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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 28.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 106

 

Zu guter Letzt möchte ich hier noch eine Einladung aussprechen, um etwas zu genießen, wo oft kleine Maßnahmen große Auswirkungen haben. Ich lade Sie alle ein, die Gastronomie auf den Wiener Märkten zu besuchen, und zwar am Sonntag. Es ist wirklich schön, zu sehen, wie diese Grätzloasen jetzt auch am Sonntag zum Leben erwachen und ein tolles Angebot für die Wienerinnen und Wiener bieten. Das war vielleicht für manche nur ein kleiner Liberalisierungsschritt, aber definitiv ein großer Schritt für die Zukunft der Wiener Märkte. Vielen Dank.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau StRin Mag. Pühringer. Ich erteile es ihr. Selbstgewählte Redezeit acht Minuten.

 

11.03.50

StRin Mag. Judith Pühringer|: Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer via Livestream!

 

Der Rechnungsabschluss ist ja so etwas wie in Zahlen gegossene politische Arbeit eines Arbeitsjahres. Damit ist es eigentlich auch der perfekte Zeitpunkt, um nicht nur ein Resümee über die Politik des letzten Jahres zu ziehen, sondern auch kurz innezuhalten. Und kurz innehalten möchte ich auch in Bezug auf Kollegen Taucher, der den GRÜNEN gerade vorgeworfen hat, eine „Alles oder nichts“-Politik zu betreiben. Lieber Kollege Taucher: Ja, genau darum geht es bei der Klimapolitik. Es geht um eine „Alles oder nichts“-Politik!

 

Bei der Klimapolitik kann es nur alles oder nichts geben! Es geht nämlich um die Zukunft unseres Planeten, um die Zukunft unserer Kinder und die Zukunft unserer Stadt, und da gibt es nur alles oder nichts.

 

Aber zurück zum Resümee und zurück zum Innehalten: Wir sind ja oft sehr schnell dabei, schnell in die Planung des nächsten Jahres überzugehen, aber gerade heuer, gerade nach diesem Jahr der Pandemie und gerade in diesem Juni, in dem wir zum ersten Mal ein Stück weit aufatmen können, sollten wir vor allem eines nicht tun, nämlich einfach so zur Tagesordnung überzugehen, vor allem nach dieser großen Krise am Arbeitsmarkt, in der Wirtschaft und im Gesundheitssystem. Und wir sollten uns eine Frage stellen: Was haben wir eigentlich alles im letzten Jahr gelernt?

 

Gelernt haben wir nämlich tatsächlich vieles. Wir haben einerseits gelernt - es war sehr deutlich zu erkennen -, wer und was unser System im letzten Jahr zusammengehalten hat. Es waren die Pflegerinnen und Pfleger, es war das Gesundheitspersonal, es waren die Unternehmen der Daseinsvorsorge, es waren die Unternehmen der Sozialwirtschaft und es waren die Frauen. Wir haben gelernt, dass zum Großteil Frauen schlecht bezahlt in systemrelevanten Jobs arbeiten. Wir haben auch gelernt, dass es Frauen sind, die mit Doppel- und Dreifachbelastung Erwerbsarbeit und Sorgearbeit zu leisten haben und jonglierend zwischen Homeoffice und Homeschooling von dieser Krise ganz besonders betroffen waren.

 

Wir haben aber auch sehr viel zum Thema Arbeit gelernt, wie schnell es nämlich gehen kann, in einer massiven Arbeitsmarktkrise zu stecken, und wie schnell es für einzelne Menschen gehen kann, arbeitslos zu werden. Und wir haben gesehen, dass Arbeitslosigkeit ein Zustand ist, den sich tatsächlich niemand wünscht, den niemand herbeisehnt und der schon gar nicht ein bequemes Leben bedeutet, wie das viele von der ÖVP immer noch suggerieren und darstellen wollen, meine Damen und Herren. Wir haben außerdem gelernt, dass Arbeitslosigkeit sehr schnell existenzbedrohend wird. Nur für den Zeitraum der Pandemie arbeitslos zu sein, für dieses Jahr, bedeutet schon, am Arbeitsmarkt das Label langzeitarbeitslos zu haben.

 

Was wir auch gelernt haben, ist, dass mehr Druck auf arbeitslose Menschen nicht automatisch zu mehr Arbeitsaufnahme führen wird. Und das gilt meiner Meinung nach für alle arbeitslosen Menschen, und das gilt übrigens in ganz besonderem Maß für die jugendlichen MindestsicherungsbezieherInnen in Wien, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ.

 

Was wir auch gelernt haben, ist, dass Arbeitsmarktpolitik und Sozialpolitik zusammengehören und nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Wir haben gelernt, dass die Wiener Mindestsicherung, so wie sie im Moment gestaltet ist, vorbildlich gestaltet ist. Wir sollten alles daran setzen, dass es so bleibt und nicht in einer Nacht- und Nebelaktion an Schrauben der Verschlechterung und der Sanktionierungen gedreht werden darf.

 

Wir haben auch viel im Bereich Soziales und Sozialpolitik gelernt. Welche Länder sind gut durch die Krise gekommen? - Die mit einem starken und funktionierenden Sozialstaat, die mit einem starken und funktionierenden System der Existenzsicherung. Die Länder, die Armutsbekämpfung hoch auf die politische Agenda gesetzt haben, sind gut durch die Krise gekommen.

 

Folgendes sei mir noch als Nachtrag zur Diskussion der letzten Woche im Gemeinderat erlaubt, nämlich zum Thema Armutsbekämpfung: Wirksame Armutsbekämpfung setzt nämlich immer an vier Hebeln gleichzeitig an: einerseits an der Existenzsicherung, am Zugang zu sozialen Dienstleistungen, an der Arbeitsmarktpolitik und beim Thema Beteiligung und Partizipation. Und mindestens zwei Prinzipien, nämlich das Thema Beteiligung und das Thema Existenzsicherung, waren keine Prinzipien der in der letzten Woche beschlossenen Änderung der Wiener Mindestsicherung, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

 

Damit bin ich schon beim vierten Thema, Bildung und Jugendliche. Den Jugendlichen gehört nämlich nicht nur die vielbeschworene Zukunft, ihnen muss auch die Zuversicht gehören, nämlich hoffnungsvoll in die Zukunft schauen zu können, auf einem Planeten zu leben, der nicht zugrunde gerichtet wird, ausreichend Platz im öffentlichen Raum zu haben, mit all ihren Ideen, mit ihrer Kreativität, mit ihrer Neugier, mit ihrer Beteiligung, mit ihrem Wunsch nach Beteiligung. Jugendliche haben ein Recht darauf, die Bildung zu bekommen, die tatsächlich chancengerecht für alle ist und die Jugendlichen und Kindern mehr Möglichkeiten bietet, als sie vielleicht statistisch auf Grund ihrer Herkunft zu erwarten haben. Sie haben alle ein Recht darauf, eine Bildungspolitik zu erleben, die nicht und niemals zwischen Verlierern und Ge

 

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