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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 120

 

Sie - was ja bereits nachvollziehbar ist - in den Generalsanierungs-Überlegungen für die Pflichtschulen ganz einfach dort aufhören, wo sie derzeit stehen. Es wurden 1998  34 Standorte beschlossen, mit einer Summe von 1,4 Milliarden ATS. Diese Summe ist mittlerweile sicher verbraucht, weil die Schätzungen teilweise horribel falsch waren, nämlich die Kosten oft das Doppelte der Schätzungen ausgemacht haben und das Geld jetzt sozusagen gar nicht mehr vorhanden ist. Wir müssen aus jetziger Sicht, soweit ich das überprüfen konnte, damit rechnen, dass acht Standorte, die bereits eingereicht sind, nicht mehr realisiert werden können. Es ist das auch aus dem Budgetansatz aus meiner Sicht so ablesbar. (GR Günter Kenesei: Weil die Zeit so schnell vergangen ist!)

 

Was die Frage der Pflichtschullehrer-Situation in Wien betrifft, die von meiner Vorrednerin schon angesprochen wurde, kann ich nur das sagen, was Herr StR Rieder als zuständiger Finanzstadtrat in der Generaldebatte gesagt hat: Verträge sind dazu da, dass sie eingehalten werden müssen. Er bekennt sich dazu, das heißt, es ist sozusagen für Wien nichts Neues gewesen, wie die Verhältniszahlen sind.

 

Eines wundert mich ein bisschen, aber vielleicht ist da noch einiges unterwegs. Wir sind immer der Auffassung gewesen - und haben uns darum bemüht -, dass für Wien mindestens 300 Lehrer mehr notwendig sind, aber nicht, weil die Maßzahlen vielleicht österreichweit nicht stimmen, sondern weil diese Maßzahlen ganz einfach für Wien nicht stimmen. Wien ist im Verbund mit den anderen acht Bundesländer nun einmal eine Stadt und ein Bundesland zugleich und hat daher ganz andere Problemstellungen. Das wurde offenbar bei den damaligen Finanzausgleichsgesetzverhandlungen vergessen oder übersehen, wie auch immer. Aber jetzt offenbar darauf zu warten, dass hier von selbst etwas passiert, halte ich für den falschen Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir bleiben dabei: Wien braucht 300 Lehrer mehr, als die Verrechnungsschlüsselzahlen ergeben, weil wir ganz einfach Probleme mit dem Begriff Zuzug, also Ausländerintegration haben, weil wir Mehrbedarf aufgrund des dichten Schulangebots im Bereich der Behindertenintegration haben, weil wir Mehrbedarf im Zusammenhang mit Heilstättenschulen haben und weil wir einen Mehrbedarf haben, da es in keinem anderen Bundesland so viele unterschiedliche Religionen gibt, die aufgrund der gesetzlichen Vorhaben ebenfalls mit Lehrern abzudecken sind. In diesen Dingen finden Sie in uns zweifelsohne Mitkämpfer dafür, dass für Wien etwas getan werden muss. Aber ohne Verhandeln, ohne Gespräche wird es von selbst nicht passieren, und das gilt auch für diese Stadt. Ich gehe deshalb davon aus, dass auch Wien selbst bereit sein wird, hier über den Rahmen des Finanzausgleichs hinausgehende Überlegungen einzubringen.

 

Ein letzter Gedanke, oder ein vorletzter Gedanke noch zu diesem Bereich betrifft die Diskussion um die ganztägigen Schulen - von der SPÖ österreichweit heftig akklamiert und heftig diskutiert. Es zeigt sich folgende Situation in Wien: Wir haben derzeit ein ganztägiges Angebot von 13 Prozent für die Volksschulen und etwa 27 oder 28 Prozent für den Bereich der Hauptschulen. Das ist, gelinde gesagt, nicht aufregend viel, meine Damen und Herren. Wer hier tatsächlich ein flächendeckendes Angebot haben möchte, so wie es gerne artikuliert wurde, der muss entsprechend den gesetzlichen Vorgaben von 1993 auch die entsprechenden Beschlüsse auf der Landesebene - konkret in den Landesschulräten, also in Wien im Stadtschulrat - fassen, dann hier budgetieren und umsetzen. So einfach ist das. Aber - vielleicht kann man mich da aufklären - ich finde ja das Budget der Kinder- und Jugendbetreuung gar nicht mehr in den normalen Budgetansätzen. Das ist irgendwo anders hin verschwunden, ich habe es noch nicht gefunden. Wir sind dabei, es mit der Lupe zu suchen. - Wenn du es weißt, wäre ich dir sehr dankbar, wenn du es mir sagen kannst.

 

Eine allerletzte Überlegung zum Bereich Bildung: Wir haben seit ungefähr fünf, sechs Jahren gemeinsam in Wien ein Konzept für die Hauptschule, den Mittelstufenbereich, die so genannte kooperative Mittelschule erarbeitet. Es ist das zweifelsohne auch ein politisches Kompromissmodell, das in vielen Ansätzen sehr vernünftig ist. Wir haben das bis zuletzt unterstützt.

 

Was jetzt in der Umsetzung vom Stadtschulrat hinausgegangen ist, meine Damen und Herren, das ist horribel! Ich darf Ihnen nur zwei Dinge nennen. Da steht drin, dass in jedem Standort der kooperativen Mittelschule der Lehrplan des Realgymnasiums gilt. Meine Damen und Herren, genau das war der Punkt, an dem der alte Schulversuch des Schulverbundes Schiffbruch erlitten hat! Denn das war Betrug an den Schülern. Das hat nicht funktioniert. Man kann nicht jedem Kind suggerieren: Wenn du in diesen Schultyp gehst, dann bis du RG-reif, also reif für eine höhere Schule.

 

Wir haben dazu auch viele Beispiele aus Ihren eigenen Reihen. Es hat zum Beispiel ein berühmter, profilierter sozialdemokratischer Direktor einer HTL in Wien 10 in seinem Jahrbuch vor einigen Jahren genau aufgelistet, was mit den Schülern aus dem Schulverbund in seiner Schule passiert: Die fallen nämlich alle, zu 100 Prozent, durch! Das ist also ein falscher Weg. Wir haben das reformiert und gesagt: Alle Lehrpläne sind einzusetzen. Wenn ein Schüler die Reife hat, dass er die RG-Klausel erreicht, dann ist das okay, dann soll man ihn entsprechend fördern, dann soll man ihm diese Möglichkeit einräumen. Aber generell den Gymnasiums-Lehrplan an einer Hauptschule vorzuschreiben, ist aus meiner Sicht sowieso auch rechtlich gar nicht möglich.

 

Ein Zweites ist, was dann in den Beschreibungen behauptet wird. Die Eltern werden aufgefordert, in dem Fall, dass der Schüler in der Schule diese Reife nicht erbringen kann und daher schlechte Noten hat, sozusagen per Unterschrift, per Antrag die Beurteilung nach einem anderen Lehrplan, nämlich nach dem Lehrplan der Hauptschule, anzufordern.

 

Meine Damen und Herren! Ich habe ein Schulsystem in dieser Form auf der ganzen Welt noch nicht erlebt, dass Eltern einschätzen müssen, in welcher Art und

 

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