen, Gackern und Ankündigen. Wo man weniger gut ist, ist im Legen der zumindest silbernen Eier. Von goldenen Eiern will ich gar nicht sprechen.

 

Ein Abschluss noch zu Marie Ringler, weil sie ein Thema angesprochen hat. Ist das, was der Herr Stadtrat macht, konservative und bürgerliche Kulturpolitik oder ist es linke, fortschrittliche, aufgeklärte Kulturpolitik? Sehr geehrte Damen und Herren, da tun wir uns als Österreichische Volkspartei sehr leicht, weil für uns gibt es keine linke oder rechte Kulturpolitik, sondern für uns gibt es nur eine gute und eine schlechte Kulturpolitik. Die Wiener Volkspartei hat mit Peter Marboe vier Jahre lang bewiesen, was gute Kulturpolitik ist. Es liegt an Ihnen, das

 

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