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Landtag, 28. Sitzung vom 21.11.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 42

 

dass der verantwortliche jeweilige Stadtrat oder die Stadträtin zum Tätigwerden bei Geschäftsstücken gezwungen werden kann. Weshalb? – Da es, wenn es um das Tätigwerden bei Geschäftsstücken geht, ausdrücklich vorgesehen ist, dass die geforderte Tagesordnung bei dem Verlangen auf Sondersitzung anzugeben ist.

 

Wie Sie alle wissen, oder wissen sollten, ist es bei der Einberufung eines Sondergemeinderates nicht so. Hier ist es geradezu im Gegenteil gesetzlich geregelt, dass in einer Sondergemeinderatssitzung keine Geschäftsstücke behandelt werden können. Wenn ich nun behaupte, ich muss eine Ausschusssitzung, in der es um Geschäftsstücke geht, an den Gemeinderat angleichen, in dem es – (in Richtung Abg Godwin Schuster) Herr Präsident, das ist eigentlich die Geschäftsordnung, Sie müssten mir eigentlich zustimmen! – definitiv keine Behandlung von Geschäftsstücken geben darf, wie es sogar ausdrücklich geregelt ist, dann kann ich das aber nicht gleichschalten. Ich denke, soweit müsste Einigkeit herrschen, da es ausdrücklich im Gesetz steht. Und deshalb verstehe ich die Begründung mit der Gleichschaltung, Vereinheitlichung nicht.

 

Es gibt dann noch weitere rechtliche Details, die möchte ich hier gar nicht im Einzelnen ausbreiten. Ich sag nur eines: Liest man die unterschiedlichen Regelungen in den Geschäftsordnungen, kommt man darauf, dass es ganz einfach nicht vergleichbar ist. Dieser Ansatz ist falsch und rechtfertigt keinesfalls das Beschneiden von Minderheitenrechten.

 

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen die juristischen Details erspart. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Man sieht aus dem Gesetzesvorhaben, dass die Verfasser dieses Gesetzesvorhabens das sehr genau gewusst haben: Das Argument der Angleichung geht ins Leere, ist juristisch haltlos. Deswegen, meine Damen und Herren, haben die Verfasser dieses Gesetzesvorhabens in der Erläuterung des Punktes 1, der für den Abänderungsantrag antragsgegenständlich sein wird, das dann auch gar nicht mehr verwendet. Da haben Sie dann eine interessante Formulierung gefunden. Da formulieren Sie nämlich: „zur Gewährleistung einer effizienten und ökonomischen Arbeitsweise der Gemeinderatsausschüsse soll die Anzahl der Verlangen beschränkt werden.“

 

Meine Damen und Herren, daher weht der Wind. Ein verfassungsgesetzlich gewährtes Minderheitenrecht soll einer effizienten und ökonomischen Arbeitsweise der Mehrheit geopfert werden – ohne Not, ohne inhaltlich zwingende Rechtfertigung! Meine Damen und Herren, ich frage Sie hier an dieser Stelle im Landtag: Wo wird die Grenze sein? Welche Rechte werden der Minderheit bleiben, wenn die Rechte der Minderheit von der Regierungsmehrheit als Störung der Effizienz ihrer Machtausübung bezeichnet und kurzerhand beseitigt werden? (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich komme zum Ergebnis dieser Analyse, und das Ergebnis ist erschütternd. Die Gesetzesvorlage widerspricht in dem gegenständlichen Punkt, nämlich in diesem Punkt 1, in dem es um die Beschränkung der Minderheitenrechte geht, elementaren verfassungsrechtlichen und demokratischen Grundsätzen. Der Anlassfall kann ganz anders elegant, rechtskonform und in seriöser Weise dadurch gelöst werden, dass die Formulierung der einschlägigen Bestimmung der Wiener Stadtverfassung im Sinne des Abänderungsantrages, den ich überreichen werde, klargestellt wird:

 

Die LAbgen Mag Wolfgang Jung, Armin Blind, Gerhard Haslinger, Angela Schütz und meine Person stellen daher den Abänderungsantrag. Der Text liegt Ihnen vor. Ich sage zusammenfassend: Der Inhalt des Abänderungsantrags bedeutet also Mehrzahl statt Einzahl bei den in Sitzungsbegehren anzugebenden Tagesordnungspunkten und Verzicht auf die vorgeschlagene zahlenmäßige Beschränkung des Antragsrechtes. An dieser Stelle möchte ich den Abänderungsantrag übergeben. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren, ich bin Demokrat und Realist, oder Realist und Demokrat, egal, in welcher Reihenfolge, aber in voller Gleichwertigkeit. Deshalb sage ich, wenn die Mehrheit diesem Abänderungsantrag nicht zustimmt, trotz dieser gravierenden verfassungsrechtlichen und demokratiepolitischen Bedenken, dann hat dieser nun folgende Ergänzungsantrag besondere und größere Bedeutung. Denn wenn wir schon das Recht eines Ausschussmitgliedes zum Verlangen von Sondersitzungen auf höchstens zwei im Jahr beschränken, dann ist folgende Klarstellung umso wichtiger:

 

In der dann reduzierten Zahl von Sondersitzungen soll es selbstverständlich möglich sein, dass auch mehrere Tagesordnungspunkte in einer Sondersitzung beantragt werden können und dass diese Wortinterpretation, die dem Sinn der Verfassung in Wirklichkeit widerspricht, nicht mehr stattfinden kann. Diese Beschränkung auf einen Tagesordnungspunkt ist im folgenden Zusatzantrag das Ziel, indem abgesichert wird, dass mehrere Geschäftsstücke einer Erledigung zugeführt werden können – Geschäftsstücke, die einer Erledigung harren, weil der zuständige Stadtrat ganz einfach die Einberufung einer Sitzung, wie es seine Pflicht wäre, verweigert.

 

Ich komme wieder zurück, der Bogen schließt sich. Ich bin wieder beim Petitionsausschuss, ich bin beim Anlassfall. Im Petitionsgesetz ist ausdrücklich geregelt, dass jede Petition ohne Verzug – ohne Verzug, meine Damen und Herren – in Bearbeitung zu nehmen ist. Wenn ich aber jetzt 17 Petitionen anstehen habe und ich der Minderheit das Recht gebe, eine Sitzung nur für 1 Tagesordnungspunkt einzuberufen, bedeutet das, dass – 17 minus 1 – weiterhin 16 unbearbeitet bleiben. Dann kommt die große Gnade des Gesetzgebers, man darf ja 2 einberufen lassen. – Meine Damen und Herren, dann bleiben noch immer 15 unbearbeitete Petitionen übrig.

 

In diesem Sinn, um ganz einfach eine praktikable und sinnvolle Arbeit, aber auch eine Erfüllung der gesetzlichen Vorschriften zu ermöglichen, bringe ich den Zusatzantrag ein: Der Zusatzantrag der Abgen Mag Wolfgang Jung, Armin Blind, Gerald Haslinger und Angela Schütz hat, wie schon im Abänderungsantrag ausgeführt, den Inhalt, dass man die Einzahl der derzeitigen Regelung, die „unter Angabe des Tagesordnungspunktes“ lautet, dahin gehend ändert, dass es in Zukunft „unter Angabe der Tagesordnungspunkte“ lauten wird.

 

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