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Landtag, 15. Sitzung vom 23.01.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 67

 

sein.

 

Da ja die Werbeabgabe mehr oder weniger der Ingerenz der Länder respektive der Städte weggenommen worden ist - das ist nun seit einiger Zeit eine Bundesregelung, wofür der Bund gleich auch einmal einen Teil der Einnahmen einbehält, die aus der Werbeabgabe hereinkommen, sich aber in der Diskussion vornehm zurückhält, als ob ihn das alles nichts anginge -, kann man natürlich darüber reden. Wenn es hier einen vollwertigen, einhundertprozentigen Ersatz - nicht so wie bei der Getränkesteuer - für die Gemeinden und die Gemeindefinanzierung gibt, kann man hier über die Strukturen durchaus reden. Denn ich sehe schon ein, dass auch die Werbewirtschaft diese Werbeabgabe, gelinde gesagt, nicht besonders lustig findet, weil es natürlich ein Standortnachteil ist. Das ist eine ziemlich singuläre Abgabe in Europa.

 

Ähnliches - und da möchte ich mich jetzt nicht wiederholen - gilt aus meiner Sicht zum Beispiel für die ganze Frage der sehr wichtigen Kommunalsteuer. Aber gehen wir einmal davon aus, dass es heute für die Gemeindefinanzierung an Eigeneinnahmen, für die die Gemeinden selbst zuständig sind und bei denen sie nicht auf den Verteilungsmechanismus des Bundes angewiesen sind, ohnehin nur noch zwei gibt - der Rest ist ja weg -, also zwei große. Außerdem gibt es eine ganze Reihe von kleinen, die in den Gemeinden zum Teil unterschiedlich geregelt sind. Damit meine ich nicht die Werbeabgabe, weil diese ja einheitlich ist.

 

Wenn man dann so leichtfertig - das sage ich auch sehr offen, einschließlich meines Freundes und Staatssekretärs im Finanzministerium - von Bagatellsteuern spricht, die man abschaffen kann, und immer den Blick natürlich möglichst weit weg von der Zentrale wirft, hin auf die Gemeindefinanzen, dann wird man auch die Sensibilität der geschäftsführenden Gemeinderäte in den diversen kleineren Gemeinden oder der Finanzstadträte verstehen, dass sie sehr hellhörig, sehr sensibel und gelegentlich auch aggressiv auf solche Bemerkungen oder auf solche Vorschläge reagieren, die hier gemacht werden.

 

Ich sage noch einmal, dass die Verkürzung der Einnahmen der Gemeinden, die in der letzten Zeit passiert ist - in den letzten zehn Jahren, das geht also weit über die übliche Regierungskritik hinaus -, signifikanterweise zu einem nicht unerheblichen Rückgang der Finanzierung der Investitionen in den Gemeinden geführt hat. Und im öffentlichen Auftragsbereich sind die Gemeinden der größte Investor, das geht eins zu eins in Aufträge an die Wirtschaft.

 

Das alles sollte man sich auch einmal überlegen, wenn man von der anderen Seite lediglich die Kostenreduktion bei Steuerbelastungen verlangt. Dass auf der anderen Seite damit natürlich auch die Nachfrage im Hinblick auf die öffentlichen Aufträge zurückgehen wird, das findet real statt. Das sollte man bei den Diskussionen, wenn man sie ehrlich und abseits von irgendwelchen Polemiken führt, auch mit bedenken.

 

Präsident Heinz Hufnagl: Die 2. Zusatzfrage stellt Herr Abg Stark. - Bitte.

 

Abg Rudolf Stark (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

 

Meine Frage bezieht sich auf die Dienstgeberabgabe, auf die so genannte U-Bahn-Steuer. Von der Dienstgeberabgabe befreit sind ja Dienstnehmer über 55 Jahre und Lehrlinge.

 

Halten Sie es für denkmöglich, dass diese Befreiung auf sämtliche Dienstnehmer unter 18 Jahren ausgedehnt wird, zum Beispiel auf Praktikanten oder auf Schulabbrecher, die eben noch keinen Lehrplatz haben, beziehungsweise eine zeitlich befristete Befreiung für Langzeitarbeitslose nach deren Wiedereinstieg ins Berufsleben?

 

Präsident Heinz Hufnagl: Bitte, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

 

Sie werden verstehen, dass jetzt im Rahmen einer Fragestunde eine solche Detailfrage von mir sehr schwer zuzusagen ist. Denn es kann nur eingebettet werden - im Sinne dessen, was ich vorhin ausgeführt habe - in eine gesamte Abgabenreform, die man macht, wo dann die Kompensationen greifen. Es ist außer jedem Zweifel, dass dies, rein mengenmäßig gesehen, nicht den zentralen Punkt darstellt. Bei dem von mir vorhin zitierten Beispiel eines KMU, eines Mittelbetriebes, macht die Dienstgeberabgabe 200 EUR aus. Das wird also weder die tolle Belastung für das Unternehmen noch die Katastrophe für die Gemeinde sein.

 

Aber trotzdem bin ich hier behutsam und kann mir viel vorstellen, sehr viel weiter Reichendes als das, was Sie hier vorgeschlagen haben. Aber das, würde ich meinen, wird uns nicht sehr viel an Lösung bringen, weil es die Unternehmen nicht wirklich belastet und für uns eigentlich auch nicht das Bedeutende ist. Ich denke, das kann als Ergänzungsmaßnahme fungieren, aber wir werden mehr als das tun müssen.

 

Präsident Heinz Hufnagl: Die 3. Zusatzfrage kommt von Herrn Abg Dipl-Ing Margulies. - Bitte.

 

Abg Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

 

Sowohl als Landeshauptmann als auch als stellvertretender Parteivorsitzender der Bundeskanzlerpartei haben Sie ein gewichtiges Wort in dieser Republik mitzureden; insofern eine Frage zu Ihren Absichten betreffend eine große Steuerreform.

 

Dass eine Steuerreform - eine Steuer- und Abgabenreform, um es zu präzisieren - zur Entlastung der Menschen mit keinem und geringem Einkommen sowie des Mittelstandes notwendig ist, dass eine ökologische Umgestaltung des Steuerwesens notwendig ist, steht, glaube ich, außer Zweifel. Gleichzeitig ist es nach wie vor so, dass in den Bereichen Krankenanstaltenfinanzierung, Pflege oder Bildung durchaus noch Mittel fehlen, die eigentlich investiert werden müssten. Das heißt, wenn man wirklich eine umfassende Steuer- und Abgabenreform angehen will, bedarf es selbstverständlich auch einer teilweisen Gegenfinanzierung.

 

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