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Landtag, 20. Sitzung vom 04.03.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 56

 

Bestimmungen sagen, damit Sie ein bisserl in sich gehen können. Was bekämpfen Sie noch alles vor dem Verfassungsgerichtshof unter dem Deckmantel der Rechtsstaatlichkeit? Sie bekämpfen vor dem Verfassungsgerichtshof, dass der Asylwerber dann, wenn er einen formlosen Antrag gestellt hat – oft sind diese Menschen weder unserer Rechtsordnung noch unserer Sprache mächtig; das ist nachvollziehbar –, diesen erstens in Form ausgehändigt bekommt, zweitens die Behörde auf eigene Kosten, was ja logisch ist, eine amtliche Übersetzung in seiner Muttersprache anfertigt und ihm aushändigt. Das bekämpfen Sie vor dem Verfassungsgerichtshof! Unter dem Stichwort Rechtsstaatlichkeit, Humanismus oder sonst etwas gehen Sie zum Verfassungsgerichtshof und sagen: Bitte, lieber Verfassungsgerichtshof, hebe den § 24 des Asylgesetzes 2003 auf, mit dem geregelt wird, dass der formlose Antrag in einen formellen umgewandelt wird, damit der Mann oder die Frau auch ein Recht hat, und dass er zweitens in seine Sprache übersetzt wird, damit er es auch lesen kann.

 

Das bekämpfen Sie vor dem Verfassungsgerichtshof? Das versteht ja keiner! Wer soll das verstehen? Wo ist da die Rechtsstaatlichkeit? Wo ist da das humane Verfahren?

 

Oder die Aktenabschrift. Das gibt es jetzt neu nach § 24a Asylgesetz. Er bekommt zum ersten Mal endlich eine Aktenabschrift im Vorverfahren. Eine positive Maßnahme für den Asylwerber. Was ist? Wer bekämpft sie vor dem Verfassungsgerichtshof? Dreimal darf man raten: Die SPÖ-Stadtregierung.

 

Aber nein, die Humanität wird noch weiter getrieben. Sie bekämpfen sogar die positiven Bestimmungen für die Asylwerber einer Familie. Bis dato hatte jeder in der Familie den Antrag selbstständig zu stellen, und es wurde für jeden einzeln abgesprochen. Was ist die positive Erneuerung? Es wird über alle gemeinsam abgesprochen, es gibt keine Aufteilung der Familien mehr bei der Abschiebung mit dann elternlosen Kindern. Da gibt es alles nicht mehr, weil mit dem Gesetz jeder das gleiche Recht bekommt. Im Gegenteil: Wenn einer nur positiv bewertet wird, werden alle Familienmitglieder positiv bewertet.

 

Was macht die SPÖ-Stadtregierung? – Dreimal raten, Kollege Oxonitsch. Sie bekämpfen es beim Verfassungsgerichtshof. Sie sagen, das ist nicht schön, das ist nicht verfassungskonform, das ist rechtsstaatlich bedenklich. Wo kommen wir da hin, wenn die Familien auf einmal abgesprochen werden, wenn es positive Rechte für Kinder gibt, die früher auf einmal allein dagesessen sind, weil wir die Eltern abgeschoben haben.

 

Das bekämpfen Sie vor dem Verfassungsgerichtshof? Ich verstehe es einfach nicht. Das ist das Problem. Wenn Sie nachher herauskommen und es mir erläutern, warum Sie all diese Dinge vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpfen, dann bin ich auch bereit herauszukommen und meine Meinung zu ändern, zurückzuziehen und Ihnen Abbitte zu tun. Ich glaube nur, dass Sie das nicht können. Ich glaube nur, dass Sie selber nicht einmal wissen, was in dieser Schrift steht, die Sie dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt haben. Und das ist leider das Problem.

 

Damit sind wir aber bei einem anderen Punkt. Wir sind bei der Frage: Wer bekommt denn überhaupt ein Asylverfahren? Wer stellt Anträge? Sind diese berechtigt oder nicht? Ein Blick wieder in die Herkunftsstatistik. Ich habe sie nicht aufgestellt, sondern das Bundesministerium für Inneres. Sie ist schon mehrfach zitiert worden. An erster Stelle im Jahr 2003 standen Asylwerber aus der Russischen Förderation: 6 713, zweitens Türkei: 2 843, drittens Indien: 2 823, viertens Serbien und Montenegro: 2 521, fünftens Afghanistan: 2 360.

 

Wir schauen uns die Anerkennungsquoten an. Russische Förderation: 75 Prozent, in Ordnung; Türkei: 14 Prozent, Indien: 0 Prozent, Serbien, Montenegro: 14 Prozent, Afghanistan: 65 Prozent.

 

Was ist das Ergebnis dieser Statistik? Das Ergebnis ist natürlich die Feststellung, dass es Länder gibt, aus denen man zu Recht kommt, um um Asyl anzusuchen, und andere, wo es in den überwiegenden Fällen nicht der Fall ist.

 

Was war der Nachteil am alten Gesetz? Jeder ist in ein unendlich langes Verfahren gekommen, mit allen Nachteilen, und zwar für ihn, für den Rechtsstaat, für die restliche Bevölkerung, und mit den bekannten Effekten – ich habe sie genannt – Verschwinden, U-Boot, Kriminalität, was auch immer.

 

Was gibt es heute? Das Vorverfahren, in dem man das schon abklärt, in dem man jenen restlichen 86 Prozent Türken erklärt, dass für sie das Asylverfahren sinn- und hoffnungslos ist. Und man richtet dann auch neu die Möglichkeit ein, dass er daraufhin seinen Antrag zurückziehen und sagen kann: Ich will gar nicht in das Asylverfahren.

 

Was macht die SPÖ? – Sie bekämpft diese Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof. Aus welchen Gründen auch immer.

 

Ich halte es aber nicht für human, diese Menschen in ein Verfahren kommen zu lassen, das für sie lange dauert, an dessen Ende ihre Abschiebung steht, nachdem sie sich eingewöhnt haben, und ich halte es auch nicht für human, wie sie bisher betreut worden sind. Das war nicht immer positiv. Das wird jetzt durch die Grundvereinbarung besser. Ich halte die Privatisierung, die der Bundesminister Strasser da im Hintergrund macht, auch nicht für sehr positiv. Über die wird man sich den Kopf zerbrechen müssen.

 

Aber Sie werden sich in dieser Stadt auch den Kopf darüber zerbrechen müssen, für welche Asylpolitik Sie stehen und ob Sie in Ihrer Fremdenpolitik bereit sind, über das hinwegzuspringen, was heute die Stadtgrenze, die Staatsgrenze oder die EU-Grenze ist, um mehr positive und präventive Maßnahmen in jenen Räumen zu setzen, in denen die großen Flüchtlingsströme entstehen. (Abg Günter Kenesei: Genau!) Habe ich das richtig verstanden, Kenesei? War das ein "genau"? (Abg Günter Kenesei: Ja!) Danke! (Abg Günter Kenesei: Ein zynisches!) Ein zynisches? Weshalb? (Abg Günter Kenesei: Weil ich Ihren Ausführungen nur mit großer körperlicher

 

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