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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 27.11.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 100

 

Wenn wir uns jetzt die nüchternen Zahlen ansehen, dann sehen wir im Voranschlag einen Anstieg bei der Geschäftsgruppe um knapp 34 Millionen EUR. Die grundsätzliche Entscheidung, für den Bereich Kunst und Kultur mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, finde ich natürlich sehr positiv, weil ich davon überzeugt bin, dass Kunst und Kultur einen unendlichen Mehrwert für unsere Gesellschaft haben, dass Kunst und Kultur identitätsstiftend sind, dass Kunst und Kultur Brennpunkt, Verstärker, Transporteur, aber auch Spannungsbogen des gesellschaftlichen Diskurses sind.

 

Kulturpolitik ist in einer Stadt wie Wien, die Kunst und Kultur ja in ihrer DNA trägt, mehr als das Fortschreiben eines kulturellen Erbes. Kulturpolitik ist in einer Stadt wie Wien das Schaffen von Rahmenbedingungen, damit eine moderne, lebendige und vor allem auch vielfältige und vor allem auch freie Kulturszene stattfinden kann, eine freie Kulturszene, die wir nicht als Förderbittstelle sehen, sondern eine freie Kulturszene, die wir als gleichberechtigten Partner in der kulturpolitischen Diskussion sehen. (Beifall bei NEOS und GRÜNEN.)

 

Bevor ich ein paar inhaltliche Themen in der Kulturbudgetdebatte anspreche, möchte ich aber trotzdem auf ein paar nüchterne Zahlen blicken. Ich habe schon gesagt, 34 Millionen EUR für die Geschäftsgruppe mehr im Voranschlag. Rund 28 Millionen EUR davon gehen in den Bereich Museen, das ist vor allem das Wien Museum. Im Bereich darstellende Kunst - da gehört auch das Thema Vereinigte Bühnen Wien dazu, da komme ich dann später noch darauf zu sprechen - sind wir bei 2,5 Millionen EUR mehr. Besonders freuen mich 0,5 Millionen EUR mehr im Bereich fördernde bildende Künste, weil das ein Bereich ist, der vor allem auch in die freie Szene hineinwirken wird.

 

Bei dem schon angesprochenen Budgeterläuterungstermin wurde uns auch versichert, dass es zahlreiche Maßnahmen geben wird, die Stärkung der freien Szene durch die Erhöhung von verschiedenen Rahmenbeträgen einzuleiten. Das sehe ich natürlich auch als ein gutes, ein richtiges und ein wichtiges Zeichen in unserem kulturpolitischen Diskurs.

 

Jetzt möchte ich ein paar Themen ansprechen, die mir in den letzten zwei Monaten immer wieder begegnet sind, vor allem auch in den vielen Gesprächen, die ich in der Szene mit Künstlerinnen und Künstlern aber auch mit Institutionen geführt habe. Das ist natürlich der Dauerbrenner Vereinigte Bühnen Wien, also das Theater an der Wien, das Ronacher und das Raimund Theater, das Tochterunternehmen der Wien Holding. Das ist ja, wie ich schon gesagt habe, seit Jahren ein Dauerthema in der kulturpolitischen Debatte.

 

Leider konnte uns bei dem Budgeterläuterungstermin auch nicht gesagt werden, wie viel Förderungen denn voraussichtlich die Vereinigten Bühnen Wien 2019 bekommen werden. Wir wissen, 2018 waren es 39 Millionen EUR. In der Debatte wird auch sehr oft argumentiert, na ja, die Vereinigten Bühnen Wien haben einen enormen touristisch-wirtschaftlichen Mehrwert, beziehungsweise die Förderung der Vereinigten Bühnen Wien ist ja auch eigentlich eine Art von Förderung des WienTourismus. Ja, das stimmt schon, rund 50 Prozent der Besucher der Vereinigten Bühnen Wien kommen von außerhalb von Wien. Ob es hier eine wirtschaftliche Nachhaltigkeit gibt, speziell im Falle des Bustourismus, der die Damen und Herren vor der Aufführung nach Wien zum Theater bringt und unmittelbar nach der Theatervorstellung wieder weg aus Wien, wage ich zu bezweifeln.

 

Im Zusammenhang mit den Vereinigten Bühnen Wien haben wir auch das Dauerthema der Gesamtevaluierung. Bereits unter Thomas Drozda als Generaldirektor wurde uns ein Zukunftskonzept der Vereinigten Bühnen Wien versprochen, das haben wir mit Stand heute noch immer nicht. Das Konzept liegt nicht am Tisch. 2019 wäre ein guter Zeitpunkt dafür, vor allem auf Grund der Sanierung und temporären Schließung des Raimund Theaters. Diesbezüglich darf ich auch einen Antrag einbringen betreffend die Gesamtevaluierung der Vereinigten Bühnen Wien. Die Evaluierung soll stattfinden und die Ergebnisse der Evaluierung sollen den Mitgliedern des Wiener Gemeinderats berichtet werden und im Zuge dessen auch das seit Jahren versprochene Gesamtkonzept vorgelegt werden. (Beifall bei den NEOS.)

 

Es ist mir eben wichtig, den Status quo der Vereinigten Bühnen Wien zu erheben und die Entwicklung der letzten und der nächsten Jahre anzuschauen, um hier vor allem auch mehr Transparenz zu schaffen, denn ich meine, dass Transparenz der Diskussion um die Vereinigten Bühnen Wien auch gut tun würde.

 

Ein Thema, das in den Gesprächen vor allem auch mit vielen Künstlerinnen und Künstlern immer wieder gekommen ist, ist das Thema der Infrastruktur. Es ist Tatsache, dass in Wien hervorragende Kunstakademien verortet sind, dass hervorragende Künstlerinnen und Künstler in Wien ausgebildet werden, es ist aber auch Tatsache, dass viele der gut ausgebildeten Künstlerinnen und Künstler nach ihrer Ausbildung in Wien wenig Perspektive finden und viele Wien wieder verlassen. Persönlich halte ich den Verlust des künstlerischen Nachwuchses für eine Stadt wie Wien für eine wahre Tragödie. Es fehlt hier vor allem an sehr einfachen Dingen, nämlich an räumlicher Infrastruktur, beispielsweise Atelierräume oder Proberäume. Früher waren zum Beispiel in Gemeindebauten oft in den Dachböden Atelierräume verortet. Die sind alle verloren gegangen, umgewidmet, die gibt es heute nicht mehr. Für mich braucht es hier einfache Lösungen. Das ist auf der einen Seite das Mitdenken von allgemeinen Kulturräumen, Atelier- und Proberäumen in neuen Stadtentwicklungsgebieten, aber auch etwa Zwischennutzungsmodelle in leeren Erdgeschoßzonen anzudenken.

 

Das bringt mich zu einem anderen Thema, nämlich zum Thema der Dezentralisierung des Kunst- und Kulturangebots. Es liegt in der Natur der Sache, dass in einer Stadt wie Wien, in der sehr viele große Kulturinstitutionen im Zentrum der Stadt verortet sind, das Thema der Dezentralisierung hier eben ein großes Thema ist. Beispielsweise ist das Gloria Theater das einzige größere Theater über der Donau. In dem Zusammenhang finde ich es sehr begrüßenswert, dass es Überlegungen gibt, die Kunsthalle aus dem MuseumsQuartier nach

 

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