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Landtag, 46. Sitzung vom 25.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 79

 

sche Einrichtungen der schulischen, aber auch der außerschulischen Jugendarbeit, um möglichst früh bei jenen Personengruppen anzusetzen, die wir identifizieren, bei denen sehr oft noch keine strafrechtlich relevanten Tatbestände vorliegen, wir aber den Eindruck haben, dass es notwendig ist, frühzeitig einzugreifen.

 

Schwieriger ist es natürlich bei Personen, denen wir schon strafrechtlich relevante Tatbestände nachweisen können, wie in diesem konkreten Fall. Da gehe ich davon aus, dass die Einrichtungen, die wir auch gemeinsam mit dem Bund geschaffen haben, zum Beispiel in der Betreuung von Haftentlassenen, dass man das auf diese Zielgruppen spezifiziert. Das beginnt schon in der Betreuung in den Gefängnissen, denn das sind ja oft Orte, wo schon radikalisierte Menschen weiter radikalisiert werden beziehungsweise straffällig gewordene Menschen von Personen agitiert werden, denen sie im Gefängnis begegnen, daher ist die Arbeit in den Gefängnissen schon ganz wichtig.

 

Also es geht auch bei der Haft nicht nur darum, die Menschen wegzusperren, sondern mit ihnen auch zu arbeiten, damit - wenn sie entlassen werden - eine große Hoffnung besteht, sie wieder integrieren zu können. Das gilt aber generell für alle Menschen, die in Haft sind, denn wenn man sich die Rückfallquoten anschaut, und das ist unabhängig von der Herkunft, sehen wir natürlich, dass es bestimmte Ziel- und Personengruppen - egal, ob die jetzt die österreichische Staatbürgerschaft haben oder zugewandert sind - gibt, die auch wieder rückfällig werden. Das gilt insbesondere auch für radikalisierte Gruppen.

 

Also daher gebe ich ihnen recht, wir müssen da zweifellos die Instrumente spezifizieren. Ich persönlich bin sehr dafür, dass die Einrichtungen der Stadt eng kooperieren, auch mit jenen des Bundes. Wir sind gerade, was diese Zielgruppen betrifft, sehr abhängig von den Informationen, die wir von der Sicherheitspolizei bekommen. Wir haben uns auch im konkreten Fall auf die Unterlagen bezogen, die wir von der Polizei bekommen haben, insbesondere vom Landesamt für Verfassungsschutz, denn wir könnten zum Beispiel keine Informationen beschaffen, ob jetzt eine Person konkret im Ausland - zum Beispiel in Syrien, in anderen Ländern des Nahen Ostens - an bewaffneten Konflikten beteiligt war. Also daher ist diese Kooperation eine wichtige, aber sie haben recht, es gibt Eskalationsstufen.

 

Ich bin sehr dafür, dass wir das Deeskalisierungsnetzwerk einsetzen, um vor allem junge Menschen frühzeitig zu begleiten, zu betreuen. Eine enge Kooperation mit den Einrichtungen des Bundes in der weiterführenden Präventionsarbeit, aber ein sehr konsequentes Vorgehen gegen jede Form von Gewalt, die wir in Wien nicht dulden werden: Das war auch der Grund, dass ich in diesem konkreten Anlassfall die Aberkennung der Staatsbürgerschaft betrieben habe. Dass das von den Gerichten jetzt leider anders gesehen wird, bedauere ich. Mir wäre es lieber gewesen, diese Person hätte überhaupt keine Möglichkeit mehr gehabt, österreichisches Staatsgebiet zu betreten.

 

Präsident Ernst Woller: Die 3. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Haslinger gestellt. Ich erteile ihm das Wort.

 

9.24.55

Abg. Gerhard Haslinger (FPÖ): Ja, guten Morgen, Herr Landeshauptmann!

 

Ich bin leider ein bisschen enttäuscht. Gestern stelle ich eine Anfrage an die Frau Verkehrsstadträtin, die zitiert mir einen Gesetzestext. Auf die Anfrage an Sie, sagen Sie mir einen Sachverhalt, der mir auch bekannt ist, nämlich dass die Aberkennung nicht möglich ist, sie sagen mir den Status quo. Meine Frage war aber, was Sie noch für Möglichkeiten hätten, da ganz einfach eine spezial- und generalpräventive Maßnahme zu setzen, damit es eine Abschreckung für die Zukunft ist. Sie sind zuständig dafür, dass der Mann Gesundheitsversorgung nutzen darf, dass er sonst die Sozialleistungen hat, dass man sich bemüht oder in Zukunft bemühen möchte, ihn umzustimmen oder Ähnliches. Ich erwarte mir als Staatsbürger, dass es bei diesen Menschen, die mehrfach ins Ausland gehen und terroristische Handlungen abhalten oder sich an terroristischen Handlungen beteiligen, eine Möglichkeit geben muss, wenn sie zurückkommen oder zurückkommen möchten - ich glaube, der will jetzt zurück, weil er ja in Haft ist -, dass die ganz einfach diese Wohlfühloase hier nicht mehr genießen können.

 

Meine Frage geht, wie gesagt, in diese Richtung: Sehen Sie da Möglichkeiten, dass man den von der Mindestsicherung entfernt, von der Gesundheitsversorgung entfernt oder Ähnliches macht, dass er ganz einfach gar nicht mehr her möchte?

 

Präsident Ernst Woller: Bitte, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr. Michael Ludwig: Ja, wir müssen als politische Mandatare immer auf Basis der Gesetze agieren. Daher freut es mich, dass Ihnen das, was ich Ihnen jetzt mitgeteilt habe, bekannt war. Ich gehe davon aus, Sie haben sich mit diesem Fall intensiv beschäftigt, so wie wir alle. Wir haben alle unsere rechtlichen Möglichkeiten als Stadt Wien eingesetzt, um diese Person von der österreichischen Staatsbürgerschaft zu entfernen und ihm damit auch die Möglichkeit zu nehmen, alle österreichischen Staatsbürgern rechtlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen. Dass das gescheitert ist oder nicht von den Gerichten nachvollzogen worden ist, kann ich nicht beeinflussen.

 

Das ist so in einem demokratischen Staat, der auf Gewaltenteilung aufgebaut ist. Ich muss diesen Entscheid des Gerichtes zur Kenntnis nehmen und kann nur darauf verweisen, dass Bundeseinrichtungen wie Sicherheitspolizei und Justiz jetzt gefordert sind, diese Person bei der Ankunft in Österreich sofort in Gewahrsam zu nehmen und ihn damit von allen Möglichkeiten, die wir ihm bieten, fernzuhalten. Eine andere Möglichkeit gibt es in dieser Situation nicht.

 

Zu sagen, dass ein österreichischer Staatsbürger aus den rechtlichen Möglichkeiten, die sonst bestehen, ausgenommen wird, scheint mir unter den jetzigen rechtlichen Rahmenbedingungen nicht möglich zu sein, daher bauen alle unsere politischen Entscheidungen auf diesen rechtlichen Grundlagen auf. Dass Menschen auf Grund

 

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