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Gemeinderat, 71. Sitzung vom 30.06.2020, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 110

 

es wird nicht so wichtig sein, danke -, wo man früher einmal Flächen gelassen hat, damit man ein bisschen atmen kann, sich aufs Parkbankerl setzen, et cetera, dass man heute dort überlegt, im Gemeindebau nachzuverdichten.

 

Das führt dazu, dass wir in Hietzing zum Beispiel am Montecuccoliplatz ein Projekt haben, das ich schon einmal erwähnt habe, wo man in nur 7,50 m Abstand von den Wohnzimmerfenstern, von den Schlafzimmerfenstern von meist älteren Menschen, von niedrigen Gebäuden - Erdgeschoß, 1. Stock, 2. Stock - 6-geschoßige Gemeindebauten neu errichtet.

 

Das ist ganz, ganz schlimm für die Menschen, die dieses Wohnumfeld gewohnt sind, die eine gewisse Lebensqualität, gewisses Licht, Grünflächen, et cetera gewohnt sind, wenn sie auf einmal vor dem Fenster erstens einmal zwei bis vier Jahre eine riesige Baustelle haben, denn eine Tiefgarage kommt dort auch noch hin, dann die Staubbelastung, den Lärm und dann diesen Riesenwohnklotz auf der ehemaligen Grünfläche oder auf einem ehemaligen ebenerdigen Gebäude.

 

Wie schaut das jetzt de facto aus? Der Gemeindebau Neu wird 20 m hoch sein und wird für 60 Wohnungen zur Verfügung stehen. Es kommt zu einer Tiefgarage, und das ist gleich die nächste Crux, einer Tiefgarage mit 62 Garagenplätze, wobei man sagen muss, dass für den Supermarkt, der dort im Erdgeschoß hineinkommen soll, gleich einmal 15 Garagenplätze abgezogen werden müssen und dort, wo das ganze Gebäude errichtet wird, noch einmal 13 Parkplätze entfallen.

 

Das heißt, für die 60 Wohnungen stehen nur 34 Parkplätze zur Verfügung, und das in einem Bereich am Küniglberg, wo auf Grund des ORF und anderer - Schönbrunn-Besucher, et cetera - ohnehin heute schon eine riesige Stellplatznot herrscht. Was kommt dann noch dazu? Es kommt noch dazu, dass man durch den Ausbau, also dass man dort aufstockt, ein 3. Stock draufkommt, wo noch einmal 51 Wohnungen errichtet werden, was im Ergebnis 111 Wohnungen sind, für die nur 34 Garagenplätze neu dazukommen. Man sieht schon, auf der einen Seite kommt eine große Parkplatznot, auf der anderen Seite ein Verlust der Lebensqualität, lange Bauzeiten, Lärm, Schmutzbelastungen, et cetera. In dieser Art und Weise lehnen wir natürlich eine Nachverdichtung im Gemeindebau ab.

 

Gehen wir zurück zum Ausgangspunkt, gehen wir zurück nach Favoriten. Wir haben in den letzten Wochen gehört, in Favoriten leben 72 Prozent der Schüler mit nicht deutscher Umgangssprache. Da steht den verbleibenden 28 Prozent der echten Wiener Kinder, was die Integration betrifft, das Wasser bereits bis zum Hals. Vor diesem Hintergrund haben wir in der letzten Woche die Ausschreitungen in Wien-Favoriten betreffend einen innertürkischen Konflikt zwischen Grauen Wölfen und Kurden miterleben müssen.

 

Meine Damen und Herren, da geht es nicht nur um eine Parallelgesellschaft, das sind bereits Gegengesellschaften, die da entstanden sind. Was glauben Sie, wo der Großteil dieser jungen Männer, die dort demonstriert haben, die dort die Krawalle und Demonstrationen veranstaltet haben, die Gewaltexzesse, die Zerstörungen, wo die Mehrheit dieser Menschen wohnt? Diese Menschen werden nicht ausschließlich in den Döblinger, Währinger oder Hietzinger Villen wohnen, sondern diese Menschen leben überwiegend im Wiener Gemeindebau.

 

Man kann sich dann schon vorstellen, was das für unsere Seniorinnen und Senioren bedeutet, für ältere Menschen oder auch für junge Familien, wenn sie mit diesen gewaltbereiten Personengruppen Tür an Tür wohnen. Da kann man sich ein bisschen vorstellen, dass das da oder dort konfliktreich sein kann und dass im Prinzip der Wiener in seinem unmittelbaren Wohnumfeld sehr, sehr hart zu kämpfen hat.

 

Was macht die Stadt Wien? Wie reagiert Wiener Wohnen? Wiener Wohnen hat die Wohnberater und glaubt, die Situation mit diesen Personengruppen mit lieb Sprechen lösen zu können. Hunderte Polizisten waren letzte Woche beschäftigt, um diese Personengruppen auch nur annähernd in den Griff zu bekommen, aber Wiener Wohnen glaubt, wir schicken euch, wenn es einen Konflikt gibt, einfach ein paar liebe Sozialarbeiter, und durchs Reden kommen ja bekanntlich die Leute zusammen. Mitnichten.

 

Gestern hat es zu den Konflikten in Favoriten in „Wien Heute“ einen interessanten Bericht gegeben, und zwar von Herrn Kenan Güngör, einem Soziologen und Integrationsexperten. Der sagte im Zusammenhang mit den Ausschreitungen der letzten Woche etwas, was man genauso auf die Integrationsprobleme und -konflikte in den Schulen, aber auch auf die Konfliktsituationen mit diesen Menschen im Gemeindebau übertragen kann. Und zwar sagte er: Solange diese Menschen das Gefühl haben, dass sie machen können, was sie wollen und es hat keine Konsequenzen oder noch schlimmer, so lange lernen sie, dass sie sich im Prinzip in dieser Stadt und in ihrem Wohnumfeld alles herausnehmen können.

 

Dagegen werden wir uns entschieden aufregen, einbringen, es bekämpfen, auf diese Situation aufmerksam machen und immer und immer wieder den Wienerinnen und Wienern Unterstützung zukommen lassen.

 

Ich habe es schon noch in Erinnerung gehabt, aber ich habe es mir noch einmal schnell angeschaut, heute in der Früh, was die Philosophie der Wohnpartner ist, so wie es auf der Homepage steht, und zwar wird das so beschrieben: Die Arbeit der Wohnpartner ist „von bestimmten sozialarbeiterischen Haltungen der Gemeinwesen- und Konfliktarbeit geprägt, insbesondere Allparteilichkeit, Partizipation, Empowerment und Diversität“.

 

Glauben Sie wirklich, dass die jungen gewaltbereiten Männer in Konfliktsituationen im Gemeindebau mit Allparteilichkeit, Partizipation, Empowerment und Diversität zu beruhigen sind? Mitnichten. Mit weltoffener, wertschätzender oder integrativer Sozialarbeit im Gemeindebau ist bei diesen Personengruppen Hopfen und Malz verloren. Viele Menschen im Gemeindebau hoffen auf Unterstützung und Hilfe seitens Wiener Wohnen und werden immer und immer wieder bitter enttäuscht. Die Wohnpartner sind im Prinzip nur eine Zählstelle von Konfliktfällen. Herr Kenan Güngör, der bereits erwähnte Soziologe und Integrationsexperte, sagt, dass es gut

 

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