«  1  »

 

Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 74

 

vorragend geeignet sind, einem Museumsquartier eine Heimstatt zu bieten. Wir werden aber ebenso immer darauf hinweisen, dass wir der Meinung sind, dass die historischen Bauten sanft zu revitalisieren sind, dass das der Weg gewesen wäre und dass man möglichst ohne große Einbauten auskommen hätte sollen. Das wäre gegangen. Der historischen Substanz, der Einheit von Gebäuden, Höfen und auch Gärten ist in diesem Fall und in jedem Fall Vorrang einzuräumen.

 

Ich möchte auch sagen, dass es bedauerlich ist, dass der historische Vordertrakt, der barocke Teil, mit 21 000 Quadratmetern im Verhältnis zu 45 000 Quadratmetern des Gesamtbauprojekts nicht museal genützt wird. Es ist eigentlich eine unglaubliche Sache, dass man Nebendinge in das historische Gebäude abschiebt, während man die anderen in neuen Gebäuden unterbringt. Ich sehe es als Jammer an, dass das historische Ambiente in der eigentlichen Museumsverwendung nur eine untergeordnete Rolle spielt.

 

Die Erhaltung der Gebäude aus der Vormessezeit hätte genügend Platz geboten, umso mehr als die neueren Bauten aus der Messezeit selbst schadlos weggeschafft hätten werden können und so genügend zusätzlicher Platz für Neuentwicklungen vorhanden gewesen wäre.

 

Die jetzige Lösung ist, glaube ich, kein großer Entwurf. Sie ist eigentlich das, was übriggeblieben ist nach Abwehr einer ideologisch begründeten Bauwut, wie sie sich Anfang der neunziger Jahre präsentiert hat und wie sie sozusagen vom versammelten Zeitgeist mit Zähnen und Klauen verteidigt wurde. Sie ist das, was davon noch durchgesetzt werden konnte. In der Phase bis 1995 in etwa waren Ansätze unübersehbar, im Ideologischen - wie es unser leider verstorbener Dr Pawkowicz einmal formuliert hat - sozusagen in Richtung einer sozialistischen Gewaltarchitektur zu gehen. Gott sei Dank ist man davon wieder abgekommen! Zum Teil zumindest. Ortner, aber auch Pasterk haben sich ja zu Äußerungen hinreißen lassen, dass es Ziel dieses Museumsquartiers und seiner Neubauten sei, die imperiale Achse zu brechen, der Stachel in Fleisch zu sein.

 

Das hat es ja auch woanders gegeben. Ich erinnere nur an die Berliner Zustände in den fünfziger Jahren. Aber ich möchte auch daran erinnern, dass in der Zwischenzeit parteiübergreifend in Berlin wieder über die Wiedererrichtung des Stadtschlosses diskutiert wird und nachgedacht wird.

 

Nicht nur wir Freiheitliche, sondern auch eine Bürgerinitiative mit 20 000 Unterschriften - das ist eine große Zahl, wie Sie wissen, wenn sie einzeln gesammelt werden müssen - und auch internationale Widerstände und Proteste, von Organisationen wie Europa Nostra, vom Kunsthistorikerkomitee, wo sich 180 Experten aus aller Welt gegen dieses Projekt in seiner damaligen Form ausgesprochen haben, haben eine neue Diskussion und ein Umdenken erzwungen. - Ich möchte hier übrigens auch den Alt-Bürgermeister Zilk nennen, der sehr wohl Seines in seiner Partei dazu beigetragen hat, dass seine Kulturpolitiker - zumindest ein Teil - einzulenken imstande gewesen sind und verpflichtet werden konnten.

 

Das Umdenken hat sich aber leider nur in sehr eingeschränkter Weise manifestiert. Im Kern ist am Konzept festgehalten worden. Unsere Argumentation ist leider nicht durchgedrungen, nämlich die weitest gehende Verwendung der historischen Bausubstanz. Das finden wir bedauerlich. Mit unserem klaren Standpunkt konnten wir zwar einiges erreichen, aber doch nicht in dem Sinn alles - das ist halt einmal so -in Bewegung bringen.

 

Der Bibliotheksturm ist gefallen. Ich glaube, es war ja auch etwas sehr Anachronistisches - von Anfang an -, so etwas zu errichten. Der vorgeschobene Zweck war nur ein formeller, denn Bibliotheken haben schon lange keine Türme mehr und die Bücher werden schon längst in Speichern unterirdisch untergebracht. Aber der eigentliche Grund war ja auch nicht ein Lese- oder Bibliotheksturm, sondern - auch das wurde ausgesprochen - der Anspruch, ein republikanischer Turm werde errichtet, der sich sozusagen in Gegensatz setzt zum monarchischen Hofburg-Ensemble - ein Gedanke, der, na ja, ich würde meinen, schon etwas überholt zu sein scheint. Die Zeitläufe sind über solche Gedankengänge hoffentlich hinweggegangen.

 

Ein weiterer Erfolg der vereinten Bemühungen, wenn ich so sagen darf, war der Verzicht auf zwei von vier überdimensionierten Baukörpern, wobei auch die verbliebenen zwei Gott sei Dank der Höhe und dem Bauvolumen nach eingebremst und eingeschränkt wurden.

 

Leider wurden erst in letzter Zeit - es ist noch nicht sehr lange her - die beiden Spangen abgerissen, die links und rechts der Reithalle gewesen sind. Schade um diese beiden Tonnengewölbe, die übrigens zeitgleich mit der Reithalle errichtet wurden und daher den gleichen Anspruch auf Erhaltung gehabt hätten wie diese selbst.

 

Leider ist ja überhaupt dem Denkmalschutz in der ganzen Entwicklung des Projekts nicht gerade Priorität eingeräumt worden, ganz im Gegenteil, man kann sagen, er ist sträflich vernachlässigt worden. Schon in der Ausschreibung wurde auf die Gewichtung des Denkmalschutzes wenig Wert gelegt und sämtliche Dienststellen in Land und Bund haben durch Jahr und Tag Denkmalschutz und seine Auflagen sträflich vernachlässigt.

 

Was die Raumeinteilung betrifft, möchte ich ebenfalls sagen, dass man hier durchaus auch andere Wege hätte beschreiten können. Die Sammlung Leopold zum Beispiel hätte sicher ideale Verhältnisse vorgefunden, wenn sie im barocken Teil von Fischer-von-Erlach-Bauten untergebracht worden wäre, und das Museum und deren Kunst hätte garantiert mit einem Neubau auf der Platte nur gewinnen können. Es hätte hier eine wirkliche architektonische Glanzleistung entstehen können. Und außerdem wäre es damit möglich

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular