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Landtag, 12. Sitzung vom 28.04.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 101

 

Damit komme ich zu einem Thema, das wir heute schon von vielen Rednerinnen und Rednern gehört haben: Wir sehen leider in den letzten Wochen wieder, dass sich Atomkraftwerke auf Grund des Krieges in der Ukraine in Gefährdungszonen befinden. Ganz ehrlich: Für mich war es ein sehr schiacher Moment, als ich in den Medien hören musste, dass in Tschernobyl vorübergehend der Strom abgeschaltet wurde. Wir wussten nicht, was passiert ist, wir wissen aber sehr wohl, welche mögliche Auswirkungen es geben kann.

 

Deswegen war es, glaube ich, für uns alle so schwer verständlich, als die EU in ihrer Taxonomie festgelegt hat, dass auch Kernkraft weiterhin zur angeblich klimafreundlichen Energiegewinnung vorgesehen sein soll, obwohl ganz klar ist, dass wir aussteigen müssen. Wir sehen weltweit, dass die Nutzung von Kernenergie zurückgeht. Es sind nur mehr rund 10 Prozent und beim Endenergieverbrauch überhaupt nur mehr 2 Prozent.

 

Die erneuerbaren Energien haben nämlich in den letzten Jahren massiv zugelegt, und zwar in einem rasanten Tempo. Das ist gut so, das ist richtig so, und das verfolgen wir auch hier in Wien. Sie wissen, dass wir hier immer wieder Maßnahmen setzen und gemeinsam beschließen, wohin wir in diesem Zusammenhang wollen. Und wir wissen auch: Wir wollen keine Atomkraft! Wir wollen, dass die Nutzung von Atomkraft ausläuft.

 

Nun aber stehen wir da und sehen, dass es nicht nur um Laufzeitverlängerungen geht, sondern plötzlich auch neue Atomkraftwerke gebaut werden sollen, obwohl uns bekannt ist, dass die Gefahren nicht gebannt sind. Wir sehen, dass Atomkraftwerke bewusst in Erdbebenzonen gebaut werden. Wir sehen, dass sich Atomkraftwerke plötzlich in Kriegsgebieten befinden können und eine ungeahnte Gefahr darstellen, und zwar nicht nur für das Land selbst, von dem es gebaut wurde, sondern auch für die Nachbarinnen und Nachbarn.

 

Deswegen bin ich so froh, dass wir uns gemeinsam einsetzen. Das hat in Wien eine sehr gute Tradition. Wir sind auch in diesem Zusammenhang sehr aktiv. Der Herr Bürgermeister hat heute schon die Bedeutung von Städtenetzwerken hervorgestrichen, und es gibt ein informelles Städtenetzwerk, nämlich Cities for a Nuclear Free Europe, bei dem unser Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky Vorsitzender ist. Er hat sich in den letzten Monaten sehr stark engagiert, um gerade auch mit französischen Städten in Verbindung zu treten, um diese darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, dass wir aus der Atomkraft herauskommen.

 

Vorige Woche gab es am Freitag in Wien den Antiatomgipfel. Auch diese Einrichtung war immer wieder aktiv, das war mittlerweile schon die siebente Veranstaltung. Ich freue mich sehr, dass wir die Gelegenheit hatten, uns mit NGOs und Expertinnen und Experten aus diesem Bereich auszutauschen. Einer der Vorträge handelte auch von Atomkraftwerken in Kriegsgebieten.

 

Um die entsprechenden Erkenntnisse mitzunehmen, haben wir dort einstimmig eine Resolution aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschlossen, und ich freue mich, dass ich heute die Gelegenheit habe, diese auch hier als Allparteienresolution einzubringen. Ich halte es für sehr wichtig, dass wir hier geeint aufstehen und dass wir auch unseren Mitgliedern des Europäischen Parlaments mitgeben, dass hier in Österreich und insbesondere in Wien ganz klar ist: Nicht mit uns!

 

Ich darf jetzt, ohne Ihnen die gesamte Resolution vorzulesen, ein paar Auszüge aus den Forderungspunkten, hinter welchen wir alle geschlossen stehen, bekannt geben. Ganz wichtig ist für uns, dass die Bundesregierung ersucht wird, an der Nichtigkeitsklage gegenüber der EU betreffend die Taxonomie dran zu bleiben. Wichtig ist, dass Österreich sich dafür einsetzt, insgesamt klarzustellen, dass Atomkraft nicht die Antwort auf die Klimakrise ist, die ganz akut ist und bei der es natürlich auch um die Frage der Energiewende geht. Ganz im Gegenteil: Es braucht viele Jahre, bis ein Atomkraftwerk fertiggebaut ist, und so viel Zeit lässt uns die Klimakrise gar nicht mehr. Es ist wichtig, dass die Mittel, die nun plötzlich für eine völlig veraltete und viel zu gefährliche Technologie eingesetzt werden sollen, für erneuerbare Energien eingesetzt werden. Genau das brauchen wir jetzt, und wir wissen, dass auf Grund des Zeitdrucks diesbezüglich große Dringlichkeit besteht.

 

Wir möchten auch darauf hinweisen, dass es passieren kann, dass Atomkraftwerke, egal, wo diese sind, sich plötzlich in Krisengebieten befinden. Solche Krisen können Naturkatastrophen sein, sie können aber auch von Menschen gemacht sein, beispielsweise durch Kriege. Im Hinblick darauf ist es wichtig, dass wir uns dieser Gefahr nicht mehr aussetzen.

 

Daher gilt es aber auch, darauf zu schauen, dass es keine Verlängerungen bei der Nutzung der Kernenergie gibt, da es bekanntlich die Möglichkeit von Unfällen gibt und im Übrigen bis heute nicht geklärt ist, wie die Endlagerung von Atommüll ausschauen soll. Diese Frage ist seit Jahrzehnten unbeantwortet. Daher möchte ich wirklich darum bitten, dass wir alle dieses Wissen, das wir gemeinsam haben, weitergeben und uns weiter entsprechend einsetzen. Wir sehen nämlich - und auch das haben wir auf diesem Gipfel besprochen - dass leider das Bewusstsein für die Gefahren der Atomenergie teilweise abnimmt. Gerade wenn wir über die Energiewende sprechen und dann sehen, dass die Atomlobby unterwegs ist und andere Länder weiterhin auf Atomenergie setzen, empfinden wir es als umso wichtiger, dass wir den Menschen erklären, warum Atomkraft keine Option und keine Alternative ist und warum wir gemeinsam dagegen auftreten müssen. Wir müssen gemeinsam darum kämpfen, dass die Energiewende, wohlgemerkt ohne Atomkraft, für alle Menschen in Wien, in Österreich, in Europa und auf der ganzen Welt klappt.

 

Somit darf ich diese Resolution einbringen, und ich möchte mich wirklich ganz herzlich bei allen Fraktionen bedanken, dass wir hier gemeinsam diese Resolution einbringen können und dass wir bei diesem so unglaublich wichtigen Thema so klar zusammenstehen. - Herzlichen Dank.

 

Präsident Ernst Woller: Das waren neun Minuten Redezeit. Die Restredezeit beträgt elf Minuten. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Mantl. Bitte.

 

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