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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 27.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 85

 

chen, dass sie eine Ausbildung zu einem Lehrberuf schaffen, und wir brauchen eine nachhaltige Politik in Wien. Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als Nächste ist Frau GRin Mag. El-Nagashi zu Wort gemeldet. Ich erteile es Ihr.

 

15.14.42

GRin Mag. Faika El-Nagashi (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wo soll ich anfangen? Frau Schwarz, Sie sprechen sehr abfällig und geringschätzend über ein Projekt, das ein ausgezeichnetes Projekt ist (GR Armin Blind: Wer sagt das?), das ein Erfolgsprojekt ist, das Herr Kollege Wiederkehr, der es sich auch angesehen hat, sehr gut beschrieben hat. Ich weiß, nicht ob Sie vor Ort waren, ob Sie sich das Projekt einmal angesehen haben. Es gibt zwei Standorte. Es läuft mittlerweile seit zwei Jahren, und es gibt ein sehr ausführliches, umfangreiches Konzept dazu. Sie haben dieses Projekt, wie gesagt, sehr abfällig beschrieben haben und vor allem das pädagogische Konzept moniert. Es gibt ein sehr umfangreiches Konzept, das Ihnen auch zugegangen ist, nämlich ist es ein EU-Projekt, das eigentlich sehr hochschwellig ist, schon in der Antragstellung und in der Konzipierung. Es ist Ihnen zugegangen. Ich erinnere mich, dass die FPÖ das damals abgelehnt hat, unter anderem mit der Begründung, dass es Ihnen zu mühsam war, es auf Englisch durchzulesen. Ich weiß nicht, ob das mit ein Grund dafür war, dass Sie sich nicht damit beschäftigt haben beziehungsweise sich nicht damit beschäftigen wollten.

 

Es gab ein sehr umfangreiches Konzept. Was soll ich Ihnen jetzt entgegnen auf Ihre Einwände, unter anderem bezüglich der Aufschlüsselung der Kosten? Wenn Sie sich dieses Konzept ansehen würden, würden Sie dort eine Auflistung aller Module sehen, die dieses Jugendcollege beinhaltet. Da ist das gesamte pädagogische Konzept im Detail erklärt, und zwar mit Angabe der entsprechenden Kosten. Zugegeben auf Englisch, weil es Teil eines gesamten EU-Projektes ist. Die EU übernimmt im Übrigen auch einen Großteil der Finanzierung. Wenn Sie sagen, es gäbe hier keine ausreichende Kostenübersicht oder keine ausreichenden Informationen, so entspricht das einfach nicht der Wahrheit. Das ist eine Begründung, die Sie hier vorbringen. Es steht Ihnen zu, das Projekt abzulehnen und nicht für gut zu befinden, aber Ihre Argumente sind schlichtweg falsch.

 

Es tut dem Projekt unrecht, es tut all denen unrecht, die wirklich mit großem Engagement daran arbeiten, und es verzerrt auch die Diskussionen in diesem Bereich. Es ist sehr schade, dass es wirklich nicht möglich ist, sich hier inhaltlich auseinanderzusetzen über ein ausgezeichnetes und beispielhaftes, wirklich exemplarisches Erfolgsprojekt im Integrationsbereich. Integration ist nämlich eine Querschnittsmaterie, und genau das geht dieses Projekt an. Es ist eine Querschnittsmaterie im Bildungsbereich, im emanzipatorischen Bereich und auch im arbeitsmarktpolitischen Bereich natürlich. All das vereint dieses Projekt. Sie begründen Ihre Position damit, dass Sie jetzt auf die Evaluierung warten möchten, bevor das Projekt weitergeführt wird. Das Projekt ist im Laufen. Die Schülerinnen und Schüler, die das Jugendcollege besuchen, sind in einer Ausbildung mit dem Jugendcollege, sind in Modulen, die sie besuchen, und das im Übrigen sehr erfolgreich, worauf ich noch kurz eingehen werde.

 

Über das pädagogische Konzept, das Sie kritisieren, weil es darauf angelegt ist, Gesellschaft verändern zu wollen, muss ich sagen: Ja, genau das sollte das Ziel von Bildung sein, dass es Menschen befähigt, die Gesellschaft in Frage zu stellen und Fragen zur Gesellschaft zu stellen, und zwar zu jeder Gesellschaft, zu jeder Ordnung, zu jeder Weltordnung und zu jeder Gesellschaftsordnung, die ihnen präsentiert wird, natürlich, selbstverständlich. Das ist eine Befähigung zum kritischen Denken als ein Beitrag zu gelebter Demokratie, zu Partizipation, zu Ermächtigung, meinetwegen ja, zu Empowerment. Das ist kein schlechtes Wort, auch wenn Sie es hier immer wieder ins Lächerliche ziehen möchten. Das ist etwas sehr Vernünftiges, das jungen Menschen mitgegeben wird, um ihnen zu ermöglichen, dann Teil einer Gesellschaft zu sein.

 

Wenn es im Integrationsbereich ein Projekt gibt, das wirklich hervorragend ist, dann ist es dieses Jugendcollege. Es ist quantitativ und qualitativ erfolgreich. Es lohnt sich wirklich, es sich näher anzusehen, denn es ist ein Projekt, das eine Verbindung herstellt zwischen einer individuellen Förderung der Personen, die an diesem Projekt teilnehmen, und Ausbildungsmöglichkeiten und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Ein Großteil derer, die das Jugendcollege besuchen, konnte in andere weiterbildende Ausbildungsmöglichkeiten überführt werden, ob es ein Studium ist, ob es eine Lehre ist, ob es andere Arbeitsbereiche sind. Und das sollte doch unser gemeinsames Ziel in diesem Bereich sein, zumindest all derer, die Integration tatsächlich ernst nehmen und darunter mehr verstehen als nur einen Deutschkurs.

 

Das Jugendcollege ist nämlich viel mehr als eine Sprachfördermaßnahme. Es ist eine ganzheitliche Maßnahme, eine wirklich integrative Maßnahme in diesem Bereich. Fast 2.000 Jugendliche haben in den letzten 2 Jahren daran teilgenommen. Die Zielgruppe hat sich, wie Kollege Wiederkehr schon angesprochen hat, erweitert. Es geht grundsätzlich um Asylberechtigte, aber auch um subsidiär Schutzberechtigte, um Asylwerbende, aber auch um Jugendliche aus EU- und aus Drittstaaten. Sie haben es selber gestern oder vorgestern angesprochen, Frau Schwarz, dass es hier im Integrationsbereich mehr Maßnahmen auch für diese Zielgruppe bräuchte, und das Jugendcollege ist eine derartige Maßnahme. Es geht allgemein darum, benachteiligten Jugendlichen, egal, welcher Herkunft, eine Möglichkeit zu bieten, ernsthafte Chancen für ihre Zukunft zu bekommen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Tatsächlich wird hier mit jungen Menschen gearbeitet, nämlich in einem Alter, wo es sehr wichtig ist, Möglichkeiten zu schaffen, insbesondere hier für Jugendliche, die nicht mehr schulpflichtig sind, sich aber eben in keiner Ausbildung oder Bildungsmaßnahme befinden. Es wird eben nicht nur Deutsch gelernt, sondern es wird allgemein gelernt. Dabei geht es nicht nur darum, den Arbeitsmarkt zu verstehen oder Ausbildung an sich zu

 

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