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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 30.01.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 64

 

suchte, ging plötzlich ganz einfach. Der riesige Monopolmoloch war nur in Ausnahmefällen zu knacken." Das sollten wir uns einmal generell vornehmen, auch was den Bereich Wiener Linien betrifft, wenn wir uns anschauen, warum und weshalb gewisse Dinge nicht passieren. Es wäre gescheit, wenn wir auch in diesem Punkt einfach ein bisschen mehr Offenheit haben und nicht mehr daran denken, was für ein einzelnes Unternehmen allein gut ist, sondern auch daran denken, was für die Kunden gut ist, was für die Wienerinnen und Wiener gut ist, was für die Pendlerinnen und Pendler gut ist. Auch daran sollte man denken, meine lieben Damen und Herren von der Regierungsfraktion! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren, noch zwei Beispiele aus dem europäischen Weißbuch zur Verkehrspolitik bis 2010 sollen illustrieren, dass Liberalisierung im öffentlichen Personennahverkehr nicht automatisch schädlich sein muss, sondern auch einen Zusatznutzen haben kann:

 

Das bedeutende deutsche Chemieunternehmen BASF ist im Begriff, der erste große Schienengüterverkehrsbetreiber neben den traditionellen Eisenbahnunternehmen zu werden. Stellen Sie sich das vor, ein Chemieunternehmen wird wahrscheinlich einer der größten Schienengüterverkehrsbetreiber! Gemeinsam mit anderen Unternehmen gründet es ein Gemeinschaftsunternehmen und betreibt selbst Bahn, betreibt selbst Schienenverkehr.

 

Die schwedische IKEA-Gruppe hat eine Gesellschaft für die Beförderung ihrer Güter gegründet. Derzeit hat der Schienenverkehr einen Anteil von 18 Prozent an der gesamten Güterbeförderung. Die IKEA-Geschäftsleitung will diesen Anteil bis 2006 auf 40 Prozent steigern. Das entspricht rund 500 Zügen pro Woche. In diesem Zusammenhang plant IKEA eine an die Eisenbahnunternehmen gerichtete Ausschreibung für die kostengünstigste und mit den besten Sicherheiten erforderliche Durchführung der Beförderung zwischen ihren einzelnen Filialen. In absehbarer Zeit könnte IKEA, der auf diese Weise die Öffnung des europäischen Markts zugute kommt, eine bedeutende Eisenbahngesellschaft werden.

 

Das sind nur zwei Beispiele, meine Damen und Herren, wo sich Liberalisierung rechnet, wo Sie auch eine Chance haben, zusätzlich dem Kundennutzen entgegenzukommen und wo sie damit auch eine Chance haben, den Modal split zu verbessern und Kyoto-Ziele zu erreichen. Das sollten Sie sich, meine Damen und Herren, in Ihren Betrachtungen auch vornehmen und nicht nur versuchen, es einseitig zu sehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Damit komme ich zuletzt zu einem Antrag, den die sozialdemokratische Fraktion danach stellt, nämlich betreffend den Bahnhof Penzing die Bahnsteighöhe entsprechend zu verbessern. Keine Frage, wie schon im internen Gespräch gesagt, auch unsere Unterstützung. Wenn wir von diesem Antrag früher Kenntnis erlangt hätten, dann hätten wir gerne diesen Antrag mitgetragen. Wir stimmen dem selbstverständlich zu. Es ist auch das Ziel der ÖBB, alle Bahnsteige den europäischen Normen anzupassen und damit behindertengerechter zu vollziehen. Diesem Ziel schließen wir uns selbstverständlich an.

 

In diesem Sinne darf ich auch gleich zu einem Antrag der GRÜNEN betreffend Nahverkehrsförderung durch den Bund kommen. Es ist für uns selbstverständlich, dass wir uns diesem Wunsch anschließen, dass auch in Zukunft die Nahverkehrsförderung auf Bundesebene im selben Ausmaß beibehalten wird wie bisher. Das ist ein Punkt, auf den sich alle Parteien auch schon in der Vergangenheit geeinigt haben. Diesen Punkt sollte man zweifellos beibehalten, dass der Bund den Bundesländern insgesamt nicht weniger als in der Vergangenheit gibt. Das ist ein Punkt, den wir selbstverständlich sehr unterstützen werden.

 

In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, würde ich sehr darum bitten, in Zukunft Verkehrspolitik nicht nur über Finanzpolitik zu machen, sondern der Verkehrspolitik einen eigenen Stellenwert zu geben und die Finanzpolitik nicht allein für die Verkehrspolitik verantwortlich zu machen. Nehmen Sie das zum Anlass für die Zukunft. Ich denke an zwei Schienensysteme, die ich jetzt nicht mehr weiter erörtern werde. Aber nehmen Sie das zum Anlass, in Zukunft daran zu denken, sich auch einmal das Karlsruher Modell und das Züricher Modell anzuschauen, damit zu mehr Verbundenheit, zu mehr Effizienz und zu mehr Pendlern auf öffentlichen Verkehrsmitteln zu kommen und gleichzeitig den Individualverkehr zur Lebensqualität der Wienerinnen und Wiener, zu unser aller Lebensqualität zu reduzieren. In diesem Sinne bedanke ich mich. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr Dr Madejski gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Dr Herbert Madejski (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Herr Berichterstatter! Herr Stadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich möchte mich nicht zu viel mit den Einwänden der Grünen und der Österreichischen Volkspartei gegen diesen Vertrag aufhalten. Ich stehe auch sicherlich nicht im Verdacht, besonders sozialdemokratiefreundlich zu sein oder Ihnen ins Wort zu reden. Worum geht es heute?

 

Der Kollege Gerstl hat diesen Akt verwendet, um wieder einmal die verkehrspolitischen Vorstellungen der ÖVP darzulegen. Es wäre mir ein Leichtes, dies in der nächsten dreiviertel Stunde ebenfalls zu tun. Das werde ich aber nicht tun, weil ich mich wirklich auf diesen Nahverkehrsbereich, auf die Schnellbahn und auf den Vertrag insgesamt konzentrieren möchte. Vorab möchte ich sagen, dass wir diesem Vertrag zustimmen werden. Ich werde auch begründen, warum wir diesem Vertrag zustimmen werden.

 

Im Masterplan, den wir mehrheitlich im Gemeinderat beschlossen haben, steht, dass wir beim Modal split, dem Verhältnis zwischen öffentlichem und Individualverkehr, in den nächsten Jahren den Anteil des öffentlichen Verkehrs von 35 auf 45 Prozent erhöhen möchten. Ich

 

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