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Landtag, 28. Sitzung vom 26.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 76

 

Landeshauptleutekonferenz – es war 1987 in Villach, wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt –, wo ein einstimmiger Beschluss für einen Beitritt Österreichs zur EU gefällt wurde.

 

Aber ich kann mich auch erinnern, dass bei diesen vielen, vielen Veranstaltungen, an denen ich selbst als Überzeuger mitgewirkt habe im Jahre 1994, die Grünen auf der anderen Seite gewesen sind und gegen den EU-Beitritt. (StRin Dr Monika Vana: Ja zu Europa, Nein zum Neoliberalismus!)

 

Ich bin froh, wenn die Grünen das jetzt anders sehen, denn ich glaube, wir brauchen möglichst viele, die für diesen Gedanken Europa eintreten, damit es möglichst wenige sind, die gegen Europa sind. Daher freue ich mich, wenn Sie sich hier auch mit engagieren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Natürlich gibt es vieles, was nicht so läuft, wie man es sich immer vorstellt, aber dieses Europa ist doch ein ganz großartiges Projekt. Erinnern wir uns: Vor mehr als 20 Jahren war es so, dass an der österreichisch-tschechischen Grenze unter den Eisenbahngarnituren Hunde durchgehetzt wurden, dass in Berlin geschossen wurde, wenn man von einer Zone in die andere gegangen ist, oder dass an der Grenze ein sowjetischer Militärsender so nach Wien gestrahlt hat, dass man bei uns andere Apparate haben musste ... (Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung.) Schauen Sie, Herr Jung, Sie sind gegen die EU – haben wir registriert, wissen wir – Sie sind für ein anderes Modell. Wir sind für die EU, und wir sind sehr froh, dass wir heute in der Situation sind, dass dieses Europa tatsächlich zusammenwächst. (Abg Mag Wolfgang Jung: Tatsache sind offene Grenzen!)

 

Vergleichen wir – das sei gerade auch zum Thema Wirtschaftskrise gesagt – die Situation des September 1929 und der Jahre nach 1929, dann war die Wirtschaft Europas auch deshalb nicht handlungsfähig, weil sie geprägt war durch einen irrsinnigen nationalstaatlichen Egoismus. Und genau das ist ja einer der ganz großen Vorteile heute. Denn wenn Merkel und Sarkozy sich nicht automatisch zusammensetzen würden, wenn es nicht diese Räte gäbe, ich weiß nicht, ob wir diesen Schwung gehabt hätten, damit auch vieles ... (Abg Mag Wolfgang Jung: Was hat denn die EU getan zur Regelung der Finanzmärkte?) Herr Jung, bitte beruhigen Sie sich. Ich weiß, Sie leben in einer anderen Welt, aber wir wollen uns eigentlich hier mit der Zukunft Europas beschäftigen und nicht mit der Vergangenheit, die wir Gott sei Dank überwunden haben. (Beifall bei der ÖVP und von Abgeordneten der SPÖ und der GRÜNEN.)

 

Nicht, dass Europa nicht noch vieles lernen könnte, aber ich glaube, gerade dieser Vertrag von Lissabon ist ein weiterer Schritt, gerade aus unserer Sicht des Landtages, denn man muss sich vorstellen, dass Walter Hallstein noch in den 50er und 60er Jahren davon gesprochen hat, dass die EWG zwar ein tolles Projekt ist, aber Länderblindheit herrscht und dass es kein Widerspiegeln der regionalen, der Länder- und der kommunalen Momente gibt. Dann ist im Jahr 1992 durch den Vertrag von Maastricht erstmals das Subsidiaritätsprinzip in die Verträge gekommen, und heute sind wir mit dem Vertrag von Lissabon so weit, dass diese Momente des Regionalen, des Kommunalen ein ganz wesentliches Moment Europas sind. Denn das macht eben Europa aus und das ist der Unterschied. Diese Vielfalt der Sprachen, die Vielfalt der Geschichte, die Vielfalt der Wirtschaft, das ist es, was Europa ausmacht, und ich glaube, das ist etwas, was wichtig ist. Gleichzeitig ist es wichtig, dass es stärkere Instrumentarien gibt, dort, wo Europa mit einer Stimme auftreten sollte.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir könnten wirklich zurückblicken auf die letzten Jahrzehnte und uns überlegen, wie unsere Eltern und Großeltern aufgewachsen sind. Meine Großväter waren in zwei Weltkriegen, und die wollten was Besseres tun, als in diese Weltkriege geschickt zu werden. Ich glaube, das sind die Geschichten unserer Familien, und angesichts der Zerrissenheit des damaligen Europas muss ich sagen, bin ich wahnsinnig froh, dass wir in diesem Europa leben. Und auch wenn mit Lissabon nicht alles gelöst wird, aber es ist vieles hier weitergegangen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir haben heute schon in der Fragestunde das Thema erörtert, dass man endlich einen Ausschuss für Europa schafft, und ich bin sehr froh, dass aus der Äußerung des Herrn Landeshauptmannes zu schließen ist, dass wir hier offensichtlich einen Sprung machen. Die ÖVP hat schon 1992, als damals die Europakommission geschaffen wurde, diesen Vorschlag gemacht, und zwar aus den Erfahrungen, die auf Grund der Europäischen Einigungsakte von 1986 und mit der Umsetzung im Bonner Grundgesetz damals in den deutschen Bundesländern gemacht worden sind. Also so starke Bundesländer wie Bayern oder etwa Nordrhein-Westfalen haben immer starke Einbindungen ihrer Landtage gehabt.

 

In Österreich haben das auch einige Bundesländer gemacht. Es sei hier Oberösterreich, es sei hier Salzburg, es sei hier die Steiermark erwähnt. Ich bin froh, wenn wir jetzt, zwar mit Verspätung, aber doch, auch in diese Richtung gehen, weil wir es ja damit zu tun haben, dass der Rechtsetzungsprozess, den wir in Österreich haben und der natürlich auch für den Wiener Landtag gilt, letztlich auf Strukturen beruht, die im Jahr 1920 gegolten haben, das heißt, man setzt zuerst Recht und dann setzt man das um.

 

Und das hat sich ja verändert in Wirklichkeit, denn vieles wird von uns ja nur nachgeholt. Das heißt, man muss darauf achten, dass zu Beginn dieses Rechtsetzungsprozesses schon eine Einbindung des Bundes, aber auch der Länder erfolgt, und hier ist es notwendig, dass das nicht nur auf der Ebene der Experten, der Organe der Vollziehung, das heißt, der Beamten, der Minister, der Landesräte und Landeshauptleute erfolgt, sondern auch von hier, wo eigentlich die Aufgabe der Gesetzgebung bestünde, nämlich von Seiten der Landtage. Ich bin froh, wenn wir hier einen Schritt setzen können und wenn damit auch in Wien letztlich eine Aufwertung des Wiener Landtages erfolgen kann.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser

 

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