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Landtag, 40. Sitzung vom 20.11.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 76

 

von Kindern und Jugendlichen wurde mehrfach angesprochen, und ja, die Volksanwaltschaft weist darauf hin. Wir kritisieren es nicht, wir weisen darauf hin, dass wir hier die Situation haben, dass in Wien eines von hundert Kindern fremduntergebracht ist. Und das ist eine Situation, mit der sich die Politik befassen sollte. Dass das nicht einseitig zu sehen ist, zeigen ja auch die Beispiele im Bericht, die Details, auf der einen Seite gibt es Fälle, wo wir kritisieren müssen, dass abgenommen wurde und dass zu schnell abgenommen wurde, auf der anderen Seite gibt es auch Fälle, wo wir zu kritisieren haben, dass im konkreten Fall nicht abgenommen wurde. Das zeigt also genau, dass nicht nur das Faktum der Fremdunterbringung zu beachten ist, sondern natürlich auch immer die konkrete Situation, welche Ressourcen stehen zur Verfügung, welche Alternativen stehen zur Verfügung. Ich glaube, man kann schon generell sagen, je mehr man in Prävention, je mehr man in Begleitung von problematischen Familien und Familienverhältnissen investiert, desto besser ist es in diesem Bereich. Dort wollen wir das Augenmerk der Politik hinlenken, und die Diskussion zeigt, dass Sie da auf dem richtigen Weg sind.

 

Ebenso bei der Krankenversicherung der Kinder, besser gesagt, bei der fehlenden Krankenversicherung mancher Kinder und Jugendlicher: Wir haben keinen einzigen Fall feststellen können, wo ein Kind, ein Jugendlicher eine notwendige Betreuung nicht bekommen hat. Die Betreuung wird bezahlt. Aber, im Sinne der Menschenrechte, im Sinne der Kinderrechte ist es eben ein Unterschied, ob im Einzelfall dann doch bezahlt wird oder ob ein Rechtsanspruch im Sinne einer Versicherung besteht. Und das ist nicht unbedingt ein finanzielles Problem, denn in manchen Fällen ist die Versicherung die billigere Variante, als wenn man jede einzelne Behandlung zahlt, in anderen Fällen ist das natürlich umgekehrt. Es ist auch keine Frage, ob der Bund oder die Länder zu zahlen haben, denn derzeit zahlt das Land Wien. Und insofern bitte ich - und wir werden das auch in Salzburg sagen, denn dort stehen wir vor demselben Problem -, ernsthaft zu überlegen, hier einen Rechtsanspruch für die betroffenen Kinder und Jugendlichen zu schaffen.

 

Bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie hat Wien ja einen Plan vorgelegt, wie man den notwendigen Bedarf decken will, wie man die Betreuungsplätze ausbaut. Aus unserer Erfahrung möchte ich darauf hinweisen, dass das ein ganz, ganz heikler und ganz, ganz wichtiger Punkt ist und ich bitte Sie, darauf zu achten, dass es im Angebotsausbau zu keinen Verzögerungen kommt, dass das zügig vonstattengeht, denn Kinder in einer Erwachsenenpsychiatrie unterzubringen, ist höchst bedenklich und höchst gefährlich.

 

Im Bereich der Heimopfer, auch das passt noch irgendwie zum Kinderthema, ist es ja Aufgabe der Volksanwaltschaft, Renten zuzusprechen für Menschen, die glaubhaft machen, dass sie im Heim Gewalt erfahren haben. Die Bundespolitik ist davon ausgegangen, dass sich innerhalb kürzester Zeit da viele Leute melden, das behandelt wird und irgendwann, sehr bald, das Reservoir erschöpft ist und es zu keinem Neuanfall mehr kommt. Die Dienstposten, die wir in der Volksanwaltschaft da bewilligt haben, das Budget, das uns da zur Verfügung steht, reicht bis Jahresende dieses Jahres und nicht darüber hinaus. Wir müssen jetzt dafür kämpfen und eintreten, dass wir auch nächstes Jahr, und ich fürchte, auch die Jahre danach, noch die notwendigen Ressourcen haben, diesen Menschen ein Stück Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen. Wir haben nach wie vor zehn bis zwölf Neuanträge pro Woche. Pro Woche! Es spricht sich sehr langsam in den einschlägigen Kreisen herum, dass es da eine Möglichkeit gibt, einen Antrag auf Entschädigung zu stellen. Es spricht sich sehr langsam bei jenen herum, die schon bei einer Kommission waren und dort vielleicht abgewiesen wurden, dass die Volksanwaltschaft nach anderen Kriterien prüft und bei uns nicht strafrechtlich korrekt bewiesen werden muss, was passiert ist, sondern nur glaubhaft gemacht werden muss. Wir gehen davon aus, dass der Anfall noch über die nächsten Jahre aufrecht bleiben wird. Daher gehen wir auch davon aus, dass das Einstellen der Heimopferentschädigung in Wien für viele Menschen dazu führt, dass sie, obwohl sie sich sehr spät dazu durchringen oder draufkommen, dass es diese Möglichkeit gibt, um ihren Anspruch umfallen. Und es wäre angemessen, das noch einmal zu überdenken, vor allem deshalb, weil mit der Wiener Aufarbeitung des Problems über den Weissen Ring die Menschen sehr positive Erfahrungen gemacht haben. Und das ist auch nicht überall so. Es gibt in anderen Bundesländern Kommissionen, die zum Beispiel zum Ergebnis gekommen sind, na ja, einfache Watschen oder Stockschläge oder so, das war damals eine normale Erziehungsmethode und ist auch im Elternhaus vorgekommen, und daher kann man das im Heim jetzt nicht extra bestrafen oder als überzogene Gewaltanwendung bewerten.

 

Das ist in Wien so nicht passiert und deswegen schmerzt es besonders, dass diese Entschädigung ein Ablaufdatum hat, und ich bitte Sie, das noch einmal zu überlegen. Ich glaube, es wird auch in Kärnten gerade überlegt, diesen Fonds wieder aufzumachen. Ich fürchte, wir haben das Thema noch längere Zeit nicht vollständig aufgearbeitet, und es ist auch das Angebot an Psychotherapie - obwohl es noch weiter besteht, jetzt auch über eine andere Schiene - nicht ganz dasselbe, ob man auf den PSD verwiesen wird, der natürlich viel Erfahrung mit Psychotherapie hat, aber nicht genau mit dieser einschlägigen Schiene, als wenn man vorher sich an den Weissen Ring wenden konnte und der schon genau wusste, worum es geht. Ich bitte auch da, noch einmal nachzudenken, ob man den Heimopfern nicht weiterhin eine besondere Unterstützung zukommen lassen kann.

 

Abschließend möchte ich noch ganz kurz auf den Behindertenbereich eingehen, denn hier ist uns ein ähnliches Problem aufgefallen, das in der Diskussion bei den Jugendlichen thematisiert wurde. Behinderte, die von vornherein auf Grund ihrer Einschränkungen als erwerbsunfähig eingestuft werden, haben keine Unterstützung am Arbeitsmarkt durch das AMS, durch andere Förderungen, weil sie ja erwerbsunfähig sind. Sie haben

 

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