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Landtag, 36. Sitzung vom 15.01.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 26

 

Ich lese Ihnen jetzt nicht das Ganze vor, weil ich Ihnen eigentlich den Genuss nicht nehmen möchte, indem ich es verkürzt vorlese. Es ist, klein geschrieben, eine ganze A4-Seite. Lesen Sie sich das durch! Das ist wirklich lustig, es liest sich wie ein Nikowitz! Aber das ist halt Fakt und leider ernst.

 

Nun zurück zu den Verzerrungen: In Wien haben wir beim Wahlrecht dadurch eine Verzerrung, dass 350 000 Leute nicht wählen dürfen. Solange man seitens einer Partei zu uns, zu den Grünen, sagt, dass sie die Meinung vertreten, dass diese 350 000 Menschen nicht wählen sollen, sind sie nicht erster Ansprechpartner in demokratiepolitischen Fragen. Punkt. (Abg Armin Blind: Das steht in der Bundesverfassung.)

 

Der erste Ansprechpartner in dieser Frage ist – das habe ich hier auch schon ein Dutzend Mal gesagt – die Sozialdemokratie, mit der wir uns in dieser entscheidendsten Frage einig sind. Für die Grünen gibt es viele Punkte, im Hinblick auf welche unserer Meinung nach das Wahlrecht besser gemacht werden kann, aber das ist der Schlüsselpunkt und der allerwichtigste Punkt, und diesbezüglich werden wir uns mit Ihnen nie einig, also sind Sie in diesem Spiel Demokratie beziehungsweise in demokratiepolitischen Fragen außen vor! Punkt. Fertig. Wir überlegen uns indessen ständig, wie man das Wahlrecht in Wien besser hinkriegt. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Dann ändern Sie die Bundesverfassung!)

 

Das zweite verzerrende Element, über das nicht alle reden, ist die 5-Prozent-Hürde. Über diese redet niemand mehr, wir auch nicht. Eine 5-Prozent-Hürde schließt allerdings auch einige aus. Das ist bei uns jedoch keine Parteilinie. Meines ist tatsächlich das holländische Prinzip: 100 Mandate, 1 Prozent, das reicht. – Aber tatsächlich ist diese Hürde ebenfalls ein verzerrendes Element.

 

Und das dritte Element, worüber alle die ganze Zeit gern reden, ist das Prinzip plus eins. Das ist jetzt ein offenes Buch: Als man uns gefragt hat, wie wir das gemeinsam lösen können, weil der erste Ansprechpartner in dieser Frage natürlich innerhalb der Koalition zu suchen ist, haben wir einen Vorschlag unterbreitet, und darüber diskutieren wir. Deswegen werden wir heute auch alle Hoffnungen, die Sie in dieser Frage in uns gesetzt haben, ganz sicher nicht erfüllen können! Darum geht es uns auch nicht.

 

Bei uns löst ihr immer ein bisschen Lachen aus, wenn ihr etwas sagt, was fast so klingt, wie dass man satisfaktionsfähig sein muss! (Abg Mag Wolfgang Jung: Handschlagfähig genügt!) Das ist uns halt ziemlich wurscht beziehungsweise könnte ich „ziemlich“ auch weglassen! Ihre Vorstellung davon, wie wir das machen sollen, macht dort drüben halt verflucht wenig Eindruck! (Zwischenruf von Abg Mag Dietbert Kowarik.) Allerdings muss man umgekehrt wohl auch zugeben, dass es vermutlich bei Ihnen nicht anders ist: Ihnen ist unsere Meinung ja auch nicht wichtig, das haben wir ja eindeutig hier festgestellt. – Wieso wir also in demokratiepolitischen Fragen mit der FPÖ gemeinsame Sache machen sollten, erschließt sich mir nicht!

 

Darüber haben wir schon ein paar Mal gesprochen. Ich sage es heute anhand dessen, wie es insgesamt steht. Das wurde letztens fürs Protokoll auch schon genau in Zahlen ausgedrückt. Das gegenwärtige Prinzip der Stimmenverteilung und der Mandate nutzt momentan den Größeren, nämlich der SPÖ und den Freiheitlichen – das ist derzeit nun einmal so – und schadet den Kleinen beziehungsweise den Mittleren. Momentan wiegen 127 grüne Stimmen gleich viel wie 100 Stimmen für die SPÖ.

 

Oder – und das wird bei uns parteiintern nicht gern gehört –: 119 FPÖ-Stimmen wiegen gleich viel wie 100 grüne Stimmen. So ist es momentan! (Abg Mag Wolfgang Jung: Und trotzdem sind wir für eine Demokratisierung des Wahlrechts!)

 

Bei uns versteht natürlich keiner, warum sechs Grüne gleich viel wert sein sollen wie fünf FPÖler, die sich irgendwo in irgendeinem Keller einem Stelldichein hingeben. (Abg Mag Wolfgang Jung: Sie trauen sich nicht, Sie kneifen!)

 

Daher erhebt sich für uns die Frage: Wann werden wir das angehen? Die Wahlen finden heuer statt, und zwar spätestens am 4. Oktober. Wahnsinnig viele Landtage sind bis dahin nicht mehr vorgesehen, nämlich nur mehr einer im Jänner, einer im März und einer im Juni. Diese drei Termine bieten sich noch an, an denen wir zu einem allfälligen Ergebnis bis zur Wahl kommen können.

 

Zu der Behauptung, dass das Wahlrecht von 1996 bis 2001 geändert und verbessert wurde: Das stimmt nicht! 1996 bis 2001 ist gar nichts geschehen, einfach gar nichts! Sie haben sich nicht einmal einen Millimeter bewegt. Wir wissen auch, wie Koalitionsverhandlungen laufen! Sie haben ja auch nicht gesagt, dass sich etwas ändern soll! (Zwischenruf von Abg Dr Wolfgang Ulm.) Das war Ihnen halt wurscht! (Zwischenruf von Abg Mag Dietbert Kowarik.)

 

Die nächste Angelegenheit, die man sehr wohl gemeinsam lösen könnte, ist die Frage der nichtamtsführenden Stadträte, die Herr Gudenus hier mit solcher Verve verteidigt und als so wichtig bezeichnet. – Auch als die Grünen in Opposition waren und die Position von nichtamtsführenden Stadträten besetzt haben – ich war zum Beispiel einer! –, haben wir die Position vertreten, dass dieses Amt abgeschafft werden soll. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Wir auch!) Wobei ich hinzufüge, dass natürlich sichergestellt werden muss, dass die Möglichkeit nicht einfach verloren gehen darf, Informationen zu bekommen, die bis jetzt nur ein nichtamtsführender Stadtrat erhält. Es wissen aber alle, dass das leicht möglich ist. (Zwischenruf von Abg Dr Wolfgang Ulm.) Das kann Herr Ulm schnell zusammenschreiben, denn so groß ist der Unterschied an Zugangsmöglichkeiten zwischen einem Gemeinderat und einem Stadtrat nicht! Aber selbstverständlich müssen alle Informationsmöglichkeiten sichergestellt werden, das haben wir immer gesagt, und dann schaffen wir dieses Amt ab.

 

Leider brauchen wir dafür eine Zweidrittelmehrheit auf Bundesebene. Aber wenn die Volkspartei sagen würde, dass das geschehen und der Proporz quer durch Österreich abgeschafft werden soll – den wir ja trotzdem hier haben und der in einer Legislaturperiode ein paar Millionen Euro kostet –, dann könnten wir das ja gemein

 

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