«  1  »

 

Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 193 von 251

 

Jahren mit diesen Containern umgehen, wenn die Zeit um ist.

 

Wissen Sie, es gibt für so eine Geschichte sogar einen Effekt der danach benannt ist, und der nennt sich der sogenannte „Baracken-Effekt“. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Geschichte heute im Laufe des Abends schon Mal vorgekommen ist; wenn nicht, darf ich sie Ihnen gerne ganz kurz schildern. Baracken-Effekt, das ist ein Terminus technicus. Das ist ein Wort, das es tatsächlich gibt, zwar nicht mit Legaldefinition, aber im Bereich der Technik. Der Baracken-Effekt - googeln Sie das einmal, es ist wirklich lustig - beschreibt genau das, was wir hier befürchten, nämlich, ich zitiere wörtlich, in diesem Fall aus Wikipedia: „Unter dem Baracken-Effekt versteht man die Beobachtung, dass Provisorien meist länger in Betrieb bleiben, als zunächst geplant.“ - Moment jetzt kommt es. Es geht nämlich noch weiter. Was nämlich ist die Folge des Ganzen? Und es geht weiter in Wikipedia: „Daher“ - Nämlich weil sie meist länger bestehen bleiben als geplant. - „werden sie“ - nämlich die Provisorien - „bald zur Regel, können dann nicht mehr abgelöst werden und werden so zu Altlasten.“

 

Das ist der sogenannte Baracken-Effekt. Das ist ein Umstand - wenn Sie Wikipedia googeln -, den es tatsächlich gibt. Baracken-Effekt bedeutet: Bei Provisorien wird leider in der Praxis sehr oft beobachtet, dass sie irgendwann auf Dauer bestehen bleiben, weil man sich ohnehin daran gewöhnt hat und weil man auch gar keine andere Lösung hat; oder weil man vielleicht dadurch, dass ein Provisorium besteht, das eigentliche Problem aus den Augen verloren hat und daher gar nicht auf die Idee kommt, dass das ursprüngliche Problem überhaupt noch besteht.

 

Wenn solche Baracken oder solche Container in Wirklichkeit auch nur 1 oder 2 Jahre stehen, sind die schon in einem haarsträubenden Zustand, aber wenn die 15 Jahre stehen - das Ding ist nicht zum Anschauen und nicht zum Nutzen! Nur was macht man dann damit? Vor allem: Was macht man mit 1.000 Containern, die dann herumstehen? Denn wenn wir wirklich 140.000 Menschen auf diese Art und Weise unterbringen wollen - und wenn nicht auf diese Art und Weise, dann werden Sie mir noch nachher erklären müssen, wie Sie es sonst machen wollen, damit wir jetzt nicht nur von den Containern sprechen, vielleicht haben Sie irgendeine zufällige neue Lösung außer jener, diese Zuwanderung massiv zu begrenzen -, dann haben wir diese Altlasten schon bald auch in dieser Stadt. 15 Jahre, die das Ding bestehen soll, das ist definitiv nicht vorübergehend.

 

Ja, das ist auch die Nacht der 100 Unwahrheiten. Wenn ich mir nämlich jene Unwahrheiten anschaue, die ich gestern noch in „Wien heute“ gleich am Beginn dieser Debatte mir ansehen musste, wo direkt darüber berichtet worden ist, was Sie, meine werten Damen und Herren von Rot und Grün, hier gesagt haben. Ich habe dann noch einmal nachgeschaut. Es ist tatsächlich das, was Sie inhaltlich gesagt haben, ich habe nämlich hier sämtliche vorläufigen unkorrigierten Redeexemplare aller Ihrer Reden mir ausdrucken lassen, und es zieht sich wie ein roter Faden tatsächlich durch. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Rot-grüner Faden!) - Danke, richtig, so muss man es sagen. Es zieht sich wie ein rot-grüner Faden hier durch, nämlich die schlichtweg unwahre Behauptung, dass die Nachbarrechte nicht berührt würden, dass es hier immer nur um diese aufschiebende Wirkung geht.

 

Das ist der rote Faden, der sich hier permanent durch die Berichterstattung zieht. Und bitte, da kann man nicht denen einen Vorwurf machen, die darüber berichten. Das verstehe ich vollkommen, ein Journalist ist natürlich verpflichtet, objektiv vorzugehen; und er ist natürlich verpflichtet, im Rahmen des objektiven Vorgehens es eben so gut wie möglich zu schreiben, wie er es halt versteht. Ein Journalist muss kein Verfassungsjurist sein, das ist vollkommen klar. Daher wägt er ab zwischen dem, was er von uns hört, und dem, was er von Ihnen hört.

 

Bloß, bei der Geschichte mit den Nachbarrechten, wo Sie behaupten, die werden nicht eingeschränkt, muss ich Ihnen sagen, das stimmt schon allein deshalb nicht, weil es schlichtweg wortwörtlich im Gesetz drinnensteht. Das heißt, da gibt es gar nichts zu deuteln und zu deuten, sondern hier können wir schlicht und einfach eins zu eins aus dem Gesetzestext herauslesen, nämlich wenn es hier heißt, im Abs. 4: „Für die Bauvorhaben nach Abs. 3 kann die Behörde“ - Es ist keine Muss-Bestimmung. - „im Bescheid auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes“ - nämlich der Bauordnung - „verzichten“. Aber, ich lese wortwörtlich: „Die Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte steht der Bewilligung nicht entgegen;“ - Das heißt nichts anderes als: Es ist völlig wurscht, ob die Nachbarrechte hier entsprechend gebrochen werden.

 

Fairerweise - ich verkürze es nicht falsch, so wie Sie es gemacht haben - lese ich dann den Satz weiter: „es darf jedoch“ - Und das ist die Ausnahme, von der ich immer geredet habe und die ich Ihnen gerne zugestehe. - „die Bebaubarkeit von Nachbargrundflächen nicht vermindert werden,“ - Diese Ausnahme steht drin, jawohl. Das ist das einzige Nachbarrecht, das gilt in den ersten fünf Jahren, aber alle anderen Nachbarrechte gelten nicht. Und wenn Sie in den § 134a der Wiener Bauordnung hineinschauen, wo die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte drinnenstehen, dann ist es ein ganzer Katalog, der da drinnen aufgezählt wird. Keine Sorge, ich lese Ihnen jetzt nicht den Katalog vor (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: So lang ist der nicht!), ich schlage das nur auf, um zu sagen, wie viele Punkte das überhaupt sind im § 134a. Es gibt hier insgesamt sechs Punkte allein im Abs. 1, die taxativ aufgezählt sind. Und bloß einer davon, nämlich die Bebaubarkeit der Nachbargrundstücke, dieser eine Grund ist auch während der ersten fünf Jahre möglich, wenn auch mit aufschiebender Wirkung. Alle anderen Nachbarrechte, die gesamten Nachbarrechte, nicht die aufschiebende Wirkung, sondern die gesamten Nachbarrechte, gelten fünf Jahre lang nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Herr Kollege Stürzenbecher! Wenn Sie richtigerweise in diesem Fall von der Nacht der 100 Unwahrheiten sprechen, wollen wir gleich einmal mit Ihren anfangen und feststellen, ob es 100 waren. (Abg. Dr. Kurt Stürzen

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular