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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 121

 

worden, vor allem in der letzten Zeit, und man hat dann genau in der letzten Zeit noch mit knapper Not die Stadtverfassungsnovelle in der letzten Sitzung hier durchgepeitscht und die Geschäftsordnung, die ja eigentlich auf der Stadtverfassungsnovelle aufbaut, überhaupt nicht mehr zusammengebracht. Das heißt, man hat hier vier Jahre herumdiskutiert, um dann innerhalb kürzester Zeit noch die Stadtverfassung zu ändern.

 

Ich kann mich noch erinnern: Kollege Tschirf hat bei der damaligen Debatte diesen Entwurf beziehungsweise diese Stadtverfassungsnovelle ebenfalls als den großen Demokratieschub dieser Stadt und als das Größte, was es seit 1920 gegeben hat, bezeichnet. Er ist sogar noch mehr ins Schwärmen gekommen, wie er dann über die Verhandlungszähigkeit und Einsatzfreude seines Vorgängers als Klubobmann berichtet hat. (GR Dr Matthias Tschirf: Stimmt ja!) Ja, das glaube ich schon.

 

Es hat sich diese Einsatzfreude aber schon einmal zu einem Bumerang für die ÖVP entwickelt. Das hat begonnen im Jahr 1996, und zwar - das ist jetzt in § 2 geregelt - damit, dass die ÖVP damals nicht verwinden konnte, dass die FPÖ auf Grund ihrer damaligen Größe, auf Grund des hervorragenden Wahlerfolgs von 1996 zwei Gemeinderatsvorsitzende gehabt hätte. Da kam es zur "Lex ÖVP", die gesagt hat: Nein, das geht nicht! Den vierten stellen wir noch und dann brauchen wir ohnedies nur vier. - Das war der berühmte Schuss ins Knie, denn heute ist es so, dass die ÖVP seit der letzten Wahl auf Grund des großen Wahlerfolgs der SPÖ überhaupt keinen Gemeinderatsvorsitzenden mehr stellt und sich von dieser Funktion verabschiedet hat. Das ist dem zähen Verhandlungsgeschick des Kollegen Prochaska zuzurechnen! (GR Johannes Prochaska: Sie waren für sechs?) Nein, wir waren für drei.

 

Nur - ich darf noch weiter dazu ausführen -: Damals, Herr Kollege Prochaska, hat die Demut der SPÖ noch dazu geführt, dass sie bei den drei Landtagspräsidenten noch großzügig war und die Erste Landtagspräsidentin der ÖVP spendiert hat. Diese Demut ist auf Grund des Wahlergebnisses 2001 intensiv in den Keller gefallen, und ich glaube, niemand bei Ihnen hat damit gerechnet, dass irgendwo hier die Demut ausbrechen wird und die SPÖ auf eine Funktion verzichten wird, die ihr auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen zusteht.

 

Es gibt aber schon noch einige andere Bereiche, die dazu Anlass geben, dieses Werk, das uns heute vorliegt, nicht so positiv darzustellen. Es gibt durchaus positive Punkte dabei, einer davon ist der § 8, wo ... (GR Dr Matthias Tschirf: Das ist der größte Wurf seit 1920!) Diesen Wurf hätte ich gerne gesehen! Wenn man das als Wurf bezeichnet, dann weiß ich nicht, was bei Ihnen ein Wurf bedeutet. Das ist nicht einmal ein Hopserl!

 

Aber, meine Damen und Herren, die Bestimmung in § 8, in dem festgestellt wird, dass der Bürgermeister eine Sitzung auf Antrag nicht nur einzuberufen hat, sondern dass sie auch innerhalb von drei Wochen stattzufinden hat, ist durchaus etwas Positives und Richtiges, denn er hätte sonst - Kollege Chorherr hat es zuerst schon erwähnt - auch bis zum Ende der Legislaturperiode warten können, zwar nicht mit der Einberufung, aber mit der Durchführung der Sitzung.

 

Ein weiterer durchaus positiver Schritt ist die Einbindung des Präsidenten des Rechnungshofs. Es ist richtig, dass der Präsident des Rechnungshofs an den Sitzungen des Landtags und des Gemeinderats und auch an den Ausschusssitzungen teilnehmen kann und dort ein Rederecht hat. Das ist eine Verbesserung, die nicht hoch genug anzurechnen ist, denn hier die direkte Information durch den Präsidenten des Rechnungshofs zu erhalten, ist positiv und wichtig.

 

Aber jetzt kommt einer der Punkte, die zuerst Kollege Prochaska angezogen hat, nämlich die Redezeitbeschränkungen.

 

Die Redezeit für frei gewählte Abgeordnete zu beschränken, halte ich schlichtweg für falsch. Ich sehe keinen Grund, der das unbedingt notwendig gemacht hätte. Und wirklich interessant ist eines: Im Gemeinderat gibt es eine Redezeitbeschränkung, und der jetzige Präsident des Landtags Hatzl war eigentlich immer einer, der für diese Redezeitbeschränkung eingetreten ist. Mittlerweile ist er Erster Präsident des Landtags und im Landtag gibt es keine Redezeitbeschränkung. Da muss ich ihm ehrlich gratulieren! Dort im Landtag ist jetzt auf einmal der Demokrat Hatzl durchgebrochen. Es wäre gut gewesen, wenn er sich auch im Gemeinderat durchgesetzt hätte, denn heute am Vormittag haben wir schon gesehen, wie das bei einer Redezeitbeschränkung ist.

 

Da haben wir jetzt eine schöne Lampe und Kollegin Wehsely hat bei der Aktuellen Stunde das Wort ergriffen, mit einer Redezeit von fünf Minuten. Nach vier Minuten beginnt dieses Lamperl zu leuchten, nach fünf Minuten beginnt es zu blinken, und nach sechs Minuten ist es wieder aus. Und der der gleichen Fraktion zugehörende Vorsitzende sitzt da oben und wartet gemütlich und zufrieden, bis ihn das Lamperl nicht mehr stört, und lässt weiterreden. Jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren: Glauben Sie wirklich, dass ein Vorsitzender der SPÖ sich traut, dem Bürgermeister und Landesparteiobmann der SPÖ hier am Rednerpult das Mikrofon abzudrehen? - Das spielen Sie mir einmal vor! Das hätte ich bei den nächsten Sitzungen hier in diesem Hohen Hause gerne gesehen! (Ruf bei der SPÖ: Das ist unerhört, was Sie sagen! - GR Ursula Lettner: Ihrer Kollegin entgleitet die ganze Sitzung!)

 

Meine Damen und Herren! Wenn Sie die Protokolle der in diesem Hause stattgefundenen Sitzungen durchschauen, dann werden Sie sehen: Es werden selten Reden gehalten, deren Dauer über die vorgesehenen Zeiten hinausgeht. Nur: Wenn ein Abgeordneter etwas zu sagen hat, dann muss man ihm das Recht geben, hier herauszugehen, und wenn das länger dauert als 20 Minuten, dann muss er auch das Recht

 

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