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Gemeinderat, 74. Sitzung vom 24.09.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 82 von 101

 

sagen, wenn ich von den PCR-Tests 5 bis 15 Prozent falsch negative Ergebnisse habe, dann muss man natürlich darüber nachdenken, was wichtig, wichtiger ist. Natürlich müssen wir darauf schauen, möglichst viele Tests zu machen. Niemand wird sagen, wir machen wenig Tests, aber es wäre ganz gut, wenn man immer wieder hinterfragt, wie man den Test macht und auf eine möglichst hohe korrekte Lokalisation dieser Testtabs kommt. Bin ich hoffentlich laut genug? - Ja. Das ist nämlich eine meiner Krankheiten, die sogenannte Englische Krankheit, das leise Reden. Ich hoffe, Sie verzeihen mir.

 

Der nächste Punkt in diesem Antrag der ÖVP ist die Quarantäneüberprüfung. Wie ich das gelesen habe, habe ich mich ursprünglich gefreut. Ich habe mir gedacht, ah, das ist eine medizinische Quarantäneüberprüfung von den Leuten, die in der Heimquarantäne herumkugeln, von denen 1 Prozent eigentlich ganz schlecht beieinander ist, die keine Luft kriegen, nicht einmal Zähne putzen können. 1 Prozent von 4.000 sind auch genug. Ich habe mir gedacht, da wird endlich was gemacht, für die in Quarantäne. Aber das war so nicht gemeint, es ging bei den Quarantäneüberprüfungen nicht darum, das Los und die Situation der Patientinnen und Patienten in Heimquarantäne zu verbessern, sie zu kontrollieren, zu supervidieren und zu führen, es ging einfach darum zu kontrollieren, und das zum Beispiel mit der Polizei. Also das ist natürlich schon etwas absurd.

 

Jetzt muss ich natürlich einen der Kritikpunkte an der Gemeinde Wien noch einmal genauer darstellen. Die Situation hat sich natürlich mit der Änderung des Keimes ein bisschen geändert. Sie werden es vielleicht schon gehört haben, wir haben ungefähr seit Juli eine andere Mutation, das ist der sogenannte G614 statt dem D614, mit einer höheren Infektiosität und Gott sei Dank mit einer niedrigeren Letalität, das steht im „Nature“, im „Cell“ und in verschiedenen Zeitschriften, es wird mittlerweile in Deutschland bei den verschiedenen Kongressen auch schon gesagt. Das bedeutet natürlich nach wie vor: Auch wenn der Prozentsatz an kritischen Fällen niedriger ist, bleibt natürlich die Problematik da, wenn die Absolutzahl hoch ist. Gegenwärtig wird bei den sogenannten Outpatients, also bei den Patienten, die zu Hause in Heimquarantäne sind, mit kritischen Fällen von ungefähr 1 bis 3 Prozent gerechnet, das ist natürlich sehr altersabhängig, bei den Patienten, die in Quarantäneverwahrung sind unter 1 Prozent, bei den anderen bis zu 3 Prozent. Aber diese Patienten kugeln natürlich herum. Ich schätze, das sind mit den Hospitalisierten in Wien schon an die 200, ja, denen es schlecht geht, die auf ihre Angehörigen angewiesen sind, die Phasen haben, in denen sie gerade noch aufs Klo gehen können, aber die sonst nichts verrichten können. Ich weiß das deshalb, weil ich Covid-Patienten telemedizinisch geführt habe, ich habe auch Buch geführt und die entsprechenden anderen Parameter getestet. Da wird eigentlich nichts gemacht.

 

Es gibt nach wie vor die einzige gesetzliche Möglichkeit: Falls Sie konkrete Symptome verspüren, wenden Sie sich an die Hotline 1450. Ja, das ist eine schöne Umschreibung für die Mairie du Sel, das Salzamt. Diesbezüglich gibt es ja Empfehlungen, dass man beispielsweise am Tag 4, 7 und 10 Patienten kontaktiert, die in Heimquarantäne sind, also die Tage 4, 7 und 10 sind die Tage, wo sich das Krankheitsgeschehen entweder zum Guten oder zum Schlechten entwickelt. Natürlich kann man nicht jeden Tag kontaktieren, aber zumindest an einigen Tagen sollte man das telefonisch tun und nicht erwarten, dass jetzt der Patient eine E-Mail schreibt. Also das ist eine ernst zu nehmende Kritik von uns. Man muss die Patienten, die in Heimquarantäne sind, unbedingt überwachen. Man muss diesem Prozentsatz - der niedrig ist, aber das sind trotzdem gegenwärtig an die 200 - helfen, die darf man nicht aus den Augen verlieren.

 

Kommen wir zum nächsten Punkt: Contact Tracing. Ja, da kann man nichts sagen, aber ich finde nicht, dass die Infektionsepidemiologie von der Polizei gemacht werden soll, die haben etwas anderes zu tun, die werden das nicht wollen, keiner will das. Die Polizei will das nicht, wir wollen das nicht, eigentlich will das nur die ÖVP, also ich verstehe das überhaupt nicht. Die Polizei hat ihre Bedeutung, die ist groß, die öffentlichen Gesundheitsdienste haben ihre Bedeutung, die Infektionsepidemiologie gehört sicher nicht in die Hände des Innenministeriums, also diesen Bereich des Antrags verstehe ich, ehrlich gesagt, gar nicht.

 

Es geht dann weiter: Inanspruchnahme der Hilfsangebote des Bundesministeriums für Inneres, und so weiter, und so fort. Also grundsätzlich ist das Innenministerium Befehlsempfänger vom Gesundheitsministerium. Wenn der Gesundheitsminister sagt - ich übertreibe jetzt und karikiere ein bisschen -, tragen Sie mir die Aktentaschen von links nach rechts, dann hat das Innenministerium das auch umzusetzen. Da gibt es eine eindeutige Verantwortungshierarchie, das Gesundheitsministerium hat diesbezüglich das Sagen und das Innenministerium hat eine Unterstützungsfunktion, nicht mehr. So soll es auch bleiben.

 

Nächster Punkt wäre das Bekenntnis zu umfassender Transparenz, insbesondere Informationsweitergabe, Bereitstellung von transparenten Bezirksdaten. Na ja, das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Grundsätzlich ist ja ein Regionalkonzept wirtschaftsfreundlich, weil es nur lokale Bereiche schließt und die anderen Bereiche für die Wirtschaft nach wie vor zur Verfügung stehen. Die Corona-Ampel wäre ein Regionalkonzept gewesen, hat einfach den Sinn, wenn es in Jennersdorf keine Patienten gibt, gibt es keinen Grund, dass man dort im Supermarkt mit der Maske reingeht. - Das ist ein Regionalkonzept. Und es ist natürlich naheliegend, dass man dieses Regionalkonzept, das ja vor allem die Wirtschaft schützt, auch auf Wien umsetzt. Nur ist Wien Universitäts- und Schulstadt, und zwar die größte Universitäts- und Schulstadt, glaube ich, im deutschsprachigen Raum. Da gibt es natürlich Probleme bezüglich - ich will nicht sagen, der Wanderbewegungen - der Änderung der Anwesenheit. Wenn man jetzt im 21. Bezirk eine Infektion nachweist und der oder die war in der Universität oder Schule, wie kann man jetzt den Bezirk dafür verantwortlich machen? Da ist ja eigentlich die Schule oder die Universität dafür verantwortlich.

 

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