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Landtag, 6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 64

 

Anleitung zu einem Crash-Kurs, vor allem bei der Wirtschaftpolitik, ist das Budget der Bundesregierung, vorgestellt von Herrn Finanzminister Grasser, unterstützt von den restlichen Regierungsmitgliedern!

 

Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend): Ihre Redezeit ist zu Ende.

 

Abg Friedrich Strobl (fortsetzend): Ich komme schon zum Schluss, denn leider habe ich nicht mehr Zeit zur Verfügung. - Sie spielen seit geraumer Zeit das gleiche Spiel, nämlich uns den Schwarzen Peter für all die Missstände, die von der Bundesregierung kommen, anzudrehen! Sie sollten aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem von der ÖVP und von der FPÖ, zur Kenntnis nehmen, der Stadt Wien vorzuwerfen, was auf Bundesebene verbockt wird, wird immer wieder zu Eigentoren führen! - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Die Aktuelle Stunde ist beendet.

 

Die Abgen Dr Kurt Stürzenbecher, Mag Sonja Wehsely und Johann Driemer haben gemäß § 30b der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend ein Gesetz, mit dem die Bauordnung für Wien und die Wiener Stadtverfassung geändert werden, betrifft Verländerung der Bundesstraßen B, eingebracht.

 

Diesen Antrag weise ich den Ausschüssen Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal sowie Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung zu.

 

Der Herr Landeshauptmann hat sich gemäß § 16 der Geschäftsordnung zu einer Mitteilung (00518/2002-MDALTG) betreffend "Daseinsvorsorge" zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit 40 Minuten begrenzt ist. - Bitte, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Mehrere Anlässe haben mich dazu bewogen, bei dieser heutigen Landtagssitzung zum Thema "Daseinsvorsorge" zu sprechen. Zum einen ist, wie Sie alle wissen, das Thema ganz prominent auf der Tagesordnung der Europäischen Union, zum anderen sind die Städte unmittelbar betroffen, und auch in Wien werden wir immer wieder mit Forderungen nach Liberalisierungen und Privatisierungen öffentlicher Dienstleistungen konfrontiert. Ich halte es daher für angebracht, die Gelegenheit zu ergreifen, die Position der Wiener Stadtregierung zu diesen Fragen in aller Deutlichkeit darzustellen.

 

Meine Damen und Herren! "Daseinsvorsorge" ist ein nicht leicht zu verstehendes Wort. Der Inhalt wird aber greifbar, wenn man sich vor Augen ruft, was dahinter steckt. Es geht um nicht weniger als die Versorgung der Bevölkerung mit notwendigen Dienstleistungen wie Wasserversorgung, Abfallbeseitigung, Mobilität, auch soziale Absicherungen und Ähnliches. Es geht damit schlicht um Lebensqualität und zwar um fundamentale Aspekte dieser. Für das Funktionieren dieser Bereiche zu sorgen, ist eine der zentralen Aufgaben der Politik. Dies wurde in der Regel bereits Ende des vorvorigen Jahrhunderts erkannt, nicht nur in Wien, sondern in den meisten europäischen Städten. Wien kann mit Recht stolz darauf sein, auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle gespielt zu haben. Es war der christlich-soziale Bürgermeister Lueger, der die Erbringung der kommunalen Dienstleistungen aus der in jeder Hinsicht desaströsen reinen Profitlogik befreite. Das und die international beispiellosen Leistungen der Wiener Stadtverwaltung in der Zwischenkriegszeit haben die Basis für die - natürlich im Laufe der Zeit weiter verbesserten und auch angepassten - weltweit hoch anerkannten öffentlichen Dienstleistungen Wiens gelegt.

 

Wie Ihnen sicher bekannt ist, hat die Europäische Kommission im Oktober 2000 eine Mitteilung zum Thema "Daseinsvorsorge" veröffentlicht. Diese hatte mögliche Liberalisierungsmaßnahmen in den verschiedenen Bereichen der Daseinsvorsorge zum Gegenstand. Die Mitteilung wurde im Europäischen Parlament behandelt und führte zunächst zur Vorlage eines Berichts des deutschen Abgeordneten Langen, der in der Folge im zuständigen Ausschuss und auch im Plenum diskutiert wurde. Grundtenor des Berichts war die Forderung nach noch weiterreichenden Liberalisierungen als im Kommissionsentwurf vorgesehen. Diese Position stieß im November 2001 bei der Debatte im Parlament auf vielfältige Widerstände.

 

Zu betonen ist hierbei, dass sich die unterschiedlichen Positionen nicht an weltanschaulichen Ausrichtungen festmachen lassen. So vertreten vor allem der bayrische Ministerpräsident Stoiber und CSU-Abgeordnete eine ebenso kritische Position wie Wien, ja sie haben als Erste den Begriff der "Daseinsvorsorge" in der politischen Diskussion geprägt. Auch die Diskussionen auf Ratsebene haben die unterschiedlichen Zugänge klar zum Ausdruck gebracht.

 

Diese vielfältigen Widerstände führten dazu, dass die Thematik an den Europäischen Rat von Laeken herangetragen wurde. Dort wurde die Kommission mit der Ausarbeitung einer Rahmenrichtlinie beauftragt, womit sowohl dem Umstand der massiven Kritik als auch dem offensichtlichen Bedürfnis nach einer flexibleren Herangehensweise Rechnung getragen wurde.

 

Das Wien-Haus in Brüssel, das auch in dieser Frage hervorragende Arbeit geleistet hat, hält es für realistisch, dass bis Ende des Jahres ein Entwurf dieser Rahmenrichtlinie vorliegt.

 

Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs, der von der Thematik her natürlich Bestandteil dieser Diskussionen ist, wurde ein Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission schon vor längerer Zeit ebenfalls auf Grund der vielfältigen Widerstände vorläufig zurückgestellt. An einer Neuformulierung wird innerhalb der Kommission gegenwärtig gearbeitet.

 

Die Stadt Wien hat hier in engem Bündnis mit anderen europäischen Großstädten wie London, Paris, Barcelona, Lissabon, München oder Brüssel, aber auch mit kleineren Städten wie etwa Nürnberg intensiv und erfolgreich ihre Interessen eingebracht. Auch durch die engen Kontakte mit den Abgeordneten des Europäischen Parlaments konnte sich Wien Gehör verschaffen. So wurde die Position Wiens in Briefen an alle Mitglieder des Verkehrsausschusses sowie an alle österreichischen

 

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