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Landtag, 13. Sitzung vom 24.10.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 34

 

Das, meine Damen und Herren, ist typisch für die SPÖ: Kein Wort darüber, dass Öffentlichkeit und Transparenz wesentliche Kriterien einer öffentlichen Finanzkontrolle sind; kein Wort darüber, ob sich auch die SPÖ der Tatsache bewusst ist, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat zu erfahren, wie mit den Steuergeldern umgegangen wird; kein Wort darüber, dass das in allen anderen Bundesländern längst umgesetzt wird. Nein, das Demokratieverständnis der SPÖ geht nur so weit zu sagen: Das können wir nicht verhindern, na ja, das machen wir halt!

 

Und dennoch, trotz der Zustimmung der SPÖ, ist dieser Antrag noch immer nicht umgesetzt. Bei Nachfragen und Urgenzen meinerseits höre ich dann von der SPÖ: Wir reden ja ohnehin darüber! Wir reden darüber auf Klubebene! - Aber da meint die SPÖ vielleicht ja auch nur den SPÖ-Klub, denn mit unserer Klubvorsitzenden oder mit unserer Klubdirektorin wurden in den letzten Monaten keinerlei Gespräche über Kontrollreformen geführt. Aber vielleicht können ja dazu auch die Klubvorsitzenden der beiden anderen Oppositionsparteien Stellung nehmen, vielleicht wurde ja mit ihnen doch über eine Kontrollreform gesprochen.

 

Da sich auf der Ebene der Klubs offensichtlich nichts bewegte, habe ich als Vorsitzende alle Parteien auf der Ebene des Kontrollausschusses zu einem Meinungsaustausch eingeladen. Von allen Oppositionsparteien kamen inhaltliche Vorschläge zur Kontrollreform, nur die SPÖ war zu keiner inhaltlichen Diskussion bereit. Auch hier folgte wieder der Verweis auf die Klubebene, auf der angeblich laufend Gespräche über Kontrollreformen stattfinden.

 

Als nächsten Schritt brachten wir im Juli gemeinsam mit allen Oppositionsparteien einen Gesetzesvorschlag ein, in dem sich das Resultat unserer Diskussionen in einem ausführlichen Entwurf zur Kontrollreform widerspiegelt. Dieser Gesetzesvorschlag wurde dem zuständigen Ausschuss zur Beratung zugewiesen. Allerdings fand auch dort keine inhaltliche Debatte über den Inhalt des Antrages statt, sondern die SPÖ lehnte ab und verwies einmal mehr auf die Klubebene.

 

Was bedeutet denn das in demokratiepolitischer Hinsicht? - Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, sind nicht bereit, einen fundierten Antrag aller Oppositionsparteien in dem von der Stadtverfassung dafür vorgesehenen Gremium inhaltlich zu diskutieren. Nein, Sie ziehen es vor, den Antrag abzulehnen - wohlgemerkt ohne inhaltliche Diskussion -, und Sie erzählen uns von Gesprächen auf Klubebene. Ist das Ihr Demokratieverständnis?

 

Ich befürchte nach den Erfahrungen, die ich bis jetzt mit der SPÖ gemacht habe, dass es genau das ist, was Sie unter Demokratie verstehen. Sie entziehen sich inhaltlichen Diskussionen in der Öffentlichkeit, zum Beispiel hier im Landtag, Sie stimmen Anträgen der Opposition meistens nur zu, wenn sie Ausschüssen zugewiesen werden, und dort bereiten Sie diesen Anträgen dann ein Begräbnis erster Klasse. - Brauchen wir nicht, wollen wir nicht! Es ist alles super, es ist alles leiwand! Danke, wir brauchen keine Vorschläge von der Opposition!

 

Aber, meine Damen und Herren von der SPÖ, eine Demokratie lebt auch davon, dass es eine Opposition gibt! Und dass Sie die Mehrheit haben, heißt noch lange nicht, dass Sie auch immer recht haben! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Als Vorsitzende des Kontrollausschusses habe ich wiederholt zu einer inhaltlichen Diskussion über die Kontrollreform eingeladen - bis jetzt ohne Erfolg. Daher an dieser Stelle im Landtag nochmals meine Einladung, speziell an die SPÖ: Beteiligen Sie sich doch auch an der inhaltlichen Diskussion über die öffentliche Finanzkontrolle! Ich gebe Ihnen dazu gerne die Gelegenheit, indem ich nochmals einige Anträge dazu einbringe, und das auch wieder im Namen aller Oppositionsparteien. Vielleicht gibt es Ihnen ja doch einmal zu denken, dass sich in diesem Haus und in dieser Frage drei Oppositionsparteien einig sind - soweit wir auch sonst inhaltlich voneinander entfernt sind.

 

Der erste Antrag ist der nochmalige Versuch, Rahmenbedingungen für eine kompetente inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorschlägen der Oppositionsparteien zur Kontrollreform zu schaffen, und zwar durch die Einrichtung einer Kommission zur Behandlung unseres Initiativantrages.

 

Ich werde im Folgenden auch noch erläutern, warum es in unseren Augen unumgänglich notwendig ist, drastische Reformschritte für die Finanzkontrolle in Wien zu setzen. Wien hat ja insofern eine Sonderstellung, als es das einzige Bundesland ist, in dem es keinen Landesrechnungshof gibt. Nun kann man natürlich Wien von zwei Seiten betrachten: als Gemeinde und als Bundesland. Angesichts des Finanzvolumens von rund 12 Milliarden EUR allerdings, das der Kontrolle des Wiener Kontrollamtes unterliegt, ist es wohl angebracht, die Sonderstellung des Kontrollamtes zu sehen und es auf der Ebene der Landesrechnungshöfe anzusiedeln. Ob die Kontrolleinrichtung in Wien nun „Kontrollamt" oder „Landesrechnungshof" heißt, ist meines Erachtens weniger von Belang als die gesetzliche Verankerung der Landeskontrolleinrichtung.

 

Der internationale Standard der unabhängigen öffentlichen Finanzkontrolle ist in der so genannten Deklaration von Lima aus dem Jahr 1977 geregelt. Wesentliche Parameter der Unabhängigkeit sind die organisatorische und wirtschaftliche Unabhängigkeit von der Verwaltung. Dieses Kriterium, meine Damen und Herren, wird von allen anderen Bundesländern erfüllt, da in allen anderen Bundesländern die jeweiligen Landesrechnungshöfe direkt dem Landtag unterstellt sind, nur in Wien ist das Kontrollamt ein Teil des Magistrats.

 

Das, meine Damen und Herren, widerspricht demokratiepolitischen Mindeststandards, und das gehört geändert! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Daher bringe ich auch hier im Namen aller Oppositionsparteien den Antrag ein, die Stadtverfassung dahin gehend zu ändern, dass das Kontrollamt als eigenes Organ der Gemeinde Wien dem Gemeinderat unterstellt wird und die Personalhoheit bei der Leitung des

 

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