«  1  »

 

Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 85

 

gewöhnlich verschärft, wie man zu einer Staatsbürgerschaft kommt. Österreich hat nicht nur strenge Asylgesetze, Österreich hat strenge Gesetze, was das Erlangen der Staatsbürgerschaft betrifft. Das führt dazu, dass alle, die damit beschäftigt sind, alle Beamten/Beamtinnen sich ständig auf neue Regeln einstellen müssen, dass Verfahren, während sie laufen, neuen Gesetzen unterworfen sind. Das führt dann im Fachdeutsch zu einem Verfahrensstillstand. Wer es genauer durchliest, da kommt es dann zu einem Verfahrensstillstand bei Verfahren, die von Gesetzes wegen in drei Monaten abgewickelt werden sollen, aber nicht nur in drei Monaten nicht fertig sind, sondern Verfahrensstillstand einmal von 28 Monaten, einmal 27, einmal 24. Es sind sehr viele Einzelfälle in Bezug auf die Staatsbürgerschaftsverfahren aufgezählt, 83 Fälle betreffend die MA 35 im aktuellen Bericht.

 

Man muss sich einmal vorstellen, was so ein Verfahrensstillstand für die Person bedeutet, die dieses Verfahren angestrengt hat. Du gibst deine Anträge ab und es kommt kein Ja und kein Nein, sondern es kommt gar nichts, ein Jahr, zwei Jahre, ein bisschen länger als zwei Jahre. Jetzt hat die MA 35 viele Verbesserungen und viele Anstrengungen unternommen. Es wurden neue Dienstposten geschaffen. Es sind mehr Leute dort als vorher. Es ist umstrukturiert worden. Aber wir sehen gemeinsam, dass wir in Wien in Bezug auf die Staatsbürgerschaftsverfahren noch mehr machen müssen. Es werden auch nicht weniger. Es wäre natürlich dringend notwendig, dass wir neue Gesetze haben, die eine Beschleunigung schon deswegen logisch erscheinen lassen würden, weil die Verfahren dann einfacher abzuwickeln sind. Jetzt ist es sehr schwierig, und es dauert wahnsinnig lang. Auch wenn einzelne Parteien der Meinung sind, es soll schwer sein, eingebürgert zu werden, kann wohl niemandem zugemutet werden und niemand dafür sein, dass so ein Verfahren zwischendurch zwei Jahre ruht. Das gilt für jegliches Verfahren. Niemand will, dass er bei einer Behörde zwei Jahre lang gar nichts erfährt.

 

Worauf ich kurz eingehen muss, ist - die Diskussion rund um die Mindestsicherung wird meine Kollegin Birgit Hebein aufgreifen - immer wieder die Diskussion darüber, wie hoch die Löhne sind. Immer wenn man sagt, die Löhne sind niedriger, als Antworten zu haben, dann werden Sozialleistungen zusammengeschnitten. Das ist schon eine Brutalität, der eigentlich bei jeder Wortmeldung hier zumindest von roter und grüner Seite widersprochen werden muss. Lesen Sie einfach den Einkommensbericht der Statistik Austria, der eh jedes Jahr erscheint. Wir haben es jetzt seit Jahrzehnten damit zu tun, dass die unteren Einkommen in Österreich verlieren. Das sind diejenigen, die nachher auf Sozialleistungen angewiesen sind. Es sind ja nicht die oberen Einkommen. Also, wenn unsere Einkommen nicht steigen, macht das keinen Unterschied für das Sozialsystem, weil niemand von uns dort zusätzlich etwas bekommt. Die untersten 10 Prozent in diesem Land haben die letzten fast 20 Jahre, seit 1998, ein ganzes Drittel ihres bescheidenen Gehaltes verloren. Und jetzt diskutieren wir darüber, ob wir irgendjemandem, der auch in der Größenordnung unterwegs ist, noch etwas wegnehmen. Das ist eine beschämende Diskussion, die bei dem Tagesordnungspunkt kommt, bei einem anderen Tagesordnungspunkt heute wieder und die ganze Diskussion in Österreich durchzieht, was geht und was nicht geht.

 

Noch einmal, wir haben das letzte Woche rund um die Budgetdebatte auch gehabt. In einem Land, in dem es Wirtschaftswachstum gibt, auch wenn es ein kleines ist, in dem der Kuchen immer größer wird, ist immer mehr zum Verteilen da, auch wenn sich viele Rahmenbedingungen ändern. Aber im Wesentlichen ist jedes Jahr mehr zum Verteilen da. Wir hatten nur zwei Mal kein Wirtschaftswachstum seit dem Krieg, einmal wegen der Ölkrise in den 70er Jahren und ein Mal während der Finanzkrise. Sonst war immer ein Plus davor. Es war immer mehr da. Wenn irgendjemand sagt, Vermögenssteuern, oben irgendetwas wegnehmen, vielleicht die Löhne ganz oben nicht davongaloppieren lassen, dann ist Pause in dem Land. Das geht alles nicht. Aber ständig muss man sich eine Neiddebatte in der anderen Richtung anhören, was irgendjemand unten verdienen darf und was irgendjemand an Sozialleistungen kriegt. Das ist in einem Land, das reich ist, und das ist Österreich, und in einer Stadt, die reich ist, und das ist Wien, und in einem Land, in dem es Wirtschaftswachstum gibt, eine echte Zumutung! Man muss sagen, leider ist es erfolgreich. Sie führen den Diskurs erfolgreich, dass wir uns nichts mehr leisten können. Und es steigt die Zahl der Millionäre in diesem Land jedes Jahr. Jedes Jahr mehr Millionäre, nicht weniger! Übrigens, während diese Einkommen unten zusammengeschnitten sind, sind die oberen schon über der Inflationsrate gestiegen. Ist schon logisch! Die oberen 10 Prozent sind gestiegen. Die unteren 10 Prozent sind gefallen. Unten sind noch mehr! Am schärfsten hat es die ganz unten getroffen. Das sage nicht ich, sondern das sagt die Statistik Austria. Völlig unverdächtig. Das Zahlenmaterial wird auch von niemandem angezweifelt. Das heißt, wir sind uns sogar einig, dass es so ist.

 

Die Antwort nachher ist, dass wir eine Neiddebatte gegen die führen, die zu wenig haben. Das finde ich sehr betrüblich, dass man das da ununterbrochen machen muss und dass man versuchen muss, dem zu widersprechen. Dass wir öffentlich den Diskurs im Moment verloren haben, gebe ich schon zu, aber wir werden nicht zuschauen, wie die FPÖ und die ÖVP und andere Zyniker und konservative Verteilungsfanatiker in die andere Richtung allen Menschen, die zu wenig haben, das Leben noch schwerer machen wollen! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Frühmesser. Ich bitte darum.

 

11.26.12

Abg. Lisa Frühmesser (FPÖ)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volksanwälte!

 

Im Namen der Freiheitlichen Fraktion möchte ich mich recht herzlich bei der Volksanwaltschaft und ihren Mitarbeitern für diesen aussagekräftigen Bericht bedanken! (Beifall bei der FPÖ.)

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular