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Landtag, 14. Sitzung vom 28.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 38

 

Präsident Johann Herzog (unterbrechend): Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, zum Schluss zu kommen.

 

Abg Dr Wolfgang Ulm (fortsetzend): Es bleibt mir also nur zu fordern, die GRÜNEN aufzufordern, sich tatsächlich für mehr Demokratie in Wien einzusetzen.

 

Sich dafür einzusetzen, dass Volksbefragungen stattfinden können, dass wir zu einem echten Verhältniswahlrecht kommen, dass wir zu mehr Bürgerbeteiligung kommen und dass Sie endlich aufhören, den Wienerinnen und Wienern Sand in die Augen zu streuen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg David Ellensohn: 8 Minuten 30!)

 

Präsident Johann Herzog: Als nächster Redner hat sich Herr Abg Ellensohn gemeldet. Ich erteile es.

 

10.40.34

Abg David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus)|: Herr Vorsitzender! Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

 

In meiner eigenen Fraktion könnte ich mir nicht erlauben beim Vorsitz, zu lange zu sprechen. Da hätte ich, glaube ich, irgendwann Schwierigkeiten, wenn ich so überziehen würde. Aber ich möchte mich nicht damit aufhalten.

 

Die zentrale Säule der Demokratie ist das Wahlrecht und es ist auch immer weiterentwickelt worden. Das haben wir heute auch schon gehört. Es hat Zeiten gegeben, da durften überhaupt keine Menschen wählen. Das gibt’s leider heute auch noch. Und dann die Frauen nicht und dann die Frauen schon und dann die 18-Jährigen und die 16-Jährigen. Es wird immer weiterentwickelt. Man kann natürlich auch stehen bleiben. Man hätte stehen bleiben können und sagen, man hat kein Frauenwahlrecht und das ist es. Das haben auch Leute damals gesagt. Das waren immer konservative Teile der Gesellschaft und die progressiven haben das Wahlrecht immer weiterentwickelt. Man hätte auch sagen können, 18-Jährige, warum Jüngere, warum 16-Jährige?

 

Die Geschichte der Demokratie ist auch eine Weiterentwicklung des Wahlrechts. Wir haben momentan ein Null-Wahlrecht für über 100 000 Menschen, die aus der Europäischen Union zu uns kommen. Ja, 108 000 Wahlberechtigte für die Bezirksvertretungswahlen, EU-BürgerInnen bei der letzten Zählung, und die haben kein Wahlrecht auf Landtagsebene. Das ist ganz einfach. Man muss nur zuerst sagen: Habe ich den politischen Willen, das zu tun? Und dann klären wir alle rechtlichen Fragen, die dazugehören. weil wenn der politische Wille da ist, wird es sich ja ausgehen. Das ist ja kein Problem, auf das warte ich ja.

 

Jetzt hat irgendein Vorredner gesagt, man möge doch vor der eigenen Türe kehren. Jetzt haben alle Parteien die Möglichkeit, ihre Listen zu erstellen auf unterschiedliche Art und Weise. Wenn ich ein Mandat bei den GRÜNEN will, wenn ich auf die Liste komme, dann dürfen alle grünen Parteimitglieder kommen und darüber abstimmen. Alle. Da gibt es kein Delegiertensystem und nichts. Alle sind eingeladen, die kommen wollen und wählen wollen. Ich weiß nicht, wer das Mandat vom Herrn Ulm abgestimmt hat. Wie viele ÖVP-Menschen durften sich da beteiligen? Das ist die Demokratie, die die Partei alleine machen kann.

 

Ein schönes Beispiel ist dieses Diagramm. Man möge dieses Diagramm mit einem sehr großen schwarzen Fleck anschauen und jetzt überlegen: Wie viel Prozent waren ungefähr notwendig, um so viele Mandate zu machen? Wirtschaftskammer, super Wahlrecht, wirklich super Wahlrecht. Das Problem ist halt, da stehen immer Leute und reden über Wahlrecht und dort, wo man selber zuständig ist und wo man sich sehr viel Macht holen kann, dort wird das Wahlrecht so angepasst, dass genau das rauskommt. Bei der Wirtschaftskammerwahl bringen 50,33 Prozent 64 Prozent der Mandate. Bei der Landwirtschaftskammer ist genau das Gleiche. 1996 bis 2001 saß die ÖVP in der Landesregierung und hat an diesem Wahlrecht nichts geändert. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Wir sind in Wien im Landtag!) Ich habe gerade gesagt ... Herr Gudenus, ich weiß nicht, ob Sie den letzten Satz verstanden haben, 1996 bis 2001 saß die Wiener ÖVP ... (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Sie reden von der Wirtschaftskammer!) Landwirtschaftskammer Wien, Wiener Landwirtschaftskammer. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Wir reden vom Wiener Landtag!) Die Wiener Landwirtschaftskammer ist auch in Wien, Herr Gudenus. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Wiener Wahlordnung!) Das ist ein Wahnsinn. Herr Gudenus, Sie sind ja ...(Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Wiener Wahlordnung, so nebenbei!) Sie können ja reden, wenn Sie zum Wort gemeldet sind. Sind Sie nicht. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Sie haben keine Ahnung!)

 

Wir haben also ganz viele verschiedene Wahlrechte in dieser Republik. Dort, wo die ÖVP alleine zuständig ist und das mit ihrer eigenen Mehrheit ändern kann, schaut das so aus: 50 Prozent – 64 Prozent der Mandate. Das ist ÖVP-Wahlrecht. Das wird ja dort auch bekämpft. Das wollen ja nicht alle, die Konservativen schon. Das führt übrigens dazu, dass dort auch die Freiheitlichen von den Prozenten zu den Mandaten halbiert sind, genau das Gleiche wie die anderen.

 

Wir können darüber reden, ob wir mehr Demokratie wollen und den Leuten mehr Wahlrecht geben. Dass sich die Freiheitlichen da immer fast verfolgt fühlen, dauernd, dafür kann ich nichts. Also diese Ängstlichkeit, die ich da jedes Mal spüre - und dann gibt’s das Wahlrecht für die anderen und das ist so schlimm und so arg -, Sie tun mir ja tatsächlich jetzt, nicht zynisch, leid, dass Sie offensichtlich eine Position haben, wo Sie sich ununterbrochen vor allem da draußen fürchten, was man irgendwie anders macht. Das ist wirklich nicht zu glauben.

 

Jetzt fürchten wir uns nicht vor den 32 000 Deutschen, die alt genug wären zum hier Mitwählen auf allen Ebenen. Fürchten wir uns nicht. Oder schon? Nein, warum sollen die nicht mitwählen dürfen? Ich weiß es nicht. Einen guten Grund, warum man das nicht macht, weiß ich nicht.

 

Die Staatsbürgerschaft ist angesprochen worden. Ja, wenn in Kärnten Staatsbürgerschaften von FPÖ-Politikern verkauft werden oder zum Verkauf angeboten werden, dann sollte diese Partei nicht so tun, wie wenn ihnen die Staatsbürgerschaft wahnsinnig viel wert wäre. Wert schon, pekuniär, wo immer das Geld hingeflossen ist. Ich möchte es ja gar nicht so genau wissen, welchen Wahlkampf man da mitfinanziert hat.

 

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