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Landtag, 21. Sitzung vom 02.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 47

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Es wird Sie mäßig überraschen, Herr Klubobmann, wenn ich Ihnen sage, ich werde mich nicht für eine Änderung des Valorisierungsgesetzes einsetzen, ebenso wenig, wie der Finanzminister der Republik Österreich - und bis vor Kurzem Bundesparteivorsitzender der Österreichischen Volkspartei - sich für eine Änderung seines Valorisierungserlasses im Finanzministerium einsetzen wird. Das ist aus meiner Sicht allerdings ungleich, denn insbesondere, wenn er auch gemeinschaftliche Bundesabgaben wie Steuern betrifft, wäre das durchaus eine interessante Geschichte. Ich darf nur daran erinnern, dass vom Endpreis des Benzins heute mehr als die Hälfte öffentliche Steuern und Abgaben sind, von denen wir alle profitieren, also Länder und Gemeinden auch, da es gemeinschaftliche Bundesabgaben sind.

 

Ich darf noch einmal darauf verweisen, dass es nicht gerade eine Vorfeldorganisation von uns war, sondern die Oesterreichische Nationalbank, die darauf hingewiesen hat, dass der Anteil der kommunalen Gebühren von ganz Österreich 0,05 Prozent beträgt. Ich bin daher der Meinung - derselben Meinung wie der Präsident des Österreichischen Gemeindebundes -, dass man die Gebühren und den Gebührenhaushalt der österreichischen Gemeinden, der Städte und sohin auch Wiens nicht verantwortlich machen kann für die Teuerung. Wir wissen ganz genau, wo es herkommt. Es ist ganz genau analysiert worden. Wir wissen haarscharf, wer die Verursacher sind. Alles, was - als einzige Antwort auf die Teuerungsdiskussion - an Monitoring vorgeschlagen wurde, ist im Prinzip überflüssig, weil man weiß, worin die Ursachen letztendlich liegen. Es handelt sich einerseits um beeinflussbare und andererseits um von uns nicht beeinflussbare Ursachen, denn mit Sicherheit werden wir nicht den Weltmarktpreis von Öl beeinflussen können.

 

Ich sage daher ganz offen: Ich werde nicht in diese Falle gehen. Ich werde darauf achten, dass insbesondere auch die wichtigen Dienstleistungen von öffentlichem Interesse finanziell so ausgestattet sind, dass sie ihrer Aufgabe, wie die Bevölkerung und die Wirtschaft in Wien es erwarten, auch verlässlich nachkommen können.

 

Präsident Heinz Hufnagl: Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg Dr Tschirf. - Bitte, Herr Klubvorsitzender.

 

Abg Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Landeshauptmann! Wir sind alle leider damit konfrontiert, dass derzeit die Gefahr einer Weltwirtschaftskrise auftaucht oder sie schon da ist, und die Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass die Inflationsrate zurückgeht. Das heißt, zum Zeitpunkt, zu dem mit 1. Jänner die Gebührenerhöhungen in saftigem Ausmaß von über 5 Prozent für die Wienerinnen und Wiener geltend werden, geht die Inflation zurück, und in Wien werden die Wienerinnen und Wiener mit beidem konfrontiert: einerseits mit einer schwierigen – um es euphemistisch auszudrücken - Wirtschaftlage und andererseits mit einer hohen Gebührenbelastung.

 

Wäre das nicht ein Grund für den Sozialdemokraten Michael Häupl, nachzudenken, ob dieses Gesetz nicht doch falsch ist?

 

Präsident Heinz Hufnagl: Bitte, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Ich sage es noch einmal: Nein. Denn dieser Automatismus ist einer, den wir herbeiführen können, aber nicht müssen. Und daher schauen wir uns das sehr genau an. Ich bin momentan mit Wirtschaftsforschern, aber auch ganz real mit den Vertretern der österreichischen Geldwirtschaft – oder dem Gelddienstleistungsbereich, da sind die Versicherungen dazuzuzählen - in sehr, sehr gutem Kontakt, und es sind zur Stunde, das darf ich versichern, die Signale sehr unterschiedlich, sehr unterschiedlich vor dem jeweiligen Hintergrund des einzelnen Unternehmens.

 

Wenn man sich beispielsweise - eine weitere Empfehlung für ein Gespräch - mit Herrn Stepic unterhält, dann hat dieser ganz andere Einschätzungen davon, wie sich die Auswirkungen dieser amerikanischen Finanzkrise auf die Weltwirtschaft darstellen, als sie etwa Herr Generaldirektor Treichl hat. Und daher ist es da ganz interessant, diesen Klärungsprozess, diesen Diskussionsprozess entsprechend abzuwarten - wir haben ja durchaus auch noch einen gewissen Zeitvorlauf -, sich sehr gut zu überlegen, was man hier tut, und dies dann tunlichst auch in Akkordanz zu machen.

 

Sie können mir glauben, ich bin in sehr gutem Kontakt etwa auch mit dem Grazer Bürgermeister, dessen Gebühren im Wesentlichen ebenso sind wie jene in Wien, in manchen Bereichen noch viel teurer, der sich als ein ordentlicher christlichsozialer Politiker natürlich auch Gedanken darüber macht, wie er mit seinem Gebührenhaushalt in der zweitgrößten Stadt Österreichs umgeht, und wir werden in solidarischer und sehr ordentlicher Form diese Fragen auch lösen. Auch er hat ein massives Interesse daran, dass die Dienstleistungen öffentlichen Interesses nicht finanziell vor die Hunde gehen.

 

Ich verstehe schon, dass Oppositionsparteien natürlich nicht für Gebührenerhöhungen sein können - ich meine, das würde mich echt überraschen; und allzu viel, glaube ich, kann mich nicht mehr überraschen in der Politik -, aber angesichts der Verantwortungsposition, in der sich die ÖVP bisher in der Regierung befunden hat - die selbst verantwortlich für einen Valorisierungserlass ist, der vom Finanzministerium herausgegeben worden ist, die auch in sehr vielen wichtigen Städten Österreichs und in sehr vielen Gemeinden die Bürgermeister stellt, den Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes stellt, die alle sehr gut wissen, was das In-Ordnung-Halten des Gebührenhaushaltes für die Kommunen und ihre Finanzkraft letztendlich bedeutet und auch für die daraus resultierende Verlässlichkeit ihrer kommunalen Dienstleistungen -, hätte ich mir von Ihnen, ehrlich gesagt, eine Spur mehr Differenziertheit in der ganzen letzten Diskussion erwartet. Aber gut, der 28. September ist vorbei, wir können eventuell natürlich schauen, dass wir in dieser heiklen Balance zwischen sozialer Verantwortung im Gebührenhaushalt und der Sicherung der Leistungsfähigkeit unserer kommunalen

 

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