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Gemeinderat, 72. Sitzung vom 02.07.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 40

 

Menschen, die Gewalt auf unsere Straßen tragen. Ja, Herr Kollege Haslinger, Null-Toleranz bedeutet Null-Toleranz. Wer glaubt, in Wien einfach so herumlaufen zu können, Autos, Häuser oder sogar Menschen zu attackieren, der wird in uns seinen Feind haben. Das ist eine Grenzüberschreitung, die wir nicht tolerieren. Extremismus, ganz egal, ober er jetzt religiös, nationalistisch oder faschistisch motiviert ist, hat in unserer Stadt keinen Platz. Dagegen muss mit aller Kraft vorgegangen werden.

 

Ja, und genau darum geht es auch jetzt. Herauszufinden, wer da die Rädelsführer sind, welche Netzwerke dahinterstecken und wer versucht, junge Menschen in unserer Stadt zu indoktrinieren. Da können sich die Polizei und auch der Verfassungsschutz unserer Unterstützung sicher sein. Es ist als Politikerinnen und Politiker aber gleichzeitig unsere Aufgabe, die gesellschaftlichen Probleme als Ganzes zu betrachten und zu lösen. Da wird es dann etwas komplizierter. Ich weiß, das wird für Sie manchmal ein bisschen schwierig zu verstehen, aber vielleicht können Sie jetzt mal sinnerfassend zuhören und sozusagen noch etwas lernen.

 

Womit haben wir es im aktuellen Fall zu tun? - Es sind zwei Problemfelder, die wir lösen müssen. Das erste sind die bereits geschilderten Netzwerke. Die versuchen, sich bei uns auszubreiten, die gehören erforscht, verfolgt, ausgehoben und bestraft. Da geht es um Sicherheitspolitik, und dafür ist nun mal die Bundesregierung zuständig.

 

Das zweite Problemfeld ist, dass es offensichtlich eine Gruppe von jungen Menschen gibt, bei denen diese Netzwerke versuchen, anzuknüpfen und sie zu indoktrinieren. Bei manchen fällt es dann auch auf fruchtbaren Boden, wie wir gesehen haben. Wenn man sich anschaut, was Experten wie Kenan Güngör oder Thomas Schmidinger in den letzten Tagen und eigentlich seit Jahren dazu sagen, dann geht es da um junge Burschen, denen Perspektiven und Chancen in ihrem Leben fehlen, die sich hier bei uns nicht aufgenommen fühlen.

 

Da geht es um Integrationspolitik, um Bildungspolitik, um Sozialpolitik, da ist es auch unsere gemeinsame Aufgabe - und zwar von Bund, Land und auch Gemeinden -, ihnen Perspektiven zu bieten, damit sie keinen Rattenfängern auf den Leim gehen können. Diese Analyse ist doch überhaupt nichts Neues, wir wissen das ja seit Jahrzehnten. Deswegen haben wir schon 2014 auch das Wiener Netzwerk für Deradikalisierung, Prävention und Demokratiekultur ins Leben gerufen, das bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft angesiedelt ist. In diesem Netzwerk versammeln wir alle Stellen, die in dieser Stadt in irgendeiner Art und Weise mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, zusätzlich noch die Polizei, den Verfassungsschutz, das AMS, den WAFF, und so weiter, und so fort. Gemeinsam entwickeln wir dort Präventionsmaßnahmen und setzen sie dann auch um.

 

Da gibt es irrsinnig, irrsinnig viel vorzuweisen, ein dichtes Netz an Jugendarbeit, Schulprogramme, wie „Respekt: Gemeinsam Stärker“, das wir erst unlängst ins Leben gerufen haben und wo natürlich der nächste Schritt sein wird, dass wir das auch flächendeckend ausrollen. Alleine 12.000 Schulungen für Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter, Lehrerinnen und Lehrer, hat die Polizei zur Deradikalisierung und Prävention durchgeführt. 12.000 Schulungen! Und Sie fordern das ein, weil es das angeblich noch nicht gäbe. Wir haben das auch systematisiert, das heißt, es passiert laufend in allen unseren Magistratsabteilungen, die sich mit diesem Themenfeld auseinandersetzen, und das weiß die ÖVP nicht einmal. Wir haben Integration ab dem Tag 1, wir haben Deutsch- und Orientierungskurse, wir haben Wertearbeit, und so weiter, und so fort. Das ist eine großartige Arbeit, die dieses Netzwerk leistet, deswegen wurde das sogar mit dem Österreichischen Verwaltungspreis ausgezeichnet. So, und wenn es das alles nicht gäbe, dann würde es in Wien so zugehen wie zum Beispiel in Paris, Brüssel, deutschen und italienischen Großstädten, „you named it“.

 

Ihre Argumentation, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, und zum Teil auch von der FPÖ, dass die Integrationspolitik in Wien gescheitert wäre, die ist fahrlässig und disqualifizierend. Wer so etwas sagt, hat keinerlei Gefühl dafür, wie es in Ländern aussieht, in denen Integrationspolitik tatsächlich gescheitert ist. Das sage nicht ich, das sagt der anerkannte Integrationsexperte Kenan Güngör heute im „Kurier“. Ich glaube, für uns, für die Stadt Wien war auch immer klar, dass wir es nicht alleine lösen werden können. Alleine geht es nicht, speziell die sicherheitspolitischen Aufgaben liegen nun mal beim Bund. Das heißt, wir werden die Herausforderungen nur gemeinsam lösen können. Deswegen haben wir uns als Stadt immer dafür eingesetzt, dass so ein Netzwerk auch auf Bundesebene kommt.

 

2017 wurde dann auch das Bundesweite Netzwerk Extremismusprävention und Deradikalisierung gegründet und gemeinsam mit den Bundesländern, damals, 2018 unter Schwarz-Blau, eine Strategie erarbeitet. Das haben sie damals gut gemacht, dafür gibt es Credits von mir. Das haben sie nämlich deswegen gut gemacht, denn wenn man sich die Strategie des Bundesnetzwerkes aus dem Jahr 2018 durchliest, dann kommt man drauf, dass da ganz viel von dem drinnensteht, was ich jetzt gerade gesagt habe: Bildungsarbeit, Integration auf Augenhöhe, Sozialarbeit, Jugendarbeit, Perspektiven geben, und so weiter, und so fort. Das haben wir gemeinsam 2018 auf Bundesebene unter dem blauen Innenminister (Zwischenruf.) Herbert Kickl beschlossen. Na ja, Herr Kollege, er hat doch etwas gemacht, es gibt nur ein Problem dabei, mit 2018 war dann Ende Gelände.

 

Die Bundesregierung hat diese Strategie niemals mit Leben erfüllt, und zwar, obwohl wir das x Mal gefordert haben, sind auf Bundesebene aus dieser beschlossenen Strategie niemals Maßnahmen abgeleitet worden. Im Gegenteil, das Bundesnetzwerk schläft seit über einem Jahr einen Dornröschenschlaf. Da frage ich mich schon, woran das liegt. Wurde das, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, einfach vergessen, als Ihr Landesparteiobmann und Finanzminister offensichtlich auch die Nullen im Budget und eigentlich alles, was in den letzten zwei Jahren so war, vergessen hat? Oder war das Memo für die Einladung des Netzwerkes in seinem Laptop

 

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