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Gemeinderat, 59. Sitzung vom 24.11.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 110

 

nicht vergleichbar ist – aber bitte, okay, die eine Stadt hat 1,4, die andere 1,8 Millionen Einwohner -, aber die Arbeitslosenstatistik ist doch vergleichbar. Oder will mir jetzt irgendjemand sagen, wir können auch bei der Arbeitslosigkeit Wien und München nicht vergleichen, aus welchen Gründen auch immer? Da bin ich dann neugierig auf die Argumente. Und, bitte, da schaut es schon ziemlich dramatisch aus: zirka 4,8 Prozent bei München, 11,3 Prozent demnächst bei Wien. Meine Damen und Herren, ich weiß schon, wir leben nicht im Vergleich, aber das ist schon dramatisch! Da sollten wir alle sehr ruhig sein, in uns gehen und überlegen: Warum ist das in München um so viel besser und um so viel anders? - Darum sollte es in der heutigen Debatte gehen, und nicht immer nur um Schönfärben und um Schönreden. (Beifall bei der ÖVP.)

 

15 Prozent Zuwachs bei den Arbeitslosen gegenüber dem Vorjahr im selben Vergleichszeitraum in Wien, meine Damen und Herren! Wien ist mit Abstand der Spitzenreiter der negativen Hitparade der Arbeitslosenstatistik in Österreich! Wenn das keine gefährliche Dynamik ist, wenn da alles paletti ist, so wie es immer aus der Budgetrede der Frau Finanzstadträtin herausklingt, dann möchte ich Frau Brauner wirklich fragen: Wo wird es denn Ihrer Meinung nach dramatisch? Wo kommt denn einmal ein Neuverschuldungsstand oder ein Gesamtschuldenberg, wo Sie sagen würden, na ja, jetzt müssen wir aufpassen? Glauben Sie wirklich, in einem großen Unternehmen - Sie wissen, ich vergleiche Wien immer gern mit einem Konzern - würden im Finanzvorstand, im Aufsichtsrat bei niemandem die Alarmglocken schrillen, wenn innerhalb von wenigen Jahren der Schuldenstand vervierfacht wird? Auch wenn es Investitionen sind, aber diesen Schuldenstand können wir nicht ganz wegleugnen, meine Damen und Herren.

 

Vorschläge – ja, es wurde natürlich moniert, es sollen Vorschläge kommen von der Opposition -, die gibt es zuhauf und zu Hunderten, meine Damen und Herren. Das ist so ähnlich wie mit den Vorschlägen des Rechnungshofes auf Bundesebene: Es liegt genügend auf dem Tisch, es muss nur umgesetzt werden. Wir brauchen nur in Wien einmal die allgemeinen Verwaltungskosten auf den Pro-Kopf-Schnitt von Österreich zu senken. Wir haben so viel Konsolidierungspotenzial im Gesundheits- und Spitalwesen, in den Pflegediensten. Die Nachvollziehung - sie wurde heute schon angesprochen und wird sicher noch einmal angesprochen werden - der Bundesbeamtenpensionsreform in Wien, die Anhebung des Pensionsantrittsalters für Gemeindebedienstete und, und, und - also Vorschläge gibt es wahrlich genügend, meine Damen und Herren.

 

Und es geht ja immer um die Schwerpunktsetzung. Wir sind nicht generell gegen Investitionen - es ist ein Blödsinn, das zu behaupten -, es kommt immer nur auf die Schwerpunktsetzung an: Wo investiere ich? Und wie erfolgt die Gegenfinanzierung? Mache ich das immer nur über Schulden? Und das ist der große Unterschied zu einem Unternehmen: Natürlich investieren Unternehmen auch mit Fremdmitteln, aber nicht ausschließlich. Ich kenne auch Unternehmen, die ausschließlich mit Eigenmitteln finanzieren, die keine Bank wollen. Aber wenn man schon fremdfinanziert, muss man sich gleichzeitig auch immer in der Firma überlegen: Wo kann ich noch eigene Einsparungspotenziale heben? Und davon hören wir hier den ganzen Tag so gut wie gar nichts, meine Damen und Herren.

 

Ich bin eigentlich schon mit meiner Redezeit am Ende und möchte nur noch ganz kurz ein Thema streifen, auf das vielleicht in den nächsten zwei Tagen noch eingegangen werden wird, und zwar eine ganz neue Form der Debatte in Wien, die in den letzten Wochen aufgekommen ist, eine ganz neue Tendenz von zwei Personen dieses Hauses: einerseits des Herrn Kollegen Chorherr, der von zumindest Vorkaufsrechten für die Gemeinde bei Grundstücken gesprochen hat, sogar das Wort Enteignung in den Mund genommen hat - das ist etwas Neues, eine neue Qualität der Diskussion, die wir so noch nicht hatten -, und, sei es Zufall oder nicht, parallel, fast gleichzeitig des Herrn Bürgermeisters, der von einer Leerstandsabgabe gesprochen hat. Mit dem Wort Enteignung sind wir jetzt schon ziemlich an der Spitze der sogenannten Eskalationspyramide, was den Maßnahmenkatalog von Staaten oder Ländern betrifft, angelangt, meine Damen und Herren.

 

In dieser Diskussion, die auch Herr Kollege Ellensohn angesprochen hat, haben wir unsere Differenzen, da gibt es unterschiedliche Positionen, und gerade in dieser Frage wollen wir unsere Position herausstreichen - das ist ja gut so. Danke, dass das klar ausgesprochen wird - das ist gut so -, wie auch die Omama-Steuer. Es ist gut so, dass wir hören, dass SPÖ und GRÜNE wohl in der nächsten Legislaturperiode, so sie die Möglichkeit haben, von Enteignung sprechen und den Bürgern und Bürgerinnen eine neue Abgabe in Form einer Leerstandsabgabe auferlegen wollen. Ich könnte jetzt natürlich aus der Sicht meiner Profession lange über die Sinnhaftigkeit einer solchen Abgabe sprechen. Das tue ich heute auf Grund der Zeit nicht mehr, wir werden anderweitig noch Gelegenheit dazu haben.

 

Aber es ist dies eine neue Form der Diskussion, und sie zeigt ganz klar, dass es hier zwei große Modelle gibt: auf der einen Seite eine Politik, die für Eigentum, für Eigenverantwortung und für ein selbstbestimmtes Leben der Menschen eintritt, und auf der anderen Seite eine Politik, die eben im wahrsten Sinne des Wortes eigentumsfeindlich ist, die den Menschen vorschreiben will, wie sie zu leben haben, und die sie auch in Abhängigkeit halten will, meine Damen und Herren.

 

Die letztere ist eine Politik, die immer von den eigenen Versäumnissen ablenkt und immer nur die anderen zur Kasse bitten möchte und fremdes Geld hemmungslos ausgibt. Dafür stehen wir, und das kann ich Ihnen versichern, garantiert nicht zur Verfügung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und von GR Wolfgang Seidl.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Kollege Neuhuber hat 13 Minuten gesprochen. Das heißt, die Restredezeit für die gesamte ÖVP-Fraktion beträgt einstweilen noch 16 Minuten und 15 Sekunden genau. Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr

 

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