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Landtag, 48. Sitzung vom 25.09.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 22

 

Pflegekräfte aus Rumänien mussten sich ihren Zug nach Wien von den ÖBB um jeweils 100 EUR selbst bezahlen und das Quarantänehotel noch zusätzlich, doch sie kamen trotzdem, damit unserer älteren Generation nach der Notdurft entsprechende Reinigung zuteil wird.

 

Aber zurück zu Erkurt‘s Ergebnissen. Solange also Melisa Erkurt in ihrem Buch die deprimierenden Erfahrungen niederschreiben muss, solange es analog zum Sport keine pädagogischen Vorbilder mit Migrationshintergrund gibt - es sind nach wie vor, und da bemüht sich die Stadt Wien aber besonders, viel zu wenige Lehrer und Lehrerinnen migrantischer Herkunft -, solange werden wir nur Bittsteller und Bittstellerinnen haben. Und wen betrifft das vor allem? - Laut Statistik Austria, das ist also eine empirische Antwort, haben 45 Prozent der WienerInnen Migrationshintergrund. Als Personen mit Migrationshintergrund - laut Statistik Austria, und denen werden Sie ja wohl glauben - werden hier Menschen bezeichnet, deren beide Elternteile im Ausland geboren wurden. Diese Gruppe lässt sich in weiterer Folge in Migrantinnen und Migranten der 1. Generation, also Personen, die selbst im Ausland geboren wurden, und die ZuwanderInnen in der 2. Generation, also Kindern von zugewanderten Personen, die aber selbst im Inland zur Welt gekommen sind, untergliedern.

 

Und wenn wir schon bei Statistik sind - die Sie ja immer so genau definieren und jedes Wort genau auf die Waagschale legen, wie gestern ja schon deutlich gesagt wurde -, reden wir auch noch darüber, wie zugewanderte Personen sind und leben. Im aktuellen Integrationsbericht, der heute ja schon mehrmals zitiert wurde, zeigt sich ein Mal mehr deutlich: Bildung wird auch in Österreich, und nicht nur in Österreich, vererbt, und zwar quer durch die Schulbank. 40 Prozent aller autochthonen Österreicherinnen und Österreicher haben nicht oder nur teilweise einen ausreichenden Standard in Deutsch, ganze 36 Prozent sind es bei Mathematik. - Das sind keine Zahlen von mir, das sind Zahlen der Statistik Austria.

 

Ja, das betrifft also alle Kinder in allen Schulstufen, und ja, das betrifft Elementarstufen im Besonderen. Deswegen braucht es für uns auch ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für alle, um hier besser zu werden, und mehr Pädagoginnen und Pädagogen an den Schulen, um das zu erreichen.

 

Daran wird in Wien bereits gearbeitet, daran arbeiten wir weiter, und daran wird weiter gearbeitet werden müssen.

 

Aber wer hat denn gestern die Förderung von „Teach for Austria“ zur Unterstützung von Pädagoginnen und Pädagogen abgelehnt? - Die FPÖ. Sie sind gegen verstärkte pädagogische Unterstützung. Warum auch? - Logisch! Das ist mehr eine rhetorische Frage, wenn man sich diese stellt, nachdem man ihre Strategien und Plakate in diesem Wahlkampf gesehen hat. - Uns hingegen sind alle Wienerinnen und Wiener nicht egal, egal, von wo sie kommen oder wo sie geboren sind.

 

Was braucht es also? - Wie Kollege Wiederkehr schon gesagt hat, Integrationspolitik ist eine große Herausforderung. Es wird nie genug Arbeit dazu geben können, aber der gute Kurs der Stadt Wien mit seinen vielen integrativen Angeboten muss dringend fortgesetzt werden (Ruf: … die Sima in Favoriten …), sei es mit dem Startpaket der Stadt, das jede Person, die in Wien ankommt, sofort als Erstunterstützung erhält, sei es mit zahlreichen Angeboten darüber hinaus. Wir werden niemals wegsehen, und die Menschenrechtsstadt Wien hat hier in vielen Bereichen gute Arbeit gemacht, nicht nur in den letzten 20 Jahren mit der dafür eigens geschaffenen Magistratsabteilung 17, die unter der Leitung von Ursula Struppe hervorragende Arbeit geleistet hat, sondern auch durch zahlreiche Unterstützungs- und Förderungsmaßnahmen in verschiedensten Bereichen - von Kultur bis Sport, von Freizeitaktivität bis zur Bildung.

 

Und diese Angebote wollen wir erweitern und werden wir erweitern - dafür stehen auch die GRÜNEN. Es braucht ein gezieltes Anwerben von Pädagoginnen und Pädagogen mit Migrationshintergrund oder Fluchtbiographien. Und wir müssen so schnell wie möglich - im Gegensatz zu Ihrer Meinung - das Deutschförderklassen-System beenden, denn dort sind wieder nur Menschen mit unzureichenden Deutschkenntnissen unter sich und werden exkludiert.

 

Neben der Bildung werden wir uns weiterhin darum kümmern müssen, dass Wienerinnen und Wiener, egal, welcher Herkunft, aber natürlich durch die Situation am Arbeitsmarkt und den Bildungsbiographien besonders betroffene Wienerinnen und Wiener mit Flucht- und Migrationserfahrung, am Wohnungsmarkt gefördert und unterstützt werden. Es braucht weiterhin eine Wohnbauoffensive, damit jene, die die geförderten Wohnungen oftmals bauen, auch darin wohnen können. Vor 100 Jahren wurde Wien mit seinem sozialen Wohnbausystem weltberühmt und hat enorm dazu beigetragen, dass sich Menschen zu einem realen Mietpreis Wohnraum leisten konnten.

 

Um Integration und Inklusion zu schaffen, müssen Rassismus und Hetze beendet werden. Rassismus ist - wem sage ich das hier in diesem Landtag - nach wie vor neben Antisemitismus in Wien sehr präsent und leider der Alltag für viele Menschen. Dennoch lehnen viele Wienerinnen und Wiener diesen Hass ab, wissen aber oft nicht, wie sie ihm begegnen sollen. Es braucht also entsprechende Schulungen und Bildungsmöglichkeiten, um diese Formen der Diskriminierung zu bekämpfen.

 

Viertens unterstützen wir die WienerInnen mit Deutschkursen und Mehrsprachenangeboten, erweitern den Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Flucht- und Migrationsbiographien, erweitern das Angebot von Fachsprachkursen. Denn Leistung an der Gesellschaft, wie das Herr Kollege Nepp genannt hat, ist nur dann möglich, wenn man sie ihnen auch bieten kann. Besonders am Arbeitsmarkt stehen Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete oftmals in Konkurrenz zueinander, in niederqualifizierten Arbeitsfeldern, obwohl teilweise viel besser qualifiziert. Wer von uns kennt denn nicht die Studentin, den Studenten oder den Akademiker, die Akademikerin als Fahrradkurier, als Taxlerin? Wir alle kennen solche und sind ihnen schon begegnet.

 

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