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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 112 von 122

 

einfach nicht gemacht. Vielleicht bauen Sie einfach auf die grüne Wiese, ohne zu bedenken, dass das dort auch mit Leben gefüllt werden muss, ohne zu bedenken, dass dort Menschen ihre täglichen Wege gehen und fahren müssen, die dann im Stau oder in überfüllten Straßenbahnen stehen. Das wurde leider alles nicht mitgedacht.

 

Ähnlich - und das betrifft offenbar viele Bereiche im Bezirk - ist die Kanalisation. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, und das wissen wir aus Anfragebeantwortungen: Die Kanalisation ist jetzt schon am Limit. Wenn es zu Starkregenereignissen kommt, es war ja letzten Sommer der Fall, dann geht sie über und dann schwimmt dort einfach alles. Jetzt wächst die Donaustadt, jetzt werden neue Wohnungen gebaut, und es ziehen zig Tausende neue Menschen zu, aber die Kanalisation ist bereits am Limit. Es ist völlig offen, wie Sie dieses Problem zu lösen gedenken. Wir wissen, dass es öfter zu Starkregenereignissen kommen wird. Das sind Prognosen, die da sind. Es ist überhaupt keine Vision, wie damit umgegangen werden kann, wie dieses infrastrukturelle Problem gelöst werden soll.

 

Ich komme jetzt zu den prozessualen Punkten, die man bei diesem Akt kritisieren muss, erstens das Thema Umweltverträglichkeitsprüfung. Es wurde keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Da gab es einen Prozess vor dem Verwaltungsgericht, den hat in erster Instanz die Bürgerinitiative verloren. Sie ist aber in zweite Instanz gegangen, und diese zweite Instanz ist offen. Das heißt, wir sprechen hier von einem offenen Verfahren, über das wir heute abstimmen. Das ist nicht abgeschlossen, meine Damen und Herren.

 

Es wurde auch deswegen keine Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht, weil beim Umweltbericht gewisse Unschärfen - ich möchte jetzt nicht Fehler sagen - passiert sind. Ich werde später noch darauf eingehen. Interessanterweise hat die Umweltanwaltschaft zunächst gesagt, es muss unbedingt eine UVP geben, und dann auf einmal war halt eigenartigerweise nichts mehr von ihnen zu hören. Zuerst haben sie gesagt, es sind erhebliche Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt, und dann auf einmal verstummt - sehr eigenartig.

 

Die Auswirkungen auf die Umwelt können auch deswegen nicht ausreichend geprüft werden, weil wir im Akt nicht ausreichend Informationen zu der Baustruktur und zu der Bautiefe haben. Es ist die Rede davon, es wird ein Stockwerk in die Tiefe gebaut. Das ist bei 33 m hohen Bauten, die dort geplant sind, unrealistisch. Wie tief es tatsächlich hinuntergehen wird, wissen wir also nicht genau. Die Frage, wie weit es hinuntergehen wird, hat aber Implikationen wegen dem Grundwasser. Das heißt, in der Nähe ist der Hirschstettner Badeteich, der jetzt schon einen sinkenden Grundwasserspiegel hat. Jetzt baut man dort bei der Süßenbrunner Straße in die Tiefe, wie tief auch immer, wissen wir nicht, keine Ahnung, welche Implikationen das auf den Wasserspiegel im Hirschstettner Badeteich haben wird.

 

Zweites Problem mit den Grabungsarbeiten: Das war dort altstoffbelastetes Gebiet. Jetzt gab es ein Gutachten vom Wiener Gewässermanagement, das sich gerade um dieses Thema gedreht hat, nämlich, kann sichergestellt werden, dass mit den Bauarbeiten dort diese Altstoffe nicht freigesetzt werden. Sie haben ausdrücklich in dem Gutachten darauf hingewiesen, dass nicht beurteilt werden kann, ob die Schadstofffahne komplett abgereinigt wurde - wortwörtliches Zitat. Das bedeutet, es besteht natürlich die Gefahr einer Schadstoffmobilisierung in die umliegenden Brunnen, meine Damen und Herren. Die umliegenden Brunnen bedeutet, das sind Betroffene, die Einfamilienhausbesitzer, die heute schon dort wohnen. Das sind Betroffene, die Menschen in ihrem unmittelbaren Lebensbereich, das sind Betroffene der Bürgerinitiative. Aber das ist völlig irrelevant, dass Sie auf diesen Einwand eingehen oder vielleicht das genau prüfen lassen. Völlig egal, diese Gefahr nehmen Sie einfach in Kauf. (Beifall bei der ÖVP und von GR Anton Mahdalik.)

 

Ein weiterer spannender Punkt - jetzt begeben wir uns ein bisschen in Flora und Fauna - sind die Feldhamster. Es gibt dort eine Feldhamsterpopulation, und ob Sie es wussten oder nicht, der Feldhamster ist in Wien eine sehr bedrohte Tierart und wird auch auf europäischer Ebene geschützt. Es gab eine Feldhamsterstudie. Ich weiß nicht, ob Sie das wussten, ich habe es lange nicht gewusst. Es gab eine Feldhamsterstudie, die im Jahr 2000 gemacht wurde. Warum wir alle nichts davon wissen, ist, weil sie nicht veröffentlicht wurde. Sie wurde nicht freigegeben. Es hat dann die Bürgerinitiative angefragt und angefragt und angefragt, und irgendwann jetzt, in der Jetztzeit, nicht damals, wurde sie ihnen dann geschickt. Sie wurde aber nicht nur uns nicht geschickt, sondern sie wurde auch der MA 21B - Stadtteilplanung nicht geschickt. Warum ist das interessant? Warum hätte die MA 21B - Stadtteilplanung die Feldhamsterstudie gebraucht? - Weil die Stadtteilplanung die Stellungnahme geschrieben hat, die dann für den Umweltbericht die Grundlage war. Das bedeutet, dass die Feststellung, dass es dort eine Feldhamsterpopulation gibt und es sich dabei um eine gefährdete Tierart handelt, eben nicht in den Umweltbericht eingezogen ist und dort nicht erwähnt wurde. Aus diesem Grund ist dieser eben nicht vollständig, das ist der springende Punkt. Das muss man sich einmal überlegen, was so eine Administration bedeutet, dass die eine Magistratsabteilung eine Studie macht, sie aber nicht der anderen schickt, die diese Studie braucht, um damit arbeiten zu können. (GR Anton Mahdalik: Das ist empörend!) Das ist vielleicht ein Versehen gewesen, vielleicht aber auch nicht.

 

Meine Damen und Herren, die nächste eigenartige Sache, die sich ereignet hat, war die Widmung. Es ist eine eigenartige Widmungsgeschichte. 2014 wurde der Schutzstatus als Vorrangfläche Kategorie 3 für alle landwirtschaftlichen Flächen des Oberfeldes aufgehoben, weil damals hier das TierQuarTier gebaut wurde. Deswegen gab es da einen extra Beschluss vom Wiener Gemeinderat. Eigenartigerweise wurden aber bereits 2013 von Wohnbauträgern Flächen gekauft, also ein Jahr, bevor diese Ausnahmegenehmigung gekommen ist. Es ist sehr eigenartig, warum dieser Wohnbauträger sich 2013, ein Jahr, bevor diese Ausnahmegenehmigung kam, schon für dieses Land interessiert hat. Wie gesagt, es passieren in der Donaustadt wahre Wunder der Hellseherei.

 

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