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Landtag, 42. Sitzung vom 28.01.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 72

 

nahmen zu setzen, um den Klimawandel hintanzuhalten und zu verhindern.

 

Ich bin überzeugt, dass wir als Stadt Wien dabei einen sehr glaubwürdigen Beitrag leisten können, denn wir haben seit 1999, das sind jetzt 20 Jahre, ein Klimaschutzprogramm der Stadt Wien, an dem wir sehr konsequent arbeiten. Wir haben in dieser Zeit in etwa 40 Prozent des CO2-Ausstoßes reduzieren können. Damit liegen wir im internationalen Vergleich, wie in vielen anderen Bereichen, an der Spitze. Und wir haben bewiesen, dass wir auch eine Strategie entwickeln können, um die Herausforderungen der Zukunft in dieser Frage zu bestimmen.

 

Es ist kein Zufall, dass die sehr renommierte Unternehmensberatungsfirma Roland Berger unter dem Titel „Smart City“ Wien im internationalen Vergleich von 220 Städten auf den 1. Platz gereiht hat. Auf meine Frage an den Studienautor, warum das so ist, denn wir haben viele bekannte Metropolen hinter uns gelassen, hat er gesagt, das ist, weil Wien eine Strategie hat und in der Lage ist, diese Strategie auch umzusetzen, und weil wir es auch mit ganz unterschiedlichen Stakeholdern gemeinsam schaffen, an den Zielen und der Umsetzung dieser Ziele zu arbeiten.

 

Ich denke, daran sollte man auch weiterarbeiten und das vor allem mit einem anderen wichtigen Thema, nämlich jenem der Sozialpolitik und der sozialen Herausforderungen, die es in unserer Gesellschaft gibt, verbinden, denn ein großes Problem, das die Europäische Union hat, ist, dass sie sich ganz stark auf eine liberale Wirtschaftspolitik konzentriert, aber sehr oft die sozialen Zusammenhänge vergisst, übersieht oder zu wenig beleuchtet. Da müssen wir vielleicht manche Dinge wieder zurechtrücken, denn prinzipiell bin ich nach wie vor ein glühender Verfechter eines gemeinsamen Europas. Es wird aber an uns liegen, zu definieren, wie die Zukunft dieses gemeinsamen Europas aussieht, dass nicht nur die Interessen von großen Konzernen im Vordergrund stehen, sondern dass wir den Fokus vielleicht wieder stärker auf die sozialen, die sozialpolitischen Anliegen der Menschen in der gemeinsamen Europäischen Union lenken. Da gibt es schon einiges im Bereich Ausbildung, Arbeit, Gesundheit, aber auch Gleichstellung zu tun.

 

Dass kleine und mittlere Unternehmen ihren Beitrag durch Steuerleistungen zu erbringen haben, aber große internationale Konzerne sich diesen entziehen können, ist nach wie vor nicht nur ungerecht, es ist auch, wie ich meine, ein großer wirtschaftspolitischer Nachteil dieses gemeinsamen Europas. Ich denke, da muss es uns gelingen, Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass es in der Wirtschaft gleiche und gerechte Voraussetzungen gibt. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN sowie von den EP-Abgeordneten Mag. Andreas Schieder und Sarah Wiener.)

 

Die EU hat sich 2017 mit der Europäischen Säule sozialer Rechte ein wichtiges Instrument gegeben. Ich weiß mich mit vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern europäischer Städte eines Sinnes, dass wir das zum Anlass nehmen, die Städte stärker in Diskussion zu bringen, denn Städte sind am stärksten von den Auswirkungen sozialer Ungleichheiten betroffen. Denn egal, ob es Armut, Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit ist, die Fehlentwicklungen sozialer Entwicklungen sind immer zuerst in den Großstädten zu spüren. Daher bin ich mit vielen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, aus Berlin, Amsterdam, Paris, Budapest, Madrid, Lissabon, Brüssel, im guten Einvernehmen, dass wir diese Frage der sozialen Gerechtigkeit auch aus der Sicht der Städte ganz stark einbringen werden.

 

Ganz zum Schluss vielleicht noch zum Stichwort Europa der Städte, denn der Pakt von Amsterdam, der im Mai 2016 geschlossen worden ist, hat ja einen Prozess der Erarbeitung einer europäischen Städteagenda getroffen. Das könnte der politische Wendepunkt sein, dass die Städte in Zukunft mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten im Bereich der Energieversorgung, der Mobilität, der nachhaltigen Entwicklung, der Bildung, der sozialen Teilhabe, vieler Aspekte bekommen, die die Menschen sehr unmittelbar betreffen.

 

Ich zitiere aus den politischen Leitlinien 2019 der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen unter dem Motto: „Eine Union, die mehr erreichen will.“ Das Zitat lautet: „Aus diesen unterschiedlichen nationalen und kulturellen Identitäten besteht der Flickenteppich unserer gemeinsamen Identität.“

 

Da hat sie zweifellos recht. Das ist auch das Spannende und der Unterschied im Vergleich zu anderen großen Nationalstaaten, dass Europa sehr bunt, sehr vielfältig ist. Ich sehe darin keinen Nachteil, sondern eine Stärke. Wenn wir auch in der Außen- und Sicherheitspolitik gemeinsame Positionen finden müssen, ist diese Buntheit, diese Vielfalt etwas, was wir nicht unterbinden, sondern fördern sollten. Die Einbeziehung von jenen Menschen, die aus anderen Ländern der Europäischen Union zu uns kommen, ist etwas ganz, ganz Wichtiges.

 

In Wien leben derzeit 268.826 Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die heuer, im Jahr 2020, auch die Möglichkeit haben, an der Bezirksvertretungswahl teilzunehmen. Ich kann von hier aus als Landeshauptmann und als Wiener Bürgermeister nur appellieren, dass auch alle diese Möglichkeit nutzen, von ihrem Wahlrecht - das gerade in Europa so mühsam erkämpft werden musste und auf das wir stolz sind - Gebrauch zu machen. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, zu zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger, die aus anderen EU-Staaten zu uns kommen, hier willkommen sind und auch eingeladen werden, politisch mitzugestalten, auch durch die Teilnahme an einer Wahl.

 

Nach den ersten 25 Jahren unserer Mitgliedschaft in der Europäischen Union wird es jetzt darum gehen, auch darüber zu reden. Darum freue ich mich auf die Diskussion. Ich begrüße auch ganz herzlich die Abgeordneten zum Europäischen Parlament, denn ich sehe das als große Wertschätzung des Wiener Landtages, dass Sie, dass ihr gekommen seid, weil uns das die Möglichkeit bietet, den Diskussionsprozess zwischen dem Wiener Landtag und dem Europäischen Parlament zu intensivieren und umgekehrt die Mitglieder des Europäischen Parlaments, die ja auch aus Wien kommen, die Gelegenheit haben, zwischen der Europäischen Union und

 

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