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Gemeinderat, 41. Sitzung vom 20.09.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 95 von 116

 

trage ich hiermit noch nach. - Jetzt sind Sie am Wort, Herr Gemeinderat.

 

19.10.01

GR Erich Valentin (SPÖ)|: Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich teile die Freude der GRÜNEN, dass Kollegin Haase im Wiener Gemeinderat ist. Ich teile auch ihre Freude, dass sie sich gemeinsam mit mir dafür einsetzt, dass der Umweltverbund in Wien immer stärker wird. Das Schöne ist - da teilen wir die Freude wahrscheinlich nicht -, dass ich mich freue, dass sich Kollegin Haase von Ihnen, ihrer Grünen Fraktion, durch einen ganz, ganz wesentlichen Bestandteil unterscheidet: Sie kommt aus einem Bezirk, wo es jetzt schon sehr viel Radfahrverkehr gibt.

 

Der 16. Bezirk - da war sie lange Zeit in der Bezirksvertretung - hat es geschafft, dass er die Menschen auf die Reise zu einer Stärkung des Umweltverbundes mitgenommen hat: öffentlicher Verkehr, Zufußgehen und Radfahren. Das ist der große Unterschied. Deshalb freut es mich auch als Vertreter des 20. Bezirks, dass wir in der Periode 2022 auf 2023 jetzt auch einen sehr, sehr großen Radweg eröffnen konnten.

 

Was mich weniger wundert und auch nicht freut, sondern was ich in Wirklichkeit nur registriere, ist, dass sich Kollege Stark in einer Motivation erfreulicherweise nicht ändert, wenn er da herauskommt. Das ist zwar vielleicht für ihn und für sein Selbstverständnis gut, für die Demokratie aber ein bisschen problematischer: Er kennt keine Selbstzweifel. (Heiterkeit bei GRin Mag. Heidemarie Sequenz.) Wenn er da herauskommt, kommt er mit einer Message heraus. Die kann falsch sein, die kann richtig sein. Es ist aber relativ egal.

 

Jetzt sage ich ja nicht, dass er nicht lernfähig ist. Es dauert nur bissel lang, denn ich kann mich erinnern - jetzt haben wir uns ein Jahr lang damit herumgequält -, dass er jedes Mal mit Paris gekommen ist. Dann haben wir ihm sagen dürfen, dass wir, wenn wir den Grünanteil Wiens auf Paris abstimmen, wahrscheinlich 80 Prozent der Parks sperren müssten. Ähnlich ist es mit den Radfahrwegen. Die Zuwachsrate ist in Paris prozentuell ziemlich groß, aber Sie wissen, wie das so ist mit dem Prozentrechnen - Sie sind ja Rechenakrobat -: Es ist immer wichtig, von welcher Ausgangssumme ich ausgehe. Habe ich eine kleine Ausgangssumme, dann ist der Prozentsatz ziemlich groß. Dann wird das natürlich eindrucksvoller. Das verschweigen Sie uns.

 

Sie waren auch heute wiederum rechenakrobatisch unterwegs. Mir ist das eine Freude, und auch Kollegin Pipal-Leixner hat mir gesagt, dass ich das nicht durchgehen lassen soll. Die Fortschrittskoalition hat sich vorgenommen, meine Damen und Herren, jedes Jahr zusätzlich 20 Millionen EUR mehr in den Ausbau der Radinfrastruktur zu investieren. Das hat 2022 - und da darf ich Ihrem Rechenexempel vielleicht ein bisschen nachhelfen - dazu geführt, dass wir 17 km neue und verbesserte Radfahrinfrastruktur im Hauptradwegenetz und 15 km neu in Radverkehrsanlagen in den Bezirksnetzen gehabt haben. Also, ich weiß nicht, woher Sie Ihre Zahlen nehmen. Das müssen magische Würfel sein, dürfte aber wenig mit der Realpolitik und mit dem realen Leben dieser Stadt zu tun haben.

 

Also, ein Mal mehr: Wir sind sehr, sehr glücklich heute. Kollegin Pipal-Leixner ist glücklich, Kollegin Haase ist glücklich, und ich bin glücklich, dass wir Ihnen heute ein Paket von Radwegen präsentieren dürfen, das es in dieser Größenordnung in diesem Gemeinderat in einer Sitzung noch niemals gegeben hat. (Beifall bei SPÖ und NEOS.) Sehen Sie? Das ist ein Applaus, obwohl wir diese relativ langatmige Debatte über das Weltkulturerbe gehabt haben. Wenn wir uns das für dieses Jahr anschauen, dann haben wir dieses Jahr den Startschuss für 20 km Radverkehrsinfrastruktur gesetzt. Das ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man den Umweltverbund stärkt.

 

Sie merken - und das ist der Unterschied zu den zehn Jahren vergeudete Radfahrambition, die Sie zu verantworten hatten -: Wir nehmen die Menschen mit. Wir haben also nicht den Aufruhr, den Sie damals mit den Pop-up-Radwegen gehabt haben, sondern wir bringen Grün, Abkühlung, eine neue Aufteilung des Straßenraumes und zeitgemäße, breite, sichere Radfahrverbindungen in alle Wiener Bezirke. Das ist der Unterschied zwischen dem, was Sie gemacht haben, und dem, was wir machen. Wir nehmen die Bevölkerung mit, und im Gegensatz zu Pop-up-Radwegen sind unsere Radwege nachhaltig. Es gibt sie nach zwei Monaten immer noch. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Vielleicht, Kollege Stark, nehmen Sie von einem alten Mann einen Ratschlag an. (Heiterkeit bei GR Mag. Josef Taucher, GR Ömer Öztas und GR Kilian Stark.) Es ist demokratisch leichter, wenn man irgendwann einmal auch zu gemeinsamen Projekten kommen will, wenn man den anderen nicht immer belehrt und nicht immer sagt, dass der andere nur unrecht hat. Jetzt will ich nicht Kollegin Hungerländer verteidigen, aber ich bin so weit Demokrat, dass ich mir das anhöre und mich nicht in der Bank darüber zerkugle, wie merkwürdig andere Kolleginnen sind. Auch das gehört zur Demokratie. Lassen Sie sich das von einem älteren Menschen sagen. Zur Demokratie gehört auch dazu, den anderen ausreden zu lassen, zuzuhören und nicht herunterzumachen. Das ist ein Bestandteil davon, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und von GRin Mag. Caroline Hungerländer.) Vielleicht werde ich auf meine alten Tage auch ein bissel merkwürdig, aber ich lege Wert darauf - nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen Menschen -, dass man das in diesem Raum beachtet. Ich glaube auch, dass wir dann auch besser miteinander fahren würden.

 

Also, eine tolle Situation heute: Wir haben heute mehr Radwege verabschiedet oder verabschieden sie hoffentlich - ich bin mir ziemlich sicher, dass die Mehrheitsverhältnisse klar sind - als jemals zuvor. Wir zeigen, dass wir nachhaltig Radwege bauen und sie nicht nach ungefähr zwei Monaten wieder von der Straße kratzen müssen. Wir zeigen, dass wir es mit den Menschen tun.

 

Wir haben keine verfeindeten Bezirke. Wir haben keine verfeindeten Menschengruppen in den Bezirken. Wir versuchen, die Leute mitzunehmen. Ja, das ist mühsamer. Ja, das kann man nicht von oben herab machen.

 

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