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Landtag, 11. Sitzung vom 20.10.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 32

 

holen können, da ich in Asien war. Ich hatte also keine Chance, gültig zu wählen.“

 

Und so weiter, und so fort. Über 40 Personen haben uns ihre Erlebnisse geschrieben. Ich möchte jetzt einen Fall noch kurz darstellen, weil er auch exemplarisch dafür ist, zu zeigen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirklich alles getan haben. (Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Also was jetzt?) Es geht um einen Leopoldstädter, der auch im europäischen Ausland war und am 9. September 2016 seine Wahlkarte in dieses europäische Ausland zugeschickt bekommen hat. Die Wahlkarte war aber unverwendbar. Sie hatte jenen Fehler, der bereits seit mindestens zehn Tagen bekannt war, eine defekte Klebestelle. Frage: Wieso hat man, obwohl das schon bekannt war, immer noch solche Wahlkarten ausgeschickt? - Das ist etwas, das zu klären ist.

 

Er schreibt: „Am Samstag meldete ich dies beim Bezirksamt per E-Mail. Am Montag wurde ich per E-Mail aufgefordert, die Wahlkarte per …“ - Das geht dann hin und her, ob das jetzt der Postdienstleister in diesem europäischen Ausland ist oder der in Österreich; man hat sich dann darauf geeinigt, dass das der aus Österreich durchführt, weil das offensichtlich mit dem im europäischen Ausland nicht gemacht wird, aber auf jeden Fall übernahm dieser Postdienstleister Wien die Organisation, und es wurde bestätigt, dass die Kosten übernommen werden.

 

Er schreibt weiter: „Am Dienstagnachmittag kam der Bote und übernahm die defekte Wahlkarte. Er fuhr einen modernen Klein-LKW für eine Zuladung von zirka zwei Tonnen, klimatisiert und mit Schlafkabine. Nur mit dieser defekten Wahlkarte fuhr er dann nach Wien, kam gegen 22 Uhr an, schlief im Lieferwagen, ging zum Magistratischen Bezirksamt, nahm die gültige Wahlkarte entgegen und fuhr wieder zurück in dieses europäische Ausland. Er war am Abend wieder da und übernachtete dann wieder in der Schlafkabine. Ich wählte. Er sagte mir, er hätte keinen Auftrag, jetzt wieder die Wahlkarte zurückzuführen. Es gab dann am nächsten Tag einen Telefon- und E-Mail-Verkehr. Jedenfalls meldete sich gegen Mittag der Bote wieder und sagte: ‚Same procedure as last time.‘ Ich frage ihn erneut so auf die Schnelle, was er jetzt noch nach Wien transportiere, und die Antwort war: nichts; also wiederum nur die Wahlkarte. Nur die Wahlkarte mit einem Klein-LKW, der bis zu zwei Tonnen transportieren kann und klimatisiert ist.“

 

Es geht hier um Kosten, keine Frage, aber es zeigt schon, dass wirklich alles gemacht wurde, dass sogar Klein-LKWs ins europäische Ausland geschickt wurden, die dann mit nur einer Wahlkarte hin- und herfuhren. (Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Also was jetzt? Wurde alles gemacht oder nicht?) Das heißt, und das habe ich auch gesagt, dass wirklich sehr viel unternommen wurde (Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: War’s ein Service oder keine Service?), und mein Dank gebührt wirklich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Trotzdem müssen Sie sich in die Schuhe dieser Person stellen, die versteht ja die Welt nicht mehr. Ich meine, das ist ja einem Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaat nicht gerade zuträglich. (Beifall bei den NEOS.)

 

Wir haben ein Bürgerforum veranstaltet, weil wir auch gesehen haben, dass es hierbei um mehr geht, nämlich tatsächlich um das Vertrauen in die Demokratie. Wir haben bei diesem Bürgerforum nicht nur die Frage, Anfechtung ja oder nein, was ist da passiert?, debattiert, sondern ganz generell: Was muss auch die Politik leisten, was muss Demokratie leisten, um wieder näher an den Bürgern dran zu sein? Wie müssen wir Wahlordnungen schnitzen, sodass wirklich alle Wähler, die wollen, wählen gehen können, aber gleichzeitig trotzdem das Vertrauen da ist?

 

Ich möchte auch an dieser Stelle sagen: Nie und zu keinem Zeitpunkt habe ich von irgendwelchen Manipulationen oder sonst was gesprochen. Das würde mir auch nicht im Traum einfallen. Das machen jene Fraktionen oder vor allem jene Fraktion, die kontinuierlich das Vertrauen in Institutionen unterminiert. Das habe ich nicht getan und werde ich auch nicht tun. Mir geht es aber tatsächlich um die politische Entscheidung in dieser Frage, nämlich die politische Entscheidung, diese Wahl durchzuziehen. (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Das ist doch eine Rechtsfrage und keine politische Frage!) Und es geht mir um die Frage, wie wir jetzt und in der Zukunft das Vertrauen in die Demokratie stärken können. Und ja, wir haben uns dazu entschlossen, nicht anzufechten, weil neben der juristischen Frage eine politische Abwägung meiner Meinung nach zu treffen ist, nämlich tatsächlich: Was nutzt der Demokratie in dem Fall mehr? Was hilft dem Vertrauen in die Demokratie mehr? - Ich habe diese Entscheidung getroffen, wir haben unsere Entscheidung getroffen. Wir haben es auch mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutiert. Es wurde jetzt angefochten, man wird sehen, was rauskommt, aber das ist eine Entscheidung, die jeder abwägen muss. Politische Entscheidungen, das ist mir schon klar, sind immer Abwägungssache. (Abg. Armin Blind: Das ist aber keine politische Frage, das ist eine Rechtsfrage!) - Die Rechtsfrage muss man zuerst klären, ja. Aber ich finde es wunderbar, belehren Sie mich bitte vom Rednerpult aus! Ich habe das wirklich irgendwie satt, immer dieses Mansplaining von dieser Bank da drüben.

 

Ich habe letztlich eine Entscheidung getroffen, und ich habe es Ihnen noch einmal gesagt, es geht mir tatsächlich um das Vertrauen in die Demokratie an sich. Und da müssten heutzutage alle Alarmglocken läuten. Die Briefwahl wird in Frage gestellt, vor allem von Ihnen. Ich kann Ihnen berichten, das ist etwas, das nicht von den Bürgerinnen und Bürgern gemacht wird, die haben sich bei uns im Bürgerforum ganz klar für die Möglichkeit, mittels Wahlkarte oder Briefwahl zu wählen, ausgesprochen. Also da dauernd das Vertrauen zu unterminieren, halte ich einfach für falsch. (Abg. Dominik Nepp: Dann verschieben wir jedes Mal, bis es passt!) Man muss Gesetze machen, die auch halten und die praktikabel sind. Da bin ich ja auch ganz der Meinung des Verfassungsgerichtshofes, der das ja, glaube ich, sehr deutlich gesagt hat.

 

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