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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 23.02.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 107 von 128

 

Menschen orientieren. Die Probleme, die es gibt, werden immer auf die lange Bank geschoben. Das, was wir halt jetzt sehen, ist, dass mit dieser Ausweitung, mit diesem Basisschaffen, wie sie es nennen, eigentlich nur so ein Copy&Paste-Modell - also ein Copy&Paste von dem, was es bislang schon gegeben hat - weitergezogen wird, mit allen Problemen, die es dabei gibt.

 

Jetzt vor der Einführung, eine Woche vor der Einführung, spitzt sich halt die Lage auch zu. Dass das Machwerk unausgegoren ist, sieht man ja nicht zuletzt daran, dass auch in den vergangenen Tagen herumgedoktert wurde, Stichwort räumliche Ausnahmen. Mein Kollege Hannes Taborsky wird noch darauf konkret eingehen, aber daran sieht man, dass eben in der Vorbereitung und in der Erstellung nicht alles optimal gelaufen ist. Weil Sie auch die Personengruppen angesprochen haben: Aus unserer Sicht werden schon die Menschen im Regen stehen gelassen und viele Personengruppen eben nicht berücksichtigt, vor allem die ältere Bevölkerung, die jetzt vor der Herausforderung steht, ihren Alltag entsprechend neu zu organisieren oder es auch fraglich ist, ob sie ihn so überhaupt erhalten kann.

 

Aus meiner Sicht kann man eben diese Sorgen nicht einfach vom Tisch wischen und sagen, ja es wird sich immer irgendwer aufregen, die Probleme wird es immer irgendwie geben, man wird sich damit arrangieren, irgendwann pendelt sich das ein, durchtauchen und wird schon passen. Ich rede, wenn wir sagen, diese Personengruppen müssen berücksichtigt werden, nicht immer nur von Ausnahmen, also dass automatisch jemand gleich das Pickerl, den Kleber bekommt und damit ist alles erledigt. Nein, aus meiner Sicht braucht es da eben die Geduld und auch den Mut, sich Lösungen zu überlegen, die vielleicht nicht nur das Pickerl sind, sondern dass man sich optimal überlegt, wie man ein Modell, eine Parkraumbewirtschaftung gestalten kann, die eben auch die Menschen und ihre Bedürfnisse mitnimmt. Ich glaube, das muss der Anspruch sein, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Etwas, was mir wichtig ist, was auch in der Debatte seitens der Stadtregierung oft vergessen wird, ist, dass es rund um das Thema Parkraumbewirtschaftung vor allem auch Begleitmaßnahmen braucht. Wenn es um sinnvolle Verkehrslösungen geht, die alle abholen sollen, dann darf man nicht nur auf die Parkraumbewirtschaftung als Einzelmaßnahme setzen, sondern da muss man Verkehr und Mobilität im Ganzen betrachten. Dazu gehört auch der Ausbau des öffentlichen Verkehrs bis an die Stadtgrenze. Sie haben schon einige Projekte genannt, es ist natürlich auch wichtig, sie entsprechend umzusetzen, das Optimum wäre natürlich, bevor die Parkraumbewirtschaftung eingeführt wird, den öffentlichen Verkehr als Alternative entsprechend auszubauen, auch die Park&Ride-Anlagen sollten natürlich schon da sein, bevor das Pendlerproblem zur Spitze getrieben wurde.

 

Was den Ausbau des öffentlichen Verkehrs anbelangt und auch das Argument, dass es immer Probleme geben wird und bei der ersten Einführung hätten sich die Menschen auch gemeldet und waren besorgt und das habe sich quasi in Luft aufgelöst: Ich glaube, eine Sache - und die ist mir auch wichtig zu unterscheiden - darf man nicht vergessen: Man kann nicht alle Bezirke und die Verkehrssituation über einen Kamm scheren. Wir haben einfach in den Bezirken unterschiedliche Herausforderungen und unterschiedliche Szenarien, wie der öffentliche Verkehr dort ausgebaut ist.

 

In den Außenbezirken gibt es schlichtweg oft keine Alternativen, das muss man ganz ehrlich sagen, sehr geehrte Damen und Herren. Ich bringe jetzt sogar ein persönliches Beispiel: Aufgewachsen im 19. Bezirk, weit draußen, da, wo die Höhenstraße beginnt, kann ich Ihnen sagen, der 17. Geburtstag war einer meiner wichtigsten Geburtstage, denn da konnte ich anfangen, den L17 zu machen, damit ich endlich den Führerschein schaffe und mich da rausbewegen kann. Ja, das klingt jetzt lustig, aber zum Fortgehen ist das Auto auch nicht immer so klass.

 

Seit einiger Zeit wohne ich im 9. Bezirk, da brauche ich das Auto weniger, was ich aber damit sagen möchte, ist, dass die Situationen einfach nicht vergleichbar sind. Das kann man auch bei der Ausweitung einer Parkraumbewirtschaftung nicht außer Acht lassen. Wir haben einfach in den Außenbezirken die Situation, dass es dort schlichtweg oft keine Alternativen gibt. Und es kann nicht sein, dass man mit den Öffis doppelt so lange oder noch länger braucht als mit dem Auto, um ans Ziel zu kommen. Sehr geehrte Damen und Herren, solange die Unterschiede zwischen den Fahrzeiten von Öffis und Autos so groß sind, sind sie einfach keine Alternative, Punkt. Es ist so.

 

Teilweise würden auch schon kleine Verbesserungsschritte helfen, da braucht es jetzt oft nicht komplett neue Öffi-Linien. Ich darf Ihnen ein ganz aktuelles Beispiel - auch aus Döbling - bringen. Es gab kürzlich einen Allparteienantrag in Döbling, im Dezember, um die Buslinie 39A, 35A, länger zu führen, zu verbessern, neue Gebiete zu erschließen, sie untereinander zu vernetzen. Da geht es oft um keine Distanzen, also es wären ungefähr vielleicht zwei Stationen mehr in der Distanz, und die Stadt sagt, kein Bedarf, das ist zu teuer, alles bleibt, wie es ist. Sehr geehrte Damen und Herren, das sehe ich halt auch nicht als problemlösend seitens der Stadt. Ich glaube, gerade solche kleinen Maßnahmen können viel verbessern, damit die Lebensqualität und auch die Alternative des öffentlichen Verkehrs gestärkt wird und für die Bevölkerung auch attraktiv ist.

 

Zum Thema Park&Ride-Anlagen, sie haben es schon angesprochen: Wir finden es bedauerlich, dass keine Park&Ride-Anlagen mehr innerhalb der Stadt gebaut werden, wie Sie zuletzt in einem Standortinterview ausgeschlossen haben und das jetzt auch bekräftigt haben. Natürlich begrüßen wir, dass mit Niederösterreich Kooperationen angedacht sind und dass man sich auch da fokussieren möchte, aber ich glaube, es ist schlichtweg zu wenig, sich nur darauf zu beschränken. Ich fürchte, wir brauchen auch die ein oder andere Park&Ride-Anlage in Wien und vor allem an den Stadtrandbereichen und natürlich an den Einfallschneisen, aber auch die

 

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