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Landtag, 29. Sitzung vom 28.01.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 34

 

zehn Jahren selbstständig ist und ihre Aufträge erfolgreich erledigt. Sie sagt, dass sie keinen Kredit bekommt, wenn er nicht 100-prozentig besichert ist.

 

Ich kenne zum Beispiel einen Gastronomen auf dem Naschmarkt, der seit Jahren seine Steuern zahlt und erfolgreich wirtschaftet, aber die österreichische Staatsbürgerschaft nicht hat. Er sagt, dass er sich bei der Wirtschaftskammerwahl mit einbringen und wählbar sein will. Das ist aber nicht möglich, und er sagt, dass er das nicht verstehen kann. Außerdem gibt es auf der Gumpendorfer Straße eine Unternehmerin, die eine Boutique hat und sagt, dass sie gerne expandieren würde, die hohen Mieten für sie aber nicht leistbar sind.

 

Jetzt bin ich wieder beim Hinsehen. Wir schauen auf diese Probleme, und wir sind davon überzeugt, dass es für diese Probleme einer modernen, starken und zeitgemäßen Wirtschaftskammer des 21. Jahrhunderts bedarf, die sich diesen Problemen stellt und nicht daran vorbeischaut und in alten Denkmustern funktioniert. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Mir haben die letzten Monate ganz deutlich bewiesen, dass es auch anders geht. Ich denke jetzt zum Beispiel auf unsere Aktion „Kammer auf Rädern“. – Es muss einfach möglich sein, dass Beratung nicht mehr nur in einem Haus stattfindet, vor allem wenn man weiß, dass es in der Wirtschaft einen hohen Prozentsatz von kleinen Unternehmen gibt, die es sich einfach nicht leisten können, sich untertags zwei, drei Stunden freizunehmen und dorthin zu gehen. Es muss möglich sein, dass diese Beratung zu den Unternehmen vor Ort kommt. Und das ist möglich! Wir haben es bewiesen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Außerdem nenne ich jetzt die Veranstaltungsserie „KMU-Gipfel“ die sich damit beschäftigt, wie man die vielen Förderungs- und Unterstützungsaktivitäten in unserer Stadt und im Land den Unternehmern noch besser zur Verfügung stellen kann. Es gibt andere Wege als nur das Konstrukt einer Wirtschaftskammer, an die man sich wenden kann.

 

Als weiteres Beispiel nenne ich die Business Academy, die sich des wahnsinnigen Bedürfnisses an Weiterbildung annimmt. Dort melden sich jeden Monat Unternehmerinnen und Unternehmer an und sagen, ich will mich weiterbilden, ich will besser werden, ich weiß, dass das wichtig ist!

 

Auf all diese Dienste müssen wir ganz besonders schauen! Diese sind uns ganz besonders wichtig, und für diese braucht es nun einmal eine starke Wirtschaftskammer.

 

Hiermit komme ich schon zum Schluss. Ich habe, als ich diese Rede vorbereitet habe, daran gedacht, dass ich selbst Verantwortung in einem Damenbekleidungsgeschäft habe. Ich bin dort Geschäftsführerin, und ich weiß, wie es ist, wenn sich Mitarbeiter 100-prozentig auf einen verlassen. Ich weiß, wie es ist, wenn man sich fragt, wie viel man zum Beispiel ordern soll, weil man nicht weiß, wie das nächste Jahr wird, und man Zweifel hat, ob man sich das eigentlich leisten kann. Ich weiß, wie das ist, wenn man Steuern zahlen muss.

 

Ich weiß auch, wie es ist, wenn einem in der Mitte des Monats plötzlich heiß wird und man sich denkt: Hoppla! Die Umsätze schauen vielleicht doch nicht so gut aus! Ich weiß, wie das ist! Und ich erlebe auch in meiner politischen Arbeit, dass viele Klein- und Mittelbetriebe, die nicht das Lobbying, die Unterstützung und die Sichtbarkeit haben, das dann oft nicht schaffen. Ich weiß aber auch – und ich kann das selbst von ganzem Herzen sagen –, wie wunderbar und toll es ist, selbstständig zu sein. Sehr viele Leute sind sehr glücklich, auf eine selbstbestimmte Art und Weise ihr Geld zu verdienen.

 

Somit möchte ich zum Schluss sagen. Die Stadt Wien und die Wiener SPÖ versuchen aus ganzem Herzen und mit 100-prozentigem Einsatz, für diese vielen Unternehmen in dieser Stadt das beste Service, die beste Beratung, die besten Angebote und die besten Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinne appelliere ich an Sie: Arbeiten wir daran, dass jeder junge Mensch, der eine gute Idee hat, die sich unter wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verwirklichen lässt, diese Idee auch umsetzen kann! Das ist meine große Vision. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsidentin Marianne Klicka: Als nächster Redner hat sich Herr StR Herzog zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

StR Johann Herzog: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin!

 

Von Frau Abg Schinner haben wir jetzt eine sehr elegische Hymne auf die Wiener Wirtschaftspolitik gehört. Sie war wirklich überzeugend in der Rhetorik! Leider stößt sich halt die Elegie an der Wirklichkeit. Das ist leider festzustellen.

 

Frau Kollegin Schinner hat die Bedeutung der KMU voll erkannt. Ich frage mich eigentlich nur, warum die Wiener Wirtschaftspolitik und auch die Bundespolitik für die KMU nichts tut!

 

Die Wiener Wirtschaft ist natürlich nicht von der gesamtösterreichischen Wirtschaft zu trennen, und die Kritik und die Wünsche von Frau Kollegin Schinner gelten eben der SP-VP-Bundesregierung, der SP-Landesregierung und natürlich auch dem Vizepräsidenten der Wiener Wirtschaftskammer, Abg Strobl. So gesehen war das ja eine Bitte, ein Wunsch und ein Vortrag an sich selbst.

 

Ich meine, die Sozialdemokraten und auch die ÖVP in der Bundesregierung und auch die entsprechenden Gruppierungen in der Wirtschaftskammer hatten lange genug Zeit, um hier zu reagieren und endlich eine Politik zu machen, die den kleinen und mittleren Unternehmen entgegenkommt.

 

Was sagen diese denn selbst zu diesem Thema? – In einer KMU-Studie zum Turnaround 2010 wurden 977 KMU befragt, die 1 bis 250 Mitarbeiter haben, und dabei wurde festgestellt, dass 92 Prozent aller KMU mit der Steuer- und Abgabenhöhe unzufriednen sind. 90 Prozent kritisieren die Ausschreibungsmodalitäten der öffentlichen Hand, 81 Prozent sehen Handlungsbedarf bei den Förderungsangeboten für die KMU, und 77 Prozent sind mit der Unterstützung der Interessenvertretung, Herr

 

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