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Gemeinderat, 71. Sitzung vom 30.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 110

 

nicht so viel Glück im Leben gehabt haben, helfen, dass wir alle gut in dieser Stadt leben können. Die hohe Lebensqualität und die niedrige Kriminalitätsrate in Wien sind nicht zuletzt Ausdruck für unsere solidarische Grundhaltung. Wir bemühen uns, keinen in Wien zurückzulassen. Das ist nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, sondern auch ein Gebot der Ratio, nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen, weil rechtzeitige Hilfe die günstigste Form ist, um Armut nachhaltig zu reduzieren.

 

In einer der reichsten Städte der Welt darf niemand in einer kalten Winternacht erfrieren. Dagegen hat die Stadt mit dem Winterpaket auch ein Mittel gefunden, alle Menschen zu erreichen, die ohne Obdach sind, unabhängig davon, ob sie sonst Ansprüche auf Sozialleistungen hätten. Tatsächlich sind derzeit im Sommerpaket, wie es jetzt heißt, 1.000 Plätze in Notquartieren vorhanden, wobei je nach Bedarf - zumindest im Winter - auch noch etwas erweitert werden kann. Außerdem stehen auch 2 extra Quartiere mit Plätzen für 19 Familien zur Verfügung, weil ja auch Familien in Not geraten und plötzlich ohne Wohnung dastehen können. Tagsüber bieten Wärmestüberln und Sozialzentren etwa 600 weitere Plätze an, damit die Leute auch unter Tags Ansprache finden, Gewand finden, duschen und sich entspannen können.

 

Mit dem Ausbruch von Covid-19 wurde klar, dass wir besonders diese Personen, die oft auch Vorerkrankungen haben, mit Ende April nicht einfach auf die Straße setzen können. Deshalb wurde heuer erstmals die Winterhilfe zur Sommerhilfe ausgeweitet. Das heißt, es wurden zunächst einmal die Notquartiere ganztägig geöffnet, damit alle auch unter Tags im Haus bleiben können. Die Tageszentren wurden umgestellt, sodass es Möglichkeiten, zu duschen, zu essen und auch Post abzuholen, gibt oder man auch Dokumente oder andere Gegenstände dort hinterlassen kann.

 

So konnte man auch einem Covid-Ausbruch in einer Notschlafstelle, nämlich in Hietzing, schnell begegnen und mittels Quarantäne der Betroffenen und einer spezifischen Gesundheitsversorgung die Verbreitung sofort eindämmen. Das hat sich nicht auf ganz Wien ausgebreitet. Es ist daher wichtig, auch diese Sommerschlafstellen noch länger zu betreiben, solange wir noch nicht wissen, ob es eine zweite Welle geben wird und wann diese ausbrechen wird.

 

Solidarisch handeln, heißt auch, denen, die gestolpert sind, die Hand zu reichen und sie am besten zu begleiten, bis sie wieder auf eigenen Beinen stehen können. Genau das passiert auch bei Housing First, einem Programm, das Wohnungslosen hilft, eine eigene leistbare Wohnung zu erhalten. Die MieterInnen schließen dabei einen eigenständigen Mietvertrag ab und erhalten zusätzlich maßgeschneiderte sozialarbeiterische und therapeutische Hilfe.

 

Solidarität und aktives Sich-Einbringen machen die Stadt Wien aus. Wie erfolgreich das sein kann, sieht man etwa beim großen Projekt „sozialinnovativer Topf“, also bei dem nicht zuletzt von den GRÜNEN initiierten Fördertopf von 500.000 EUR. Über 300 Projekte wurden eingereicht, mit denen Wienerinnen und Wiener ihre Nachbarschaft verbessern wollen.

 

Warum gerade mit dem Thema Nachbarschaft? - Weil die Nachbarschaft das unmittelbare Experimentierfeld für Zusammenleben und Demokratie ist. Eine gute Nachbarschaft bedeutet, Solidarität und ein Stück weiter Sicherheit und Rückhalt in einer Großstadt zu erleben. Eine Jury aus Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, der Gemeinwohlarbeit und der Sozialarbeit hat Projekte ausgewählt, welche dann unterstützt werden. 52 Projekte wurden prämiert, die maximalen Förderbeträge lagen zwischen 2.000 und 20.000 EUR, und die Einreichungen kamen aus ganz Wien, aus allen Bezirken. Die Themen - das finden Sie vielleicht interessant, falls Sie es noch nicht gehört haben - waren oft Community, also Gemeinschaftsbildung, Umwelt, Feste und gemeinsame Veranstaltungen, aber auch das Thema Alter und das Thema Handarbeit waren sehr wichtig in den eingereichten Projekten.

 

Leider hat Covid-19 einige Umsetzungen verschoben, und manche werden erst im Herbst stattfinden können. Aber ich kann Ihnen sagen: „Wir sind Thürnlhof“ hat soeben begonnen. Da gibt es sehr viele offene Treffen, wo man Geschichten, auch die eigene Geschichte des Thürnlhofs, einbringen kann. Details dazu finden Sie im Internet. Das findet gerade statt. Sie sind herzlich willkommen, sich das einmal anzuschauen!

 

Wie geht es weiter? - Ich habe nur mehr 1 Minute 50 Sekunden, das heißt, ich muss noch ein bisschen kürzen. Nach wie vor sind ein Viertel der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdeten in ganz Österreich Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren. In Wien waren 34 Prozent der Mindestsicherungsbeziehenden Kinder und Jugendliche, 9 Prozent alleine Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren. Wir haben längst erkannt, dass Armut vererbt wird, dass Kinder und Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen deutlich größere Schwierigkeiten haben, die Schule zu beenden und eine Berufsausbildung durchzuhalten.

 

Das war der Ausgangspunkt, um neue Wege der Unterstützung zu suchen, Wege, die ein nachhaltiges Empowerment ermöglichen. Sie kennen wahrscheinlich schon die Antwort. Wir haben schon ein paar Mal hier darüber geredet: Sie heißt U25 oder One Stop Shop. Hier bringen unterschiedliche Institutionen, nämlich das Jugend-AMS und die MA 40 ihre Kompetenzen zusammen, um Jugendliche nicht nur finanziell zu unterstützen, sondern sie werden auch auf dem Weg, professionell zu werden, unterstützt. Sie bekommen soziale Orientierungshilfe, einen Schulabschluss oder eine Ausbildung. Dabei geht es immer um das Ziel, die Armutsvererbung aufzulösen. Am Ende dieses Weges steht natürlich im besten Fall ein Job, mit dem man sich selbst erhalten kann. Dadurch, dass das Angebotspackage im One Stop Shop Finanzielles, Ausbildung und Sozialarbeiterisches an einem Ort konzentriert, können mehr Kontinuität und individuelle Betreuung garantiert werden. Ich werde das jetzt nicht weiter ausführen. Ich bin aber jedenfalls sehr stolz, dass trotz Covid mit Anfang Juli die Menschen

 

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