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Landtag, 21. Sitzung vom 23.11.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 95 von 99

 

Abg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS)|: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Wir werden diesem Gesetzesvorschlag nicht zustimmen können, und ich möchte auch erklären, warum. Vor allem geht es uns um ein Thema, das wir in einer zukünftigen Gesundheitsversorgung als ganz wesentlich sehen, nämlich die Primärversorgungseinheiten.

 

Hier in diesem Gesetz werden natürlich die Regelungen in der Form übernommen, wie sie auch im Primärversorgungseinheitengesetz formuliert sind. Hier wird vor allem im § 6b Bezug auf die Sonderbestimmungen für Primärversorgungseinheiten in Form von selbstständigen Ambulatorien genommen.

 

Ich möchte Ihnen kurz erklären, warum wir dem nicht zustimmen können, warum wir auch dem Primärversorgungseinheitengesetz auf Bundesebene nicht zugestimmt haben. Wir glauben, es geht um das Thema der Primärversorgung als Prinzip, aber nicht um die Organisationseinheit. Wir haben das schon auf Bundesebene kritisiert, denn wie die Ausprägung der Organisationsformen ist, sollte letztendlich eigentlich offen sein, ob das Gruppenpraxen sind, ob das eine Zusammenstellung von Ärzten, Pflegepersonal, ErnährungsberaterInnen, et cetera ist, wie das auszugestalten ist, sollte eigentlich offen bleiben. In der Form haben wir ein bisschen das Gefühl, es geht in Richtung Staatsmedizin. Das ist etwas, was wir eigentlich nicht haben wollen, sondern das, was ganz wichtig ist, ist das freie Berufsbild des Arztes.

 

Ein zweiter Aspekt, warum wir dem Gesetz auf Bundesebene nicht zustimmen konnten, und hier werden letztendlich die Prinzipien ja übernommen, ist, dass nicht die Möglichkeit besteht, dass Ärzte Ärzte anstellen können. Das ist insofern besonders wichtig, da ja die Medizin auch weiblicher wird, das heißt, letztendlich auch diese Vertretungsmöglichkeit zu haben, ist für uns ein sehr wichtiger Punkt in der Primärversorgung.

 

Ein dritter Punkt für uns ist das, was hier im RSG abgebildet ist, und auf das wird ja auch hier Bezug genommen, denn der § 6b gilt ja nur dann, wenn eine Primärversorgungseinheit im RSG abgebildet wird. Ich sage einmal zwei Aspekte.

 

Der eine Aspekt: Ich glaube nicht, dass in der kurzen Zeit bis zum Jahr 2021 25 Primärversorgungszentren nach diesem Prinzip errichtet werden können. Warum nicht? - Weil es nach wie vor eine letztendlich zu differenzierte Leistungshonorierung der Kataloge gibt und letztendlich auch die Leistungsabrechnung nicht adäquat ist. Das heißt, das Interesse, und das sehen wir ja, eine Kassenarztstelle zu übernehmen, sinkt. Es gehen sehr viel mehr in die Wahlarztordinationen, Privatärzte, und das heißt, ich halte das in der Form für kaum durchführbar. Das ist die eine Seite.

 

Auf der anderen Seite muss man sagen, dass eigentlich die Zahl viel zu wenig ist, um das zu ermöglichen, was wir tatsächlich brauchen, nämlich die Spitalsambulanzen zu entlasten. Das ist nämlich eines der größten Einsparpotenziale, das wir haben. Wenn wir gerade diese Woche auch im Gemeinderat über das Budget gesprochen haben, dann liegt dort ein wesentlicher Hebel der Einsparung, ein wesentlicher Hebel einer wohnortnahen Versorgung, das heißt, auch einer besseren Medizin.

 

Das sind alles Gründe, warum wir sagen, eigentlich werden die Primärversorgungseinheiten, wie sie im Gesetz vorgeschrieben sind, so nicht funktionieren können. Man sieht das ja auch in der Praxis. Man sieht das daran, dass zum Beispiel das Land, auch das Land Wien, am Beispiel Primärversorgungseinheit Mariahilf oder jetzt auch in der Donaustadt, ja Geld zuschießen muss. Sie müssen es zuschießen, weil es sonst nicht möglich wäre, längere Öffnungszeiten zu haben. Wir müssen es zuschießen, weil es sonst nicht möglich wäre, auch am Wochenende offen zu haben, weil es einfach nicht eine entsprechende Abgeltung gibt, die notwendig wäre. Wir sagen, lösen wir zuerst das Problem an der Wurzel, das heißt, eine Anpassung der Leistungen, eine Anpassung der Honorare und der Tarife, und erst dann diskutieren wir, wie eine solche Organisationsform aussieht.

 

Wir wollen hier eigentlich vielfältige Formen, und vielfältige Formen heißt, auch Gruppenpraxen sollten die Möglichkeit haben, denn in der jetzigen Form führt es dazu, dass die Primärversorgungseinheiten gegenüber den Gruppenpraxen massiv bevorzugt werden. Das ist ein erheblicher Nachteil für den freien Beruf des Arztes, und das ist der Grund, warum wir dieses Gesetz auch ablehnen müssen. - Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Dr. Koderhold. Bitte, Herr Abgeordneter.

 

19.27.34

Abg. Dr. Günter Koderhold (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Eine Gesetzesnovellierung ist ja oft ein Zeichen, dass irgendetwas nicht funktioniert, dass es irgendwo einen Defekt gibt oder dass in einem Bereich ein völlig neuer Weg beschritten werden muss, nicht kann, sondern muss.

 

Der Hauptpunkt dieser Novellierung und auch der Punkt, warum wir das ablehnen. ist der § 5 des KAG, der sich mit der Errichtung von selbstständigen Ambulatorien beschäftigt, und vor allem hier der Bereich des Abs. 9. Hier steht: Die Errichtungsbewilligung für ein selbstständiges Ambulatorium, dessen Rechtsträger ein Krankenversicherungsträger ist, das heißt, das ist ein Krankenkassenambulatorium, wie wir es jetzt schon haben und wo wir jetzt schon wissen, dass die Performance weit unter dem einer Ordination oder einer Gruppenpraxis liegt. Diese Errichtungsbewilligung ist unter bestimmten Voraussetzungen - das ist noch der alte Text - zu genehmigen. Was jetzt neu dazukommt - und das sind zwar dürre Worte, aber sehr nachhaltige Worte -, ist: Dies ist jedenfalls dann der Fall - das ist der Punkt, der dazukommt -, wenn ein Auswahlverfahren für Primärversorgungseinheiten zu keinem positiven Abschluss geführt hat.

 

Das impliziert natürlich zwei sehr schwerwiegende Tatsachen. Das eine ist, dass als Hintergrund hinter dieser Novellierung das Eingeständnis steht, dass die

 

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