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Landtag, 30. Sitzung vom 22.11.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 98

 

denn dafür gibt es eine klare Verantwortung. Es ist absolut unverständlich, warum diese baureifen Grundstücke nicht auf den Markt kommen. Es ist ja nicht so, dass die Gemeinde Wien über keinen Grundbesitz in dieser Stadt verfügen würde: Über 40 Prozent des Gemeindegebietes ist im Eigentum der Stadt! Natürlich ist das nicht alles geeignet für Wohnungen, natürlich sind da der Lainzer Tiergarten und die Lobau dabei und vieles andere auch, aber es bleibt schon noch genug über. Es ist auch genug im Wohnfonds, und es ist auch genug in der Wirtschaftsagentur drinnen: jeweils Bauflächen im Ausmaß von ungefähr 3 km². Auf diesen Quadratkilometern könnte man schon einige Wohnungen errichten, da könnte man einiges tun. Warum es zu dieser Hortung von Bauland kommt, ist für mich nicht nachvollziehbar.

 

Da man es nicht schafft, diese baureifen Grundstücke zur Verfügung zu stellen, versucht man es jetzt mit einer sehr dirigistischen Maßnahme, über die wir ja dann ein bisschen später bei der Novelle zur Bauordnung noch reden werden.

 

Man könnte natürlich auch viel mehr Wohnungen im Gemeindebau anbieten. Nachverdichtungsmöglichkeiten gibt es dort ganz große. Dazu gibt es eine für die SPÖ ganz unverdächtige Studie, nämlich von der Arbeiterkammer. Die sagt uns doch tatsächlich, dass wir im Gemeindebau durch Nachverdichtung 130.000 zusätzliche Gemeindewohnungen errichten könnten. Dazu braucht es keine besonderen Widmungen, dazu braucht es keine besonderen Ankäufe von Privaten, das könnte man ganz schnell durchführen. Es ist für uns nicht erklärbar, warum das nicht passiert. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und was natürlich in dieser Stadt, ideologisch begründet, ein stiefmütterliches Dasein führt, ist das Thema Eigentum. Wir werden jetzt bei der Bauordnungsnovelle wieder erleben, dass eigentumsfeindliche Normen geschaffen werden, und das hat natürlich Auswirkungen auf den Wohlstand in dieser Stadt. In der politischen Debatte kommt das Wort Wohlstand immer weniger vor. Es ist von Rot-Grün nicht wirklich gewollt, dass diese Debatte geführt wird. (Ironische Heiterkeit bei Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher.) Dabei gehört es natürlich zur Kernaufgabe, dafür zu sorgen, dass Wohlstand in dieser Stadt möglich ist. (Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies und Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Wohlstand für alle!) - Das ist ganz meine Meinung, Herr Kollege: Wohlstand für alle! Das ist auch unser Ziel (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Ihr wollt Wohlstand für einen kleinen …), das sollten wir versuchen zu erreichen. Nur: Sie scheitern bei diesem Versuch, Sie scheitern leider Gottes! (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenrufe bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Es gibt seit vielen Jahren einen Wohlstandsbericht der Stadt Wien zu diesem Thema - den haben Sie sich anscheinend nicht angeschaut -, und es gibt ganz aktuell einen OECD-Bericht zum Thema Wohlstand in Wien. Darin muss man lesen, dass Wien im internationalen Vergleich mit anderen Metropolen abgerutscht ist und nunmehr nur noch den 104. Platz belegt. Das ist natürlich eine äußerst traurige Sache, denn es liegt nicht so sehr am Einkommen. Die Einkommenssituation wäre schon in Ordnung, aber die Vermögenssituation und damit die Wohlstandssituation ist international gesehen eine schlechte. Sie ist auch national gesehen eine sehr schlechte. Dazu empfehle ich Ihnen eine Studie oder einen Bericht, der noch viel näherliegend ist als der OECD-Bericht, nämlich den Reichtumsbericht der Sonja Wehsely. Er ist jetzt schon einige Jahre, vielleicht zehn Jahre alt, und er sagt uns, dass die Wiener zu den ärmsten Österreichern gehören (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Aber zufällig am meisten Einkommen haben und die meiste Wertschöpfung!) und in anderen Bundesländern der Wohlstand viel stärker ausgeprägt ist.

 

Herr Kollege Stürzenbecher, ich habe es ohnedies schon gesagt: Was das monatliche Einkommen betrifft, so brauchen wir uns als Wiener Gott sei Dank nicht zu verstecken, das Einkommen wäre schon in Ordnung. Aber wie sieht es mit dem Vermögensaufbau aus? - Mit dem Vermögensaufbau sieht es ganz schlecht aus, da liegen wir ganz hinten. Und dieser Reichtumsbericht der Stadt Wien, der Sonja Wehsely, sagt uns auch, warum: Weil es in Wien nicht gelingt, dass ausreichend Personen auch im Eigentum leben. Denn das ist der einzige wirkliche Vermögensfaktor, der bei durchschnittlichen Verdienern eine Rolle spielt: Wohnt man im Eigenheim, in der Eigentumswohnung, dann kann diese vererbt werden, schafft eine Unabhängigkeit und schafft auch Wohlstand.

 

Das müssen wir, glaube ich, schon ernst nehmen, das sollten wir wieder in die politische Debatte einfließen lassen. Und dann sollten Sie sich schon fragen, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien: Wenn das so sinnvoll und notwendig wäre und auch nachgefragt ist - die Eigentumswohnung wird ja nachgefragt -, ja, warum bieten Sie sie in dieser Stadt nicht an? Warum sind wir das einzige Bundesland, wo im geförderten Wohnbau nur geförderte Mietwohnungen, aber keine geförderten Eigentumswohnungen angeboten werden? Das ist ja auch ein Grund, warum es zur Abwanderung von Wienern in die Bundesländer kommt: Weil es im Speckgürtel, in Niederösterreich, aber auch in anderen Bundesländern diese geförderten Eigentumswohnungen gibt und weil es die Möglichkeit ist, zur privaten Vermögensbildung zu kommen, die ja sonst fast nicht möglich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich ersuche daher dringend, wieder zurückzukommen zu einem geförderten Wohnbau, den es in der Vergangenheit gegeben hat. Wenn Sie mit offenen Augen durch diese Stadt gehen, dann sehen Sie immer wieder auf Eigentumsbauten der 50er oder 60er Jahre, wenn Sie genau schauen, diesen Bienenkorb. Dieser Bienenkorb und diese Bienen, die da ein und aus fliegen, sind das Zeichen für die Eigentumsbauten der 50er und 60er Jahre, und es soll zum Ausdruck bringen, dass auch viele Kleine, die sich fleißig mühen und redlich bemühen, zu Eigentum gelangen können, dass Vermögensaufbau in privater Hand möglich ist.

 

Der Wohnungsbewerber hat nach 30 Jahren für die geförderte Eigentumswohnung genauso viel bezahlt wie für die geförderte Mietwohnung - wir haben die Beispiele schon öfter dargestellt. Man muss bei der geförderten Eigentumswohnung am Anfang ein bisschen mehr zahlen, das ändert sich dann aber im Laufe der Jahre und Jahrzehnte. Nach 30 Jahren hat man gleich viel bezahlt,

 

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