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Landtag, 3. Sitzung vom 25.01.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 78

 

allen voran Wiens, entgegen.

 

An erster Stelle ist dabei zu erwähnen, dass der Entwurf die Beibehaltung der Direktvergabemöglichkeiten für eigene kommunale Unternehmen unter der strengen Auflage vorsieht, dass sich diese Unternehmen außerhalb des geographischen Wirkungsbereichs der Kommune nicht am Wettbewerb beteiligen. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Dennoch setzt sich Wien im Hinblick auf die Verabschiedung eines Europäischen Rechtsrahmens auf allen Ebenen - Ausschuss der Regionen, RGRE, Eurocities, Europäisches Parlament, Kommission, Rat - intensiv für punktuelle Verbesserungen des Verordnungstextes ein und zwar für: Erstens, die Einführung einer klaren Vorrangregelung der Bestimmungen der ÖPNV-Verordnung gegenüber den Regeln über die öffentliche Auftragsvergabe; zweitens, eine flexible Handhabung der Direktbetrauung kommunaler Verkehrsunternehmen im Einzelfall für verkehrspolitisch wichtige Linien, die über die geographische Bezugsgrenze zur Anbindung von Umlandgemeinden an städtische Ballungsräume hinaus gehen und drittens für die Beibehaltung einer Direktvergabemöglichkeit für Regionalverkehre.

 

In diesem Zusammenhang ist kritisch anzumerken, dass die vielen positiven Entwicklungen zur Reformierung des ÖPNV auf europäischer Ebene nicht durch Einführung strengerer, wettbewerbsbezogener, innerstaatlicher Regelungen konterkariert werden dürfen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben dem Thema Daseinsvorsorge ist für uns der Beitrag der Städte zur wirtschaftlichen, zukunftsorientierten Entwicklung von Europa ein zentrales Anliegen. Städte waren immer schon Labors für Entwicklungen aller Art. Die meisten sozialen und technologischen Entwicklungen nahmen dort ihren Ausgang. Mit diesem charakteristischen Strukturwandel sind sowohl Chancen wie Risken verbunden, für den einzelnen wie für die Gesellschaft insgesamt. Städte haben es gelernt, mit diesem Strukturwandel umzugehen, auf ihn zu reagieren. Sie sind auch gewöhnt, das sich teilweise durch den Strukturwandel ergebende Marktversagen auszugleichen. Gerade weil es zur Erreichung der Ziele von Lissabon in vielen Sektoren der Anpassung von Strukturen an die neuen Herausforderungen bedarf, kommt den Städten eine zentrale Rolle zu. Aus diesem Grund leisten Städte einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der 2005 neu ausgerichteten Lissabon-Strategie.

 

Wie alle meine Amtskollegen wünsche ich mir, dass es in meiner Gemeinde, in meiner Stadt Wirtschaftswachstum gibt. Aber Wirtschaftswachstum allein darf nicht die einzige Orientierung sein. Das Wachstum muss allen Bürgern zugute kommen und zwar in Form von Chancengleichheit und sozialen Standards. Das Wachstum muss von Verantwortung für die zukünftigen Generationen getragen sein, dass heißt, bestimmt von ökologischen Grenzen und Nachhaltigkeit.

 

Die überarbeitete Lissabon-Strategie, die EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung und die neue sozialpolitische Agenda, erst alle drei zusammen ergeben eine sinnvolle politische Orientierung für Europa und damit auch für unsere Heimatstadt.

 

Wachstum, sage ich, das ist kein Selbstzweck. Es ist vielmehr ein Mittel zur Steigerung der Beschäftigung, sozialen Zusammenhalts und der ökologischen Nachhaltigkeit. Indem es so zum Erhalt des europäischen Sozialmodells beiträgt, sichert es die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger Europas. Beschäftigung ist für die Betroffenen das wichtigste Thema. Durch die neue Konzentration auf Wirtschaftswachstum und Produktivitätssteigerungen dürfen die übrigen Dimensionen der Lissabon-Strategie nicht aus dem Blick verloren werden.

 

Lassen Sie mich auch eine kritische Anmerkung zum Lissabon-Prozess anfügen. Im Zusammenhang mit dem Lissabon-Prozess wird mehr denn je deutlich, dass Städte gerade hinsichtlich des sozialen Zusammenhalts und der ökologischen Nachhaltigkeit wichtig für die Zukunft Europas sind. Zugleich ist aber anzumerken, dass die tatsächliche Einbindung von europäischen Städten und Regionen in den Lissabon-Prozess keineswegs zufriedenstellend ist. Wegen des Top-Down-Ansatzes bei der Entwicklung und Umsetzung der Lissabon-Strategie war die überwiegende Mehrheit der europäischen Städte in die Erstellung der nationalen Reformprogramme der Mitgliedsstaaten nicht eingebunden. Die Europäische Kommission hat der Kritik an der mangelnden Einbindung mittlerweile Rechnung getragen, die mit der Vorlage des Arbeitsdokuments “Die Kohäsionspolitik und die Städte. Der Beitrag der Städte zu Wachstum und Beschäftigung in den Regionen und der entscheidende Beitrag, den Städte für Wachstum und Beschäftigung, sozialen Zusammenhalt und eine nachhaltige Entwicklung leisten können“ klar zum Ausdruck kommt.

 

Wien ist sich seiner besonderen Rolle für die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit, aber auch seiner Rolle für die Sicherung des sozialen Zusammenhalts und für den Schutz der Umwelt bewusst. In Wien werden nicht einseitige Liberalisierungssünden wiederholt, sondern es wird professionell an der Verbesserung der Leistungen der Stadt für die Bürger gearbeitet und es werden optimale Voraussetzungen für eine attraktive und lebenswerte Stadt geschaffen. Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft ist Wissen, Forschung, sowie die Umsetzung von Wissen, das heißt Innovation.

 

Wien soll deshalb zentraleuropäische Forschungshauptstadt werden. Mit aller Kraft setzt sich die Wiener Stadtregierung dafür ein, dass Bildung der Grundstein für eine funktionierende Wissensgesellschaft ist, Forschung und Wissenschaft unterstützt werden.

 

Aber es ist nicht leicht, die Bedeutung von Wissen und Bildung in manche Köpfe zu bringen. Ein Beispiel dafür ist die Diskussion, ob es eine europaweite Arbeitserlaubnis von hoch qualifizierten Arbeitskräften in Form einer so genannten Greencard geben soll. Wien unterstützt dieses Vorhaben, weil die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Wien dadurch langfristig gestärkt wird.

 

Ausbildung und Migrationspolitik haben viele Facetten. In der Region Wien sind diese Themen auf Grund der geographischen und historischen Situation in

 

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