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Landtag, 33. Sitzung vom 24.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 100

 

haben, bei falscher Haltung schlimmste Verletzungen oder große Schäden anzurichten. Der Wiener Hundeführschein setzt genau aus diesem Grund in erster Linie bei den Hundehalterinnen und Hundehaltern und nicht beim Hund an. Es geht um eine fundierte Ausbildung, um möglichst großstadttaugliche und sozial verträgliche Hunde zu haben.

 

Dass die Bisshäufigkeit bei der Erstellung dieser Liste nicht berücksichtigt wurde, wie Sie in Ihrer vorliegenden Anfrage behaupten, ist unrichtig. Es wurde anhand einer repräsentativen Stichprobenauswertung von zirka 15 000 Hunden erhoben, dass zirka 15 Prozent der so genannten Kampfhunde etwa 25 Prozent der Bissverletzungen verursachen. Bei der Erstellung der Liste war aber die Bisshäufigkeit nicht das ausschließliche Kriterium.

 

Hinsichtlich Ihrer Bedenken der Kontrolle durch die Exekutive kann ich, und das betrachte ich als vornehme Aufgabe, Sie beruhigen. Die Wiener Polizei war von Anfang an in alle Verhandlungen zum Thema Hundeführschein einbezogen. Die betroffenen Magistratsabteilungen, MA 58 und MA 60, sowie die Tierschutzombudsstelle stehen mit der Wiener Polizei seit Einführung des freiwilligen Hundeführscheins Anfang 2006 in intensiver Verbindung. So wurden alle Details zum verpflichtenden Hundeführschein geklärt. Grundsätzlich sind so genannte Kampfhunde äußerlich als solche erkennbar. Die Polizei wurde auch laut eigenen Aussagen mit Fotomaterial versorgt, um die zwölf betroffenen Listenhunde besser zu erkennen. Klar war aber immer, dass ein Polizist kein Tierarzt ist. Wenn nun ein Polizist den Hund nicht erkennt und auch der Hundebesitzer nicht auskunftsbereit ist, kann jederzeit ein Amtstierarzt der MA 60 beigezogen werden. Darüber hinaus ist mit der Polizei vereinbart, dass regelmäßig, so wie in den letzten Jahren auch schon, zur Kontrolle der Leinen- und Maulkorbpflicht so genannte Schwerpunktkontrollen von Polizei und MA 60 durchgeführt werden. Ist auch unter Anwesenheit eines Amtstierarztes noch immer strittig, um welche Hunderasse es sich handelt, so bietet die Stadt Wien eine weitere Möglichkeit zur Klärung an. Es steht dann dem Hundebesitzer frei, ein Gutachten eines entsprechend Befugten vorzulegen.

 

Dass Sie in dieser Begründung im letzten Absatz auch noch moderne Hundehaltung mit positiver Motivation bei Erziehung und Ausbildung von Hunden fordern, überspannt den Bogen endgültig, denn hätten Sie die Unterlagen zum Wiener Hundeführschein auch nur einige Male gelesen, würden Sie merken, dass der Wiener Hundeführschein das erste und einzige Instrument in Österreich ist, das eine Ausbildung sowohl für Haltung und Hunde zum Inhalt hat, die sich erstmals unter Einbeziehung vieler Expertinnen und Experten mit moderner Hundehaltung und Ausbildung beschäftigt. Nur beim Wiener Hundeführschein wird erstmals auf positive Motivation, Erziehung und Ausbildung anstatt auf Dressur und Unterwerfung gesetzt.

 

Ich ersuche Sie daher, zur Kenntnis zu nehmen, dass es diese problematischen Kampfhunde gibt und dass der Wiener Hundeführschein ein sehr modernes und geeignetes Mittel ist, diese Problematik zu verringern. Mit Ihrer Argumentation reden Sie vielleicht einer verschwindend kleinen Minderheit von Hundebesitzerinnen und Hundebesitzern aus dem Munde, Sie tragen aber kein Stück dazu bei, die Situation in Wien in der Tat zu verbessern! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Nun zu Ihren Fragen:

 

Zu den Fragen 1 bis 6: Zunächst darf ich noch einmal darauf hinweisen, dass sich 89 Prozent der Wiener Bevölkerung für einen verpflichtenden Hundeführschein für Kampfhunde ausgesprochen haben. Sie wissen sehr wohl, was unter einem Kampfhund zu verstehen ist, wie diese aussehen und welche potenzielle Gefahr von ihnen ausgeht. Die Wiener Bevölkerung hat daher eine beeindruckende Expertise zum Thema abgegeben. Darüber hinaus aber wurden auch Expertinnen und Experten aus Österreich, Deutschland, Schweiz und Japan in den Diskussionsprozess einbezogen. Im Zuge der Diskussionen, vor allem mit deutschen Kollegen, hat sich im Übrigen herausgestellt, dass es ähnliche Listen wie in Wien in Deutschland fast flächendeckend über alle Bundesländer gibt. Nur in Niedersachsen und Thüringen gibt es keine Listen, die bestimmte Vorschriften der Hundehaltung enthalten.

 

Zu den Fragen 7 bis 9: Die Verwendung des Begriffes Kampfhund bezieht sich auf die Definition von Hans Räber, Enzyklopädie der Rassehunde, Verlag Kosmos 1995, und ist ein Begriff, der primär die Gruppe der Terrier umfasst. Darüber hinaus hat sich aber auch in den letzten Jahrzehnten eine Gruppe von Hunderassen und Kreuzungen herauskristallisiert, die vor allem auf Grund der Schwere der Vorfälle als Kampfhunde bezeichnet wird.

 

An dieser Stelle darf ich noch unterstreichen, dass in Wien nicht grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass die betreffenden Hundetypen von Geburt an gefährlich sind. Sie haben vielmehr das Potenzial, bei falscher Haltung zum Problem und zur Gefahr zu werden. Dieses Faktum ist unter allen zu Rate gezogenen Expertinnen und Experten außer Streit und auch der Grund dafür, dass bis heute diese Vorgangsweise von ernstzunehmender Seite, wie beispielsweise von der Veterinärmedizinischen Universität Wien, nicht kritisiert wurde.

 

Der Begriff Kampfhund wird selbstverständlich in Publikationen der Stadt weiterhin verwendet werden, weil er wissenschaftlich eindeutig definiert ist, wozu sich bis vor Kurzem auch die FPÖ bekannt hat.

 

Zur Frage 10: Die PrüferInnen müssen psychologische Vorkenntnisse haben, einen umfassenden Ausbildungslehrgang bei der Tierschutzombudsstelle Wien besuchen und mit einer Prüfung abschließen. Dabei werden folgende Sachgebiete unterrichtet: Allgemeine Psychologie, Aggressionsverhalten, Fressverhalten, Legistik, Tierschutzgesetz, Tierhaltegesetz, Reinhaltegesetz, Grünanlagenverordnung,

 

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