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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 30.01.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 64

 

angeschnitten habe und noch erweitern möchte. Ein Punkt, der in den letzten Tagen sehr aktuell geworden ist, ist die Verlängerung der U6 auf die Badner Bahn beziehungsweise die Badner Bahn auf die U6.

 

Ein kurzer Rückblick in die Geschichte für all diejenigen, die sich nicht so genau damit auseinander gesetzt haben. Ganz wichtig sei einmal auseinander zu halten, was hier geschehen ist. Zu Beginn 2001, vor drei Jahren, haben die Vertreter der Gemeinde Wien gesagt, sie verlängern keine U-Bahn. Dann gab es sehr intensive Verhandlungen auf Experten- und Beamtenebenen, wo man das Problem nicht nur politisch, sondern auch ernsthaft an der Wurzel betrachtet hat, für wen diese Verlängerung der U6 oder der Badner Bahn wichtig ist. Dabei sind gute Vorschläge herausgekommen. Es hat dann bis Anfang 2002 gedauert, als die ersten Regierungsmitglieder der SPÖ gesagt haben, sie prüfen das ganz genau, schauen sich das an und sie können sich eine U6-Verlängerung beziehungsweise die Badner Bahn auf die U6 vorstellen. Dann kam es im November 2002 zu einem konkreten Probebetrieb auf der U6. Dieser Probebetrieb funktionierte – für viele wahrscheinlich überraschend – vollkommen klaglos. Das nahmen nun die Experten an und sagten, sie haben einen klaglosen Betrieb in einem Probebetrieb hergestellt, müssten das weiterverfolgen, so zusammenbringen, dass man das regelmäßig professionell abwickeln kann, wirklich eine Verlängerung der U-Bahn ins Umland zu Stande bringt und das in alle politischen Verhandlungen einbringt. Wir haben das sehr begrüßt, weil es ein alter Wunsch von uns ist, U-Bahnverlängerungen auch dort hinzuführen, wo es wirklich sinnvoll ist und sie nicht mehr an der Stadtgrenze enden zu lassen. Es floss dieser Gedanke auch in den Masterplan für Verkehr ein. Es ist eine eindeutige Position im Masterplan für Verkehr, wo festgehalten worden ist, dass die U6 verlängert werden soll beziehungsweise die Badner Bahn auf die U6 kommen soll. Das Ganze haben wir, glaube ich, am 4. November des Vorjahrs beschlossen und es wurde eindeutig festgehalten, ich glaube, auch von allen Fraktionen begrüßt.

 

Doch jetzt, wenige Monate später, gibt es eine Simulation der Wiener Linien, die auf Beamtenebene vorgetragen wird, aus der sich ergibt, es geht doch nicht, wir können doch keine U6-Verlängerung machen, es gibt doch Probleme. Meine Damen und Herren, heißt das, dass wir all das, was wir im Masterplan irgendwann einmal beschlossen haben, schon wieder vergessen können? Jetzt ist der Masterplan drei Monate alt und heute beginnen Sie schon wieder von den Fakten, die Sie damals festgeschrieben haben, abzugehen und zu sagen, es wird wieder weniger? Wofür haben Sie diese Arbeit gemacht? War das nur eine reine Beschäftigungspolitik für manche Beamten und manche Experten? Das kann es doch nicht sein! Sie müssen Verkehrspolitik ernster nehmen! Sie müssen sich wirklich darum kümmern, Verkehrspolitik voranzutreiben, sie nicht nur stiefmütterlich zu behandeln und sie dafür herzunehmen, um nette Diskussionen zu machen, aber schon drei Monate später die ersten Zielsetzungen wieder abgehen zu lassen! Das darf es nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich gebe Ihnen noch eine Chance. Sie haben es noch nicht öffentlich gemacht, dass Sie es wirklich einstellen. Ich bitte Sie inständig, verfolgen Sie diese Linie, gehen Sie ihr nach! Ich bitte auch den Herrn VBgm Rieder, und auch den StR Schicker, dass Sie beide die Ziele, die Sie einmal vereinbart haben, auch wirklich vollziehen, und dass Sie sich nicht von einzelnen Bediensteten, die vielleicht bestimmte Dinge vortragen, die gar nicht so sind, ins Bockshorn jagen lassen. Aber vielleicht gibt es irgendwelche anderen Gründe, die dagegensprechen. Vielleicht gibt es manche SP-Gewerkschaftsbewegung, die sagt, da könnte sie in einen Konflikt kommen, da könnte ein Wettbewerb zu Stande kommen, den sie nicht will, weil sie ihren geschützten Bereich weiterhin haben will. Der geschützte Bereich ist der Holzweg und auf Holzwegen lässt sich nicht weiterarbeiten.

 

Wie klar manche Vertreter auch sagen können, dass das Beibehalten aller alten Strukturen nicht das Richtige ist, möchte ich nun von einem grünen Verkehrsexperten, nämlich Michael Kramer, dem bundesdeutschen Verkehrsexperten der Grünen, nunmehr Kandidat für das Europaparlament, zitieren. Er hat bei einem Treffen der Grünen, bei den so genannten "Greening European Cities" in Wien, vor kurzem Folgendes zur Reform des öffentlichen Verkehrs gesagt: "Der wichtigste Punkt bei der Bahnreform in Deutschland" – er ist ein deutscher Mandatar, aber Sie können es auch auf Österreich umlegen, also wir könnten jetzt sagen, ich lege das auf Österreich oder Wien um – "ist die schrittweise und langfristig angelegte Aufhebung des Monopols des jeweiligen Verkehrsträgers zu Gunsten eines kontrollierten Qualitäts- und Leistungswettbewerbs im Interesse der Fahrgäste." (GR Dipl Ing Martin Margulies: Das sehen wir aber anders!)

 

Ich sage Ihnen nur, was Ihr Kollege der Grünen aus Deutschland dazu sagt. Sie können ja darüber nachdenken. Sie können sich auch eine andere Meinung machen. Aber es ist schon interessant, dass einer aus Ihrer Fraktion es so sagt. Viele Strecken, welche die deutsche Bahn damals wegen Unwirtschaftlichkeit stillgelegt hatte, wurden nun im Wettbewerb ausgeschrieben und bringen seitdem nicht nur positive Ergebnisse und beleben ganze Regionen, sondern auch die Fahrgäste sind zufrieden. Was kann man sich mehr wünschen? Es gibt neue Strecken dazu, es gibt neue Betreiber und die Kunden sind auch noch zufrieden. Aber Sie sagen, das interessiert Sie nicht, das wollen Sie nicht, Sie sind anderer Meinung.

 

Dann sind Sie auch dagegen, dass mehr Kunden auf öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Das ist auch nicht unsere Meinung. Hier schließen wir uns auch diesem Herrn Kramer an. "Allein schon der Druck des Wettbewerbs" – sagt er – "hat vielfach schon bewirkt, dass sich die ehemalige Behördenbahn bewegt hat. Was früher oft unmöglich war, auch wenn die Politik zu intervenieren

 

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