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Gemeinderat, 41. Sitzung vom 20.09.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 84 von 116

 

Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Aber der Kollege Babler sieht das auch so! Der ist auch kein großer Fan!)

 

Im Übrigen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich weiß nicht, wer von euch allen die „draft decision“ auch gelesen hat. Selbst wenn der Heumarkt jetzt in Ordnung wäre, wären wir noch immer nicht von der Roten Liste gekommen, weil wir noch immer auch eine kleine Baustelle betreffend das Wien Museum und betreffend das Bauvorhaben Palais Schwarzenberg und die Gärten dort haben. Ich meine, das muss man natürlich den Wienerinnen und Wienern sagen, was ein Weltkultur-Vertrag bedeutet. Ich war in Bahrain dabei, Elisabeth, ich war nicht nur jetzt in Riad dabei, ich war in Bahrain dabei und ich war in Baku. Da habe ich miterlebt, wie ich mit unserem sehr lieben Herrn Zunke in einem Container gesessen bin und wir mit der ICOMOS diskutieren mussten, ob wir bei dem Winterthur-Gebäude ein bisschen was wegnehmen, damit das Wien Museum entsteht, und ob wir nicht irgendwie ein Stockwerk hie und da wegnehmen. Und du diskutierst und verhandelst mit jemandem, der jetzt nicht demokratisch von den Wienerinnen und Wienern irgendwie legitimiert und gewählt wurde, sondern er entscheidet das. Er sitzt dort und kann in Wirklichkeit wie bei Facebook, Daumen rauf, Daumen runter, entscheiden. Und das ist die Entscheidung, die pickt.

 

Ich war jetzt vor ein paar Tagen, knapp vor Riad, in Krakau, weil die Stadt Krakau ihr Weltkulturerbe gefeiert hat. Im Übrigen war das die zweite Auszeichnung jemals, die die Stadt Krakau vor 45 Jahren gekriegt hat. Es war ein riesiger Festakt. Ich war dort, es war eben im Gemeinderat eine wunderschöne Sitzung, und jeder Vertreter einer Stadt wurde gebeten, eine Wortmeldung zu geben. Ich kam dann dran und ich habe dann einfach die Gedanken mit den Leuten dort ausgetauscht, was dieser Weltkultur-Status bedeutet. Ist es eine Belohnung, ein Preis, auf den man stolz ist, ihn zu haben? Das war ja offensichtlich bei Krakau der Fall, weil sie sich gefeiert haben und applaudiert haben. Ist es eine Belastung, wie es auch teilweise dann bei der Entwicklung einer Stadt sein kann? Oder ist es natürlich auch eine Verpflichtung, wie es Herr Kowarik als Jurist ehrlich immer wieder sagt? Wir haben einen Vertrag unterschrieben und wir müssen uns daran halten. Das ist aber dann das Spannungsfeld zwischen Politiker und Politikerin, die eine Stadt entwickeln und zwischen Juristen, die halt natürlich jetzt ganz fest an das halten. Oder ist es auch ein Hilfeschrei? Das ist es ja historisch gewesen. Das Weltkulturerbe ist ja mit Abu Simbel in Ägypten entstanden, als man durch den Bau des Staudammes am Nil in Karnak die pharaonischen Tempel verloren hätte. Man hat damals gesagt, wir machen dieses UNESCO-Welterbe. Man hat es dann beschlossen, um sich zu retten.

 

In diesem Spannungsfeld ist es, deswegen ist es auch wahnsinnig wichtig, dass wir Politikerinnen und Politiker Beamtinnen und Beamten, aber auch der Bevölkerung sagen, was es bedeutet, wenn wir so ein Weltkulturerbe haben. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Das ist zu spät! Das hätte man früher machen sollen!) Das heißt ja nicht, dass Wien und wir in der Politik von Wien auf unser Kulturerbe und auf unsere Schätze und auf unsere Stadt nicht achten würden, wenn wir diesen Vertrag und diesen Status nicht hätten. Das ist ja für uns eine Verpflichtung. Das ist ja nicht von ungefähr, dass die Stadt Wien so ist, wie sie ist. Das ist unsere Politik und das liegt uns am Herzen, das liegt nicht an irgendeinem Preis.

 

Ich habe das in Baku miterlebt, als plötzlich Babylon zum Weltkulturerbe ernannt wurde, und die irakische Delegation hat sich gefreut. Ich habe es dann gepostet, und da kam die Reaktion: Ja, entschuldige, brauchen wir die UNESCO, dass man weiß, dass Babylon ein Weltkulturerbe ist? Natürlich nicht! Jeder weiß, dass Babylon ein Weltkulturerbe für die Menschheit, ein „outstanding value“ ist, nur dieser Status heißt ja nicht die Anerkennung, sondern das heißt nur, wir haben einen Vertrag unterschrieben. Was werdet ihr auf der einen Seite einbringen, damit nichts passiert, was müsst ihr einhalten? Und wir sind die Kontrolleure, die das machen. Das heißt - und das will ich jetzt damit sagen -, uns liegt es natürlich am Herzen, dass wir Weltkulturerbe bleiben, aber Weltkulturerbe ist bei uns viel mehr als nur, dass die UNESCO uns das bescheinigt. Wien ist einfach ein Weltkulturerbe, ist ein Juwel. Da brauchen wir niemanden, der uns das bescheinigt. Wir sind einen Vertrag eingegangen, den werden wir einhalten, aber das möchte ich schon hier sehr unterstreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Auch noch ein Danke, weil Peter Brezovszky hier ist: Das Team war von acht verschiedenen Ministerien, Bundesebene, Landesebene. Es war wie eine Fußballmannschaft, und jeder hat dort wie ein kleines Rädchen an allem gedreht, und wir haben gemeinsam gearbeitet. Da ging es nicht darum, wer sich die Lorbeeren holt, wer das schafft, wer das macht. Brezovszky hat uns dann zum Beispiel mit lauter kleinen Nuancen in der „draft decision“ beraten, dass wir das Wort „regret“, bedauern, mit „notes“, wir stellen fest, getauscht haben. Wir loben Wien, wir tun was immer. Das war wirklich eine harte Arbeit. Um 12 Uhr in der Nacht kriegen wir dann den Text. Wir setzen uns um 8 Uhr in der Früh hin, diskutieren auch, welches Land nehmen wir, das uns das macht. Wir sind ja als Wien keine State Party, aber auch der Bund kann sich dort weder zu Wort melden noch irgendetwas verlangen. Es ist so wie bei Herrn Brezovszky: Er sitzt dort oben, kann gerne zuhören, aber kann nichts sagen. Die dort drinnensitzen sind es, und das sind diese 22 Länder.

 

Wir haben uns dann aus zwei Gründen für Saudi-Arabien entschieden: Es ist das Gastgeberland, und weil ja auch die Sorge war - und da sieht man, welche Diplomatie und welche außenpolitischen Skills wir brauchen -, dass Russland jeden Einsatz von einem europäischen Land eventuell auch torpedieren wird. Und Saudi-Arabien ist im Zuge des BRICS und im Zuge der OPEC+ mit Russland halbwegs verbunden. Dadurch haben wir gewusst, dass diese Flanke dann auch sozusagen gedeckt ist, und wir können es machen. Ein Gastgeberland tut man nicht einfach bloßstellen.

 

Ernst Woller, ich danke dir, dass du gesagt hast, warum der Al-Rawi dort ist. Ich kann nur Omar sagen. Dann

 

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