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Landtag, 27. Sitzung vom 25.09.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 63

 

auf die Redezeit von zehn Minuten verweisen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 

10.03.42

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Diese Stadt braucht mehr Transparenz, diese Stadt braucht mehr Kontrolle, das ist überhaupt keine Frage, und der Herr Landeshauptmann hat in der Fragestunde diesen beiden Thesen ja eigentlich schon zugestimmt, denn er hat von einem systemischen Webfehler gesprochen, mit dem wir es beim Interpellationsrecht der Gemeinderäte zu tun haben, und diesen systemischen Webfehler sehe ich auch bei den mangelnden Kontrollkompetenzen durch das Kontrollamt. Es ist ja überhaupt nicht nachzuvollziehen, warum in diesen Bereichen, die ausgegliedert sind, dieses mangelnde Kontrollrecht der Gemeinderäte – darüber besteht eigentlich Einigkeit in diesem Haus – nicht zumindest durch eine Prüfbefugnis durch das Kontrollamt ausgeglichen werden soll.

 

Es war heute schon einmal davon die Rede, und ich habe einen unverdächtigen Zeugen für meine Thesen. Es ist der Rechnungshofpräsident Moser, der sich gestern wieder doppelseitig in einer Tageszeitung zu Wort gemeldet und gemeint hat, der Rechnungshof will Wien mehr prüfen. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Wirklich unverdächtig!) Das ist kein allgemeines Problem des Bundes, kein allgemeines Problem der Bundesverfassung, sondern das ist ein ganz spezifisches Wiener Problem. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Der Rechnungshofpräsident als unverdächtiger Zeuge?) Er sagt, es darf keine kontrollfreien Konstrukte mehr geben, in denen Steuergeld steckt. – Das kann man nur unterschreiben, und ich würde mir eigentlich vorstellen, dass das alle Gemeinderäte hier in diesem Saal unterschreiben können müssten, auch die von Rot und auch die von Grün.

 

Es ist natürlich überhaupt nicht so, sonst wäre man nicht bei der Debatte um die Reform des Kontrollamtes mit uns so umgegangen, wie das in der Vergangenheit passiert ist. Es war irgendwann im Frühjahr, da hat man uns den Gesetzesentwurf geschickt und hat gesagt, also bitte bis morgen unterschreiben, liebe Grüße, eure Wiener SPÖ. Das ist, glaube ich, bei so einer diffizilen Materie wie dem Stadtrechnungshof schon eine sehr eigenartige Vorgangsweise, noch dazu, wenn man der Meinung ist, dass man die Opposition oder zumindest eine Oppositionspartei braucht, weil auch eine Verfassungsbestimmung zu ändern ist. Man hätte das ruhig auch ohne Änderung dieser Verfassungsbestimmung machen können. Es hätte vielleicht ein bisschen komisch ausgeschaut, wenn dann der Stadtrechnungshof einen Kontrollamtsdirektor gehabt hätte, aber man hätte auf alle Fälle mehr Transparenz, mehr Kontrollmöglichkeiten schaffen können. Man wollte das nicht. Ich schließe daraus, dass der Wille der SPÖ, hier mehr Transparenz und mehr Kontrolle zu ermöglichen, nicht wirklich stark ausgeprägt ist.

 

Und ich muss Sie schon darauf aufmerksam machen, da geht es jetzt um die Substanz dessen, was dieses Haus kann. Da geht es um die kommunale Daseinsvorsorge, die schon in einem Ausmaß ausgegliedert ist, dass man sagen muss, nicht einmal mehr bei dem Herzstück der Stadt Wien, bei der kommunalen Daseinsvorsorge, ist es für die Mitglieder dieses Hauses noch möglich, Fragen zu stellen. Wie das mit dem grundsätzlichen Aufsichtsrecht und dem Umstand, dass der Gemeinderat das höchste Organ in der Gemeinde ist, zusammenpasst, das würde mich schon sehr interessieren.

 

Es ist ja auch bezeichnend, dass der Herr Landeshauptmann heute diese Umstände zugeben musste und gesagt hat, ja, das ist ein systemischer Webfehler. Aber, sehr geehrte Damen und Herren, diesen systemischen Webfehler haben wir auch bei den Prüfkompetenzen durch das Kontrollamt, denn es ist nicht einzusehen, warum wir nicht konkret kontrollieren sollen, wohin Gemeindevermögen geht.

 

Es gibt eine Oberaufsicht des Gemeinderates und damit aller Mitglieder des Gemeinderates auf Grund der Wiener Stadtverfassung. Sie können das dort nachlesen, da gibt es richtige Verpflichtungen. Da gibt es unter anderem sogar die Verpflichtung, für die Eintragung des unbeweglichen Eigentums der Gemeinde in die öffentlichen Bücher zu sorgen. So sehr war der historische Gesetzgeber auf die Verwaltung des Gemeindevermögens und des Gemeindegutes bedacht, dass er diese Aufgabe sogar für den Gemeinderat vorgesehen hat. Er hat weiters vorgesehen, dass der Gemeinderat dafür zu sorgen hat, dass das gesamte erträgnisfähige Vermögen der Gemeinde und die in der Verwaltung der Gemeinde stehenden Stiftungen in der Art verwaltet werden, dass sie ohne Beeinträchtigung der Substanz die tunlichst größte Rente abwerfen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Wie sollen wir denn das machen, wenn wir nicht einmal ein Fragerecht haben in diesen wesentlichen Angelegenheiten? Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches werden immer weniger, die Privatwirtschaftsverwaltung macht es aus, dass die Gemeinde auftritt als selbstständiger Wirtschaftskörper. Da wäre es natürlich notwendig, dass wir Kontrollrechte haben, und wenn wir die schon nicht haben, dann müsste sie zumindest das Kontrollamt oder ein künftiger Stadtrechnungshof haben.

 

Schauen wir uns einmal an, wie das bei der kommunalen Daseinsvorsorge ausschaut, was da alles ausgegliedert ist und was sich noch im städtischen Bereich befindet. Im städtischen Bereich, wo wir als Gemeinderäte noch ausreichend Kompetenzen hätten, haben wir noch den Bildungsbereich über die Kindergärten, die Wasserwerke mit der MA 31 und die Abfallwirtschaft mit der MA 48, im weiteren Sinn vielleicht noch Wien Kanal und Wiener Wohnen. Und dann ist es aus! Dann haben wir, entgegen dem Geist und dem Wortlaut der Wiener Stadtverfassung, de facto keine Aufsichtsrechte mehr. Dann haben wir einfach Pech gehabt. Wir haben Pech bei der Gasversorgung, denn dort gibt es Wien Gas, wir haben Pech bei der Elektrizität, dort gibt es Wien Strom, wir haben Pech bei Verkehr und Beförderung, dort gibt es die Wiener Linien, bei den Kultureinrichtungen gibt es die Vereinigten Bühnen Wien und bei den Friedhöfen gibt es die Bestattung Wien.

 

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