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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 22.11.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 91

 

man sich immer relativ wenig vorstellen: In Zahlen bedeutet das, dass Frauen in Wien 6.416 EUR weniger verdienen und außerhalb Wiens in Österreich 8.340 EUR weniger im Jahr verdienen. Das ist sehr, sehr, sehr viel Geld, und wenn man sich das Ganze auch noch aufrechnet auf so ein gesamtes Arbeitsleben, nämlich auf 40 oder 45 Jahre, dann kommt man zum Teil auf 400.000 EUR und mehr, und das ist unfassbar, dass man sagen kann: Frauen verdienen in einem Arbeitsleben um 400.000 EUR weniger als ihre männlichen Kollegen!

 

Es kommt dann oft das Argument: Ja gut, ja gut, das kommt daher, weil Frauen einfach in Jobs sind, die weniger gut bezahlt werden. Jetzt haben sich Menschen die Mühe gemacht, auch diesen statistischen Faktor auszurechnen. Wenn man es um diesen Faktor bereinigt - und es ist schlimm genug, dass Frauenjobs weniger bezahlt werden als jene Jobs, wo in erster Linie Männer vertreten sind, das ist schlimm genug, aber lassen wir dieses Thema kurz beiseite -, wenn wir diesen Faktor herausrechnen, ist es immer noch so, dass Österreich-weit Frauen 6.094 EUR weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.

 

Und da ist eben keine Statistik mehr der Grund, sondern da ist der Grund Ungleichbehandlung und mangelnde Chancengleichheit von Frauen am Arbeitsmarkt gegenüber den Männern. Warum ist das so? - Könnte man sich ja fragen 2023. Warum ist das eigentlich noch so? Das ist so, weil zum Beispiel Kinderbetreuungseinrichtungen außerhalb Wiens - das möchte ich an dieser Stelle betonen und unterstreichen -, es erstens zu wenige gibt, sie oft nur bis mittags offen haben und darüber hinaus die Betreuung der Kinder immer noch hauptsächlich Aufgabe der Frauen ist. Was mit sich bringt, dass Männer eher Überstunden machen können oder auch die Möglichkeit haben, flexible Arbeitszeiten zu haben, oder es sich flexibler einteilen können, um es vielleicht so auszudrücken. Darüber hinaus sind die Pflege und Betreuung von Angehörigen - also man geht ja oft in so einem Frauenleben von der Betreuung der Kinder direkt über in die Betreuung der Verwandten, der Angehörigen -, sind auch diese Betreuungsaufgaben mehrheitlich Frauenangelegenheit und die gesamte - nicht die gesamte, da möchte ich jetzt schon ein bisschen abschwächen -, aber weite Teile der Hausarbeit und Versorgungsarbeit liegt nach wie vor bei Frauen.

 

Es können sich wahrscheinlich nicht mehr viele in diesem Saal erinnern - unsere heutigen Zuhörerinnen und Zuhörer gar nicht, die sind viel zu jung dafür -, aber viele können sich noch erinnern: „Ganze Männer machen Halbe-Halbe.“ Das war der Slogan einer Kampagne, die die Frauenministerin Helga Konrad im Jahre 1996 gemacht hat und durchgeführt hat. Ich kann mich noch erinnern, ich bin schon von der älteren Generation. (Heiterkeit bei GR Mag. Manfred Juraczka.) Ja, Sie auch, Sie können sich auch noch gut erinnern. Damals im Jahre 1996 gab es heftige Diskussionen, die auch sehr lange angedauert haben. Die Kampagne ist dann verschwunden, aber Halbe-Halbe ist mir und ist uns oder ist vielen von uns heute immer noch im Ohr. Halbe-Halbe war eine der besten Kampagnen - bis heute ist ganz klar, jeder und jede wissen oder viele, die sich noch daran erinnern können, wissen, was sie damit gemeint hat. Sie ist 27 Jahre her, die Kampagne Halbe-Halbe, und wir sind noch meilenweit davon entfernt, dass Halbe-Halbe auch tatsächlich Realität, Selbstverständlichkeit in unserer Gesellschaft geworden ist.

 

Warum verdienen Frauen in Wien viel mehr als Frauen im restlichen Österreich? Die Frage kann man sich ja auch stellen, denn Best Practice ist so etwas, wo wir uns oft etwas abschauen. Es ist eben kein Zufall, dass Frauen in Wien mehr verdienen als Frauen anderswo in Österreich. Das hat damit zu tun, dass wir die Kinderbetreuungseinrichtungen haben, das hat damit zu tun, dass wir Ganztagsschulen haben, die lange Öffnungszeiten haben, vor allem durchgehende Öffnungszeiten und die in Wien noch dazu gratis sind. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Und - jetzt muss ich mich total beeilen, wie ich gerade sehe - es ist ganz klar ablesbar auch: Dort, wo es längere Öffnungszeiten gibt, ist die Lohnschere kleiner. Das ist ein ganz, ganz wesentlicher Punkt. Was kann man allerdings noch tun, um Lücken zu schließen? Wir in Wien haben viele Förderprogramme, Qualifikationsprogramme, vor allem durch den WAFF, da kann man sich auch ein Beispiel nehmen. Aber auch wir können noch vieles tun. Die EU hat ihre Aufgabe gemacht, hat eine Maßnahme gesetzt, die Richtlinie zur Lohntransparenz wurde beschlossen, im Übrigen unter maßgeblicher Mitwirkung einer österreichischen Abgeordneten, nämlich der Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, unserer Sozialdemokratin Evelyn Regner, die sich da wirklich sehr, sehr dafür eingesetzt hat, und es ist geglückt, die Richtlinie zur Lohntransparenz konnte beschlossen werden. Jetzt liegt es an uns, an uns gemeinsam, Bund und Länder, diese Richtlinie auch umzusetzen. Ich weiß, da werden wir in Wien auch noch wesentliche Schritte setzen, und das halte ich für ganz wesentlich und notwendig.

 

Das Ziel sind gerechte Löhne, das Ziel ist selbstständiges, unabhängiges Leben von Frauen. Und wenn ich von selbstbestimmtem Leben und unabhängigem Leben von Frauen rede, dann geht es uns vor allem auch darum, dass Frauen in unserer Stadt, in unserem Land ein sicheres, ein angstfreies Leben leben können. Wie Sie dem Titel der Aktuellen Stunde entnehmen können, sehen Sie, dass auch das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen angeführt ist. Insofern ist es sehr, sehr aktuell und ich freue mich schon sehr darauf, wenn wir morgen gemeinsam am Rathaus wieder die Fahne hissen werden, am Beginn von „16 Tage gegen Gewalt“, und ich möchte schon auch etwas Positives sagen, um auch den jungen Zuhörerinnen und Zuhörern ein Bild zu vermitteln, was ja oft draußen nur so eines ist: In der Politik, da streiten sie alle und da tut immer einer auf den anderen und überhaupt … Nein, das ist nicht immer so. Es gibt auch viele Bereiche, wo das nicht so ist und wo wir auch sehr konstruktiv und gut zusammenarbeiten. Das Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder ist so ein Themenbereich, wo ich den Eindruck habe, dass wir zumindest in diesem Saal immer eine sehr konstruktive Zusammenarbeit finden, und so freut es mich eben auch - ihr werdet es die nächs

 

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