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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 25.04.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 103

 

Verschiebung wird es nach Angaben der Geschäftsführung hier nicht kommen. - Das ist einmal die gute Nachricht, die ich hier weitergeben darf.

 

Nachdem es sich bei dem U2/U5-Umbau um ein so langfristiges Projekt handelt, ist auch die finale Abrechnung natürlich immer in größeren Einheiten zu sehen. Die 1. Baustufe sollte ab 2028 abgerechnet werden, das wissen wir auch alle hier, und die Abrechnung der 2. Baustufe sollte dann zwischen 2032 bis 2035 abgewickelt werden. Selbstverständlich haben wir für die Berechnung einen richtigen Risikopuffer eingeplant, und wir wissen, dass auch Reserven in die Kalkulation eingeflossen sind, um solchen unvorhersehbaren Entwicklungen, wie wir sie jetzt bei diesem Abschnitt sehen, entgegenzuwirken.

 

Dazu zwei Punkte: Erstens haben mir die Wiener Linien klar gesagt, dass jetzt mit den Baufirmen evaluiert wird, was das aktuell im finanziellen Mehrbereich bedeutet. Im Hinblick darauf bitte ich um Verständnis, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorgreifen kann. Es gibt eine enge Vernetzung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Baufirmen, die involviert sind, haben in diesem Zusammenhang Rechte und Pflichten zu erfüllen. Und deshalb ist es, glaube ich, nur vernünftig, auch die Gesprächskultur zu besitzen, in schwierigen Zeiten eine gemeinsame Vorgangsweise zu finden.

 

Zweitens darf ich Ihnen sagen, dass derzeit diese Verschiebungen innerhalb der Risikovorsorge abgedeckt sind. Um also Ihre Frage hier korrekt abzubilden: Ja. Das ist innerhalb dieser Risikovorsorge abgedeckt.

 

Ich möchte aber jetzt nicht so tun, als wäre all das deshalb eine einfache Sache. Wir wissen nämlich auch, dass es diese Thematik der Gesamtkosten im Baubereich gibt. Das war schon in den letzten Jahren kurz vor Covid schwierig, das war in der Covid-Zeit schwierig, und das hat auf Grund der Energiekrise jetzt noch einmal einen Höhepunkt erreicht. Die Baukosten sind massivst gestiegen, und das trifft alle Bereiche, nicht nur den Hochbau oder Tiefbau, sondern all unsere Investitionen. Außerdem sind wir mit einer Inflation, die weit über das normale Maß hinausgeht, als wir uns hier in den letzten 30 Jahren hätten vorstellen können, auf Herausforderungen gestoßen, die erst einmal zu stemmen sein werden. Ich kann mich noch gut erinnern: Vor rund einem Jahr durften wir betreffend die 4. und 5. Ausbaustufe gemeinsam mit dem Bundesminister für Finanzen, aber auch mit Kollegin Gewessler von Ihrer Partei gemeinsam mit dem Land Wien abschließen. Nicht einmal damals hatten wir die Geschwindigkeit der Inflation in dieser Höhe auf dem Radar, wie wir sie jetzt haben. Wir haben aber schon damals dieses Projekt U2/U5 so kalkuliert, dass wir in Summe auf einen Betrag von 5,7 Milliarden EUR gekommen sind.

 

Wie sind wir auf diese Summe gekommen? - Auf Preisbasis 2020 zuzüglich allfälliger Risikozuschläge im Ausmaß zwischen 10 Prozent im kurzfristigen Bereich, 30 Prozent im langfristigen Bereich und einer Vorausvalorisierung bis zum Projektende. Mir war immer wichtig, nicht zu sagen: Belassen wir es bei der Preisbasis. Solche Projekte haben nämlich eine Baudauer von 10 Jahren, und deshalb muss man sicherstellen, dass man auch für diese Periode sauber kalkuliert, und die Kostentragung ist, wie wir auch wissen, 50 zu 50 zwischen Land und Bund geteilt.

 

Es wurden dann aber auch noch zwei Dinge beschlossen, nämlich erstens, dass es einen Lenkungsausschuss geben soll, um entsprechende Veränderungen im Bauverlauf unter den Vertragspartnern abstimmen zu können, und zweitens, dass es auch eine begleitende Kontrolle gibt. Eine begleitende Kontrolle gibt es zwar bei fast jedem Bauvorhaben, das möchte ich jetzt nicht als die neue Qualität darstellen. In diesem Fall ist es aber besonders wichtig, weil diese begleitende Kontrolle eben auch diese Baupreisentwicklungen mit einbeziehen soll. Das beinhaltet diesen Risikoansatz mit 30 Prozent wie auch die Valorisierung, und wir haben pro Jahr eine Valorisierung von 2,5 Prozent angenommen. Das ist also weit weniger, als wir derzeit sehen.

 

Mir war es damals ein großes Anliegen zu sagen: Bitte lasst uns das mit aller Vorsicht angehen! - Deshalb haben wir auch einen Passus aufgenommen, dass, wenn diese Inflationierung höher als 2,5 Prozent ist und länger als 3 Jahre dauert, eine entsprechende Nachverhandlung stattzufinden hat, um dem nicht ausgesetzt zu sein. Ich glaube, wir haben diese Entscheidung richtig getroffen, und diese wurde auch von allen Parteien so mitgetragen. Ich glaube daran, dass diese Gespräche zu führen sein werden. Wir werden das jetzt schon in Kürze tun, um uns einzustimmen, denn ich glaube nicht, dass die Inflation in dieser Form so rasch vorbeigehen wird, dass wir uns Sicherheit wiegen dürften.

 

Ich hätte jetzt noch einiges zur Baupreissteigerung allgemein vorbereitet, ich glaube aber, es ist nicht notwendig, Ihnen das noch auszuführen.

 

Das ist für mich momentan die Ausgangsituation. Es gibt zeitlich keine Verschiebung, und momentan sind wir hier noch in einem grünen Bereich. Dass dieses Thema aber in diesen nächsten Jahren sehr eng werden wird, brauche ich, glaube ich, nicht zu betonen. Das ist wahrlich eine wirtschaftliche Herausforderung.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Danke, Herr Stadtrat. Die 1. Zusatzfrage wird gestellt von Herrn GR Dipl.-Ing. Margulies. Bitte, Herr Gemeinderat.

 

9.56.33

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Ich bin immer wieder überrascht, welch komplexe Antworten eine einfache Frage nach sich zieht! Ihre Beantwortung war fast zu umfassend, sodass jede meiner fünf Zusatzfragen, die ich mir überlegt habe, schon beantwortet ist. Nichtsdestoweniger noch eine kurze Anmerkung und eine kurze Frage dazu: Sie haben davon gesprochen, dass die Abrechnung der 1. Baustufe erst 2028 stattfinden wird. Ich gehe aber davon aus - und hoffe, dass ich da richtig liege -, dass es permanent eine begleitende Kontrolle und auch eine begleitende Rechnungskontrolle gibt. Das heißt also, dass man eigentlich schon bei der Abwicklung des U-Bahn-Baus permanent weiß, um wie viel man angesichts der Entwicklung der Inflation und der schon offenkundig gewordenen Probleme, die es gibt, darüber oder darunter liegt.

 

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