«  1  »

 

Landtag, 14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 83

 

da zwar schöne rot gebundene Bücher gegeben hat, aber in Wirklichkeit wenig umgesetzt worden ist, weil man der Meinung war, dass man das ruhig hinausschieben kann. Ich komme darauf noch zurück.

 

Der zweite wesentliche Faktor war, dass diese Bundesregierung, das heißt die vorige Bundesregierung, den Auftrag gegeben hat, das Pensionssystem in Österreich wieder zu durchforsten. Im Dezember wurde der zweite Bericht der Expertenkommission zur Rahmenplanung des Pensionssystem vorgelegt. Ich glaube, jetzt ist es an der Zeit, dass man darüber auch diskutiert und schaut, welche Dinge man umsetzen kann, welche Wege man in Zukunft gehen will.

 

In diesem Bericht, wenn man die über 120 Seiten durchgearbeitet hat, kommt man dann zur Botschaft Nummer 2 und die möchte ich gerne vorlesen, weil sie, glaube ich, schon wichtig ist. Da steht nämlich: "Zur langfristigen Finanzierung der Alterspensionen genügt es nicht, wenn wir mehr und länger arbeiten."

 

Das heißt, die Expertenkommission, und da gehe ich jetzt davon aus, dass das keine regierungsfreundlichen Experten alleine waren, sondern im Gegenteil, der Großteil der Experten der Regierung skeptisch gegenüber steht oder sogar in anderen Lagern beheimatet ist, hat hier festgestellt, dass es weiterer Maßnahmen bedarf, weil die Hinaufsetzung des Pensionsalters nicht die allein seligmachende Vorgangsweise ist.

 

Im Zuge der Regierungsbildung wurden ja Sondierungsgespräche mit allen Parteien geführt und hier ist ja immer wieder auch die Pensionsreform angesprochen worden. Daher soll heute niemand so tun, als wäre er überrascht, als wäre es ein neues Thema, sondern ich gehe davon aus, dass alle drei anderen Parteien mit der stimmenstärksten Partei ausgiebig und intensiv über das zukünftige Pensionsrecht gesprochen haben.

 

Dass dieses Pensionsrecht reformiert werden muss, das ist, glaube ich, einem jeden bewusst und das weiß auch der Mensch auf der Straße. Das weiß er auch nicht nur deswegen, weil dann immer die Schuld den Privatversicherungen zugeschoben wird, die natürlich dieses Thema für ihre Zwecke noch schüren, das weiß ich schon, aber den Leuten ist schon bewusst, dass hier Handlungsbedarf ist. Und da gibt es ja viele Ursachen. Es muss einem ja bewusst sein, dass seit der Verabschiedung der gesetzlichen Sozialversicherung die Lebenserwartung - sind wir froh - ganz schön gestiegen ist. Jedes Jahrzehnt steigt es, wenn man den Statistiken nachgeht und das heißt, es ist natürlich auch mehr Bedarf gegeben. Es gibt immer mehr Frühpensionisten. Bei der Verabschiedung der ersten Gesetze hat es ja diese Frühpensionen noch gar nicht gegeben hat. Man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass verfehlte Arbeitsmarktpolitik und verfehlte Wirtschaftspolitik jahrzehntelang auf Kosten der Pensionsversicherung vertuscht wurden, weil man jene, die man nicht mehr beschäftigen konnte, mit verschiedenen Erleichterungen des Zugangs in die Frühpensionen geschickt hat. Das ist ja sogar so weit gegangen, dass man für die metallverarbeitende Industrie eigene Regelungen gebraucht hat, wo Frauen schon ab 50 und Männer schon ab 55 in Pension gehen konnten. Das ist nicht unbedingt negativ, sondern ich will nur sagen, dass (Abg Godwin Schuster: Zwangsweise werden sie jetzt pensioniert! Jetzt!) man hier viele – (Abg Godwin Schuster: Die Menschen können doch nichts dafür!) Na die Menschen können nichts dafür! – Dinge, die man versäumt hat, auf die Pensionsversicherung ausgelagert hat.

 

Natürlich muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass der Bundesbeitrag ins Gerede gekommen ist. Angefangen von der ersten Überlegung der Finanzierung der Pensionen, wo man jetzt - grob gesprochen - davon ausgegangen ist, ein Drittel zahlt der Dienstgeber, ein Drittel zahlt der Dienstnehmer, ein Drittel ist der Bundesbeitrag, wissen wir heute schon, dass wir weit davon entfernt sind. Im ASVG-Bereich sind wir knapp über 20 Prozent, im Angestelltenbereich sind wir sogar unter 20 Prozent und die Tendenz ist fallend. Das hat natürlich auch einen Grund, und jetzt gar nicht die Garstigkeit von irgendwelchen Politikern, denn es ist ja schon lange zurückliegend, dass diese Maßnahme, den Bundesbeitrag einzudämmen, getroffen wurde, sondern einfach deswegen, weil der Bundesbeitrag zwar nicht in Prozenten des Pensionsaufwands, sondern betragsmäßig gestiegen ist, weil immer mehr Menschen, die in Pension gegangen sind, natürlich auch einen erhöhten Zuschussbedarf haben.

 

Ich glaube, dass es natürlich auch ein Bekenntnis dazu geben muss, dass der Bund sich seiner sozialen Verantwortung nicht entledigen kann und der Bundesbeitrag hier auch in Zukunft seinen Anteil an der Pensionsfinanzierung leisten muss.

 

Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang auch darauf verweisen, dass schon den Altvorderen, wie man so schön sagt, bewusst gewesen ist, dass soziale Sicherheit eine wichtige Säule der Demokratie ist. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch darauf verweisen, dass Sozialpolitik dazu da ist, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Schichten der Bevölkerung zu machen. Soziales kann keinesfalls nur aus finanzpolitischer Sicht beurteilt werden.

 

Ich habe gesagt, die Sondierungsgespräche haben sicher auch bei Ihnen allen die Gewissheit gebracht, dass hier Handlungsbedarf ist. Ich habe mir nur einige Daten zusammengeschrieben, damit man sieht, wie es in der anderen EU-Welt ausschaut, weil bei uns immer so getan wird, als wenn da jetzt irgend etwas ganz Geheimnisvolles passieren würde. Die anderen Länder haben nämlich entweder sowieso immer schon einen späteren Pensionsbeginn gehabt oder sie haben bereits im vorigen Jahrzehnt Maßnahmen gesetzt. Belgien zum Beispiel hat am 1. Juli 1997 damit begonnen: Hinaufsetzung des Pensionsalters auf 65, Übergangsbestimmung für Frauen bis 2009. Dänemark: Die wichtigste Pension wird mit 65 gewährt. Deutschland: Mit 65, zum Teil unter gewissen Voraussetzungen auch vorher mit 63. Griechenland hat die große Reform 1998 gemacht: Pensionsalter 65. Spanien: Pensionsalter auf 65. Italien, das ja ein Land war, wo man die Pension noch früher als in

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular