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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 122

 

Verbesserungen gemacht, auch die Vorschläge, dass man die Diskussion zum Rechnungsabschluss etwas strafft. Doch zwei Fraktionen haben sich besonders quergelegt. Eine Fraktion, die wollte, dass unbedingt zwei Tage diskutiert wird, ist im Moment leider sehr spärlich vertreten. Die andere Fraktion, die auch unbedingt wollte, dass zwei Tage diskutiert wird, ist ungefähr zur Hälfte belegt. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass man sich das wirklich überlegt, wie man die Diskussionen sinnvoll weiterführt und vor allem auch wie man in der Sache etwas weiterbewegt.

 

Gerade das Thema "Verkehr" ist ein ganz wesentliches Thema, das eigentlich nicht besonderer Showelemente hier am Rednerpult bedarf, sondern wo es einfach darauf ankommt, dass man die richtigen Sachlösungen findet, auch abseits von jeder Ideologie. Da möchte ich dem Herrn StR Schicker einmal ein Lob aussprechen, dass es ihm im letzten Jahr, glaube ich, gelungen ist, wirklich sehr intensiv die Grundlagen dafür zu erheben und er versucht hat, sie an alle Fraktionen heranzutragen. Er hat einen Masterplan mit vielen Experten initiiert und ist gerade dabei, einen Stadtentwicklungsplan 05 zu initiieren, wo man die Grundlagen nochmals überdenkt.

 

Ich bin zwar sicher, dass er das selbst auch getan hat, aber es ist, glaube ich, auch interessant, ein bisschen in die Geschichte zu schauen und zu sagen, weil wir jetzt wieder neu planen: Sind diese Pläne, die wir uns zuvor gegeben haben, in der Zwischenzeit auch erfüllt worden?

 

Da habe ich mir den Stadtentwicklungsplan aus 1994 genommen und habe einmal hineingeschaut, welch tolle Ziele darin stehen, ob man die schon alle abhaken kann oder ob man die vielleicht neu schreiben muss. Eines habe ich jedenfalls sehr interessant für unseren Berichterstatter, jetzt in Vertretung StR Schicker, aber für den Berichterstatter VBgm Rieder, gefunden, dass es im Stadtentwicklungsplan 1994 zum Thema "Wien darf die Arbeit nicht ausgehen" ganz klar heißt: "Wir geben in Wien das Ziel der Vollbeschäftigung nicht auf und passen unsere städtischen Strukturen nicht an eine Zweidrittelgesellschaft an. Im Gegenteil, wir haben ausreichend Standorte für hochqualifizierte, dem internationalen Wettbewerb Stand haltende Arbeitsplätze. Die Erhaltung der Vollbeschäftigung ist auch eine demokratiepolitische Aufgabe, denn demokratische Systeme sind durch lang andauernde hohe Arbeitslosigkeit extrem gefährdet."

 

Meine Damen und Herren, schade, dass ich dieses Ziel heute nicht mehr aus dem Mund des VBgms Rieder gehört habe. Schade, dass ich aus dem Mund von VBgm Rieder eigentlich hören musste, dass viele Betriebe nicht mehr die Qualität in Wien aufweisen, die sie aufweisen sollten und der Standort Wien in Frage gestellt wird. Schade, dass viele Betriebe in das Umland abgewandert sind, nicht zuletzt auch durch Unterstützung von einzelnen Mitgliedern der Regierungsfraktion hier. Ich nenne nur das Beispiel "Campus 21, Brunn am Gebirge". Das wurde von einem ehemaligen Mitglied dieser Stadtregierung, nämlich von der Frau StRin Ederer zum Schaden für Wien aktiv unterstützt. Das ist ein Punkt, über den wir uns den Kopf zerbrechen müssen.

 

So auch in der Verkehrspolitik, wenn ich im Stadtentwicklungsplan aus 1994 lese, dass das Wichtigste die U-Bahnerweiterung ist. Herr Stadtrat, das haben Sie sich auch vorgenommen! Ganz richtig, ist in Ordnung! Aber an zweiter Stelle steht im Stadtentwicklungsplan 1994 bereits der Ausbau des S-Bahnnetzes. Ich könnte das heute alles eins zu eins übertragen, was hier steht: "Die S-Bahn hat den Vorteil der regionalen Bedienung. Insbesondere in Verbindung mit einem Park-and-ride-Netz trägt sie wesentlich zu einem hohen Einpendleranteil mit dem öffentlichen Verkehr bei, und dieser Effekt kann durch den Ausbau der S-Bahn in Wien und der Region noch verstärkt werden." Und so weiter und so fort.

 

Meine Damen und Herren, was ist beim S-Bahnausbau in der Vergangenheit geschehen? Was ist im letzten Jahr geschehen, wo die Stadt Wien nunmehr mehr als ein Jahr mit den ÖBB verhandelt, um einen neuen Vertrag zu erzielen? Seit Beginn dieses Jahres sind wir eigentlich in einem vertragslosen Zustand, weil wir den alten Vertrag nur mehr weitertradieren, weil es uns nicht gelungen ist, als Stadt Wien hier ein Übereinkommen mit den ÖBB zu bringen, ich sage nicht aus sachpolitischen Gründen, sondern, wie ich befürchte, aus ideologischen Gründen, weil man nicht gewillt ist, mit dem, dem Bund zugehörigen, Unternehmen der ÖBB ein Abkommen zu schließen, das für Wien so wichtig wäre. Sie schreiben selbst, sehr geehrter Herr Stadtrat, in Ihrem Entwurf zum Verkehrsmasterplan, dass 65 Prozent aller Einpendler mit dem motorisierten Individualverkehr nach Wien gelangen. 65 Prozent! Das heißt, wenn wir den Stau und den Verkehr in Wien wirklich besser gestalten wollen, dann wird es eindeutig notwendig sein, dass wir bei diesen Einpendlern versuchen, sie auf den öffentlichen Verkehr umzulegen, wenn es uns möglich ist, dass die Einpendler im öffentlichen Verkehr mehr Anteil nehmen können. Dazu bedarf es allerdings einer eindeutigen Attraktivierung.

 

Herr Stadtrat, wenn Sie weiter zuwarten und diese Verbesserungen mit den ÖBB nicht in Angriff nehmen, dann wird sich der Anteil des Modalsplit in Wien verschlechtern und nicht verbessern, wie Sie es sich vorgenommen haben! Wir haben uns daher als Österreichische Volkspartei vorgenommen, dass wir diesen Vertrag ehest möglich in Geltung bringen lassen können. Aus diesem Grund bringen wir einen Beschluss- und Resolutionsantrag ein, in dem die Stadt Wien umgehend aufgefordert wird, den bereits ausständigen gesetzlich vorgeschriebenen und in anderen Bundesländern längst üblichen Verkehrsdienstevertrag mit den ÖBB abzuschließen. In diesem sollen sämtliche Vorgaben der Stadt Wien punkto Streckennetz, Intervallen und Standort der Wiener Schnellbahnlinien festgelegt werden. Bei der Festlegung des vereinbarten Investitionszuschusses soll auf die wachsende Bedeutung des S-Bahnverkehrs geachtet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Lassen Sie mich noch einmal aus dem

 

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