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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 127

 

vorgesehenen Zweckbindung, nämlich in den öffentlichen Verkehr, zu investieren.

 

Bleiben wir noch ganz kurz bei der Wirtschaftsförderung. Weitere 300 Millionen von diesen 1,95 Milliarden S - das waren nämlich da die 322 Millionen S - wurden für die Wiener Stadtent-wicklungsholding zum Ankauf und zur Gründung von Tochtergesellschaften bereit gestellt. Noch - ich sage absichtlich noch - sind nicht die großen wirtschaftspolitischen Impulse von diesem Ankauf ausgegangen und von der Gründung der Gesellschaften. Wir hoffen, es wird in Zukunft der Fall sein. Aber es ist halt immer so eine Frage, wo verbucht man was und wo will man deutlich dokumentieren, dass man Finanzmittel eingesetzt hat. Dann aber sollten sie zumindest wirklich direkt nachvollziehbar zugeordnet dem Zweck entsprechen, wo sie tatsächlich budgetiert sind.

 

Selbiges könnte man über einige Bereiche dieses Rechnungsabschlusses sagen. Nehmen wir nur her, wo dargestellt wird, dass es wesentliche Mehrausgaben bei den Transferzahlungen sozialer Dienste mit 542 Millionen S gab. Super. Aber ein Teil davon ist nicht wirklich den Betroffenen zugute gekommen, sondern - wie Sie selbst wissen - ein sehr großer Teil dieser Transferzahlungen dient dazu, um für die gesetzlichen Änderungen und der Vorsorge für Abfertigungen in den einzelnen Vereinen sozusagen Vorsorge zu treffen. Aus diesem Grund steht - relativ schön auch in den Abweichungen vom Rechnungsabschluss zum Nachlesen -, dass natürlich auch die Transferzahlungen gestiegen sind und wir freuen uns darüber.

 

Was ich etwas bedauerlich finde im Jahr 2000, und damit komme ich, was den Rechnungsabschluss betrifft, langsam zum Schluss ... (GR DDr Bernhard Görg: Bitte schnell! Bitte schnell, Herr Margulies!) Nein, Herr Görg, ich höre Ihnen doch auch zu, egal, ob es mich interessiert oder nicht. Gönnen Sie mir doch diese Erstrede! Gönnen Sie sie mir in der ganzen Länge! Aber ich verspreche Ihnen, es dauert nicht mehr so lange. (Beifall des GR Rudolf Klucsarits.)

 

Im Bereich der Pflichtschulen ... (GR Rudolf Klucsarits: Haben Sie denn eine absolviert? - GR Johannes Prochaska: Ja, nicht leicht! - Heiterkeit bei der ÖVP.) Wissen'S, warum i mi besser auskenn' als Sie? - Ich hab' immerhin Wirtschafts- und Planungsmathematik studiert, wenn Sie mich schon fragen, ob ich die Pflichtschule absolviert habe. (GR Günter Kenesei: Der Herr Klucsarits lest ja immer nur vor!) Aber was soll's. Intelligente Wortmeldungen passieren halt net immer von der Bank aus. So ist es. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Kommen wir zurück zu den Pflichtschulen. (Aufregung bei der ÖVP.)

 

Es wird gesprochen, dass gerade im Bereich der Pflichtschulen nicht eingespart werden darf. Ja, was hat denn die Gemeinde Wien schon im Jahr 2000 gemacht? - Die Gemeinde Wien hat im Jahr 2000 schon 253 Pflichtschullehrer abgebaut. Die Gemeinde Wien hat den Stand der Berufsschullehrer schon im Jahr 2000 um 56 reduziert. Ich weiß, das ist bis zum Vorliegen des Rechnungsabschlusses fast niemandem aufgefallen. Dennoch ist es so, dass man nicht wirklich von einer Bildungsoffensive sprechen kann, sondern eher wahrscheinlich von einem beginnenden vorauseilenden Gehorsam in dem Wissen, was auf Grund dieser Bundesregierung auf uns zukommt. Aber es ist kein Gegensteuern. Es ist kein Gegensteuern und es ist kein Versuch, einen alternativen Gesellschaftsentwurf tatsächlich auch in einem Budget und in einem Rechnungsabschluss widerspiegeln zu lassen.

 

Vielleicht noch ein letzter Punkt, weil auch hier im Bereich der Kulturpolitik um 184 Millionen S weniger ausgegeben wurden als 1999. Es gibt da immer wieder Geschichten, wo es heißt, man soll doch die Politik aus der Kulturpolitik raushalten und so weiter. Man kann darüber streiten, wie eine Kulturpolitik aussehen soll, aber man muss nicht darüber streiten, dass es keine unpolitische Kulturpolitik geben kann. Kulturpolitik ist immer politisch! Das zeigt sich deutlich in der Frage der Postenbesetzungen. Auch mit Postenbesetzungen wird immer Politik gemacht. Momentan auf Bundesebene mit Rot raus, Blau/Schwarz rein in ungeahntem Ausmaß, und momentan auf Wiener Ebene, wobei in den unterschiedlichsten Objektivierungsverfahren in der Regel doch dann immer die KandidatInnen gewinnen, die sich die Sozialdemokraten wünschen.

 

Gut, es gibt sie also nicht, diese unpolitischen Verfahren. Wenn wir in der Politik sind, dann stehen wir auch dazu und es ist Aufgabe der Politik, Stellung zu beziehen.

 

Mindestens so wichtig wie ein Rechnungsabschluss ist auch ein kurzes Resümee über den Umgang mit Demokratie und Menschenrechte in diesem Land. Ich greife da jetzt einen Punkt heraus, weil ich diesbezüglich dann einen Beschlussantrag einbringen werde, und zwar handelt es sich um das Militärbefugnisgesetz, welches mit 1. Juli 2001 in Kraft tritt und das letztendlich einer der undemokratischen Gipfelpunkte dieser Bundesregierung war. Man denke an die Erhöhung der Postzeitungstarife. Ein weiteres Beispiel sind die Zivildiener, wo viele Institutionen nicht mehr ihrem zivilgesellschaftlichen Auftrag nachkommen können. Das sind zwei Beispiele, aber auch die diversesten Erhöhungen, die es gibt, sind zu erwähnen. Weiters die Versuche, die Meinungsfreiheit einzuschränken, die Sager eines Landeshauptmanns und die Sager eines Justizministers, die alle darauf abzielen, eine Opposition mundtot zu machen und die per Gesetz auch darauf abzielen, die Opposition möglicherweise zu überwachen. Dass Mitglieder des Gemeinderats oder des Nationalrats, auch Personen, die jetzt erst in den Gemeinderat gekommen sind, bis dato von der Staatspolizei immer wieder überprüft wurden, das wissen wir ja. Vom Heeresnachrichten-amt und vom Heeresabwehramt wissen wir es nicht, denn dort bekommt man keine Auskunft. Dennoch ist es so, dass das Militärbefugnisgesetz beschlossen

 

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