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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 19.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 108

 

Es kommt entweder zu Blut- und Tränenbudgets mit existenziellen Einschnitten oder es folgt die Insolvenz. Für Wien ist es natürlich noch nicht zu spät. Noch könnte man mit vergleichsweise geringem Aufwand gegensteuern. Wir müssten sparen, reformieren und investieren. Das ist allerdings etwas ganz anderes, als Geld bloß auszugeben oder gar zu verschwenden. Wir brauchen eine Investitionspolitik, der es gelingt, das Wirtschaftswachstum zu steigern und die Arbeitslosenzahlen zu senken. Sie sind mit Ihrer Wirtschaftspolitik nachweislich gescheitert, denn Wien hat im Bundesländervergleich das geringste Wachstum, aber die höchste Arbeitslosigkeit. Budgetkonsolidierung heißt Sparen und Reformieren im Kleinen wie im Großen. Im Großen sind das natürlich in allererster Linie die Personalkosten für aktives und pensioniertes Personal. Notwendig wären Maßnahmen für ein gerechtes Pensionsrecht zur Gesunderhaltung der Mitarbeiter und gegen Privilegien einiger, die es sich richten. Es kostet 350 Millionen EUR, dass Sie das Pensionsrecht nicht an jenes des Bundes anpassen. Sie behandeln Ihre Mitarbeiter schlecht, wenn Wien Spitzenreiter bei den Frühpensionierungen und bei den Krankenständen ist. Diese Frühpensionierungen und Krankenstände kosten Jahr für Jahr 200 Millionen EUR. Und ich sage Ihnen, die Wiener Bediensteten gehen nicht gerne 21 Tage im Jahr in den Krankenstand und die gehen auch nicht gerne krank in Frühpension. Dennoch werden 52 Prozent aller Wiener Beamten vorzeitig in den Ruhestand versetzt, weil Ihre Politik dazu führt, dass offensichtlich Arbeiten für die Stadt Wien krank macht. Das Kontrollamt sieht es ganz genauso wie ich. Es spricht von einem großen Verbesserungspotenzial im betrieblichen Gesundheitsmanagement und von einem großen Potenzial, um Krankenstände zu reduzieren, um Bedienstete länger im aktiven Dienst zu behalten.

 

In diesem Zusammenhang werde ich zwei Beschlussanträge einbringen, denn die Mitarbeiter müssen wirkungsvoll vor Mobbing und Bossing geschützt, aus ihrer einzigartigen Abhängigkeit befreit und in einer neuen Art und Weise besoldet werden. Vor allem aber sollten die Mitarbeiter gleich behandelt werden, unabhängig davon, welche Kontakte sie haben und welcher Partei sie angehören, denn extrem schlecht für das Betriebsklima und die Gesundheit der Mitarbeiter ist es, wenn es für einige Privilegien gibt, die andere nicht haben. Solche Privilegien gibt es zum Beispiel bei den Wiener Linien, sagt uns auch das Kontrollamt, zum Beispiel bei der Kfz-Prüfstelle. Dort gibt es zu viel Personal. Das unterbeschäftigte Personal repariert in der Dienstzeit eigene oder fremde PKWs, Kastenwagen, Wohnwagen oder Segelboote. Betriebsmittel werden zum Privatgebrauch verwendet. Ein Boot wird beispielsweise genau in jenem Rot gestrichen, in welchem die Straßenbahnen und die Autobusse fahren. 140 Privat-PKWs werden unentgeltlich begutachtet, vornehmlich Oldtimer, ohne dass es irgendwelche Beanstandungen dabei gegeben hätte. Diese Kfz-Prüfstelle kostet 744 000 EUR im Jahr. Würde man die Leistungen am freien Markt zukaufen, käme man mit 350 000 EUR durch. Das Einsparungspotenzial liegt bei 400 000 EUR. Die Missstände wurden von den Wiener Linien solange es nur irgendwie ging bestritten. Elf Begehungen des Kontrollamtes waren erforderlich, bis die Wiener Linien zumindest teilweise einlenkten. Unrechtsbewusstsein gibt es nach wie vor keines. Die Wiener Linien beharren nach wie vor darauf, dass Mitarbeiter in der Werkstatt private Fahrzeuge reparieren dürfen.

 

Sehr verehrte Damen und Herren, stimmt es im Kleinen nicht, dann stimmt es selbstverständlich auch im Großen nicht! Das sehen wir bei den Kostenexplosionen der Großprojekte. Die „Kronen Zeitung“ hat sich ja dankenswerterweise dieses Themas angenommen (GR Mag Thomas Reindl. Ein objektives Blatt!) und hat die Kosten mit 4,3 Milliarden EUR berechnet, übrigens am 3. November. Das war noch vor der Berichterstattung über die Kosten- und Skandalfälle (GR Mag Thomas Reindl: Ein ganz objektives Blatt!) der ÖVP-Wien. Das ist übrigens genau der Schuldenstand der Stadt Wien, der im Augenblick besteht. Ich spreche von AKH, Ronacher, Prater-Vorplatz, Happel-Stadion, U-Bahn-Bau, Zentralfeuerwache, Skylink, Stadthallenbad (Aufregung bei GR Mag Thomas Reindl.) und vielem anderen mehr. Herr Kollege Reindl, wissen Sie, was so auffällig ist? Dieses Drama läuft immer gleich ab: Bei jedem Bauskandal, bei jeder Kostenexplosion, bei jedem Großprojekt schlägt zuerst einmal die Opposition Alarm. Dann sagt die SPÖ, es gibt keinen Schaden. Dann schießt die Stadt Wien viel Geld nach, dann sagen Sie, Sie werden sich das Geld von den bösen Firmen zurückholen, und am Schluss bleibt die Stadt Wien auf ihren Kosten sitzen. Die Ursachen für dieses Drama sind auch immer die gleichen. Da werden die Hausaufgaben schon vor der Ausschreibung nicht gemacht. Da sind die Vorarbeiten regelmäßig unzureichend. Da sagt uns das Kontrollamt, dass man sich beim Stadthallenbad mit einer bloßen Erhebung des Ist-Zustandes begnügt und dass man mit einer bloßen Sichtkontrolle das Auslangen finden kann.

 

Der zweite Grund für diese Dramen liegt darin, dass es keine abschließende Projekt- und Leistungsbeschreibung gibt und der Projektumfang nicht ausreichend bestimmt ist. Beim Stadthallenbad hat man verkürzt gesagt, man kann das beim Kontrollamt nachlesen, wir wollen bitte eine Generalsanierung um 16,6 Millionen EUR, ohne genau zu wissen, was wir saniert haben wollen.

 

Drittens: Es gibt immer wieder die Fehler bei der Ausschreibung. Es gibt entweder gar keine oder eine mangelhafte. Das Vergabeverfahren wird unrichtig gewählt oder der Zuschlag hätte gar nicht erteilt werden dürfen. Beim Stadthallenbad sagt uns das Kontrollamt, mangels Nichterfüllung der Eignungskriterien hätte die Zuschlagserteilung an den Generalplaner gar nicht erfolgen dürfen.

 

Viertens: Freunderlwirtschaft. Das Kontrollamt stellt fest, dass der technische Direktor der Wiener Stadthalle und die Zuschlagsempfängerin gemeinsam in einer GmbH tätig sind. In dem Zusammenhang sprechen Sie dann gerne davon, dass die Optik vielleicht schlecht ist.

 

Fünftens: Wirklich schlecht sind Ihre Bauverträge. Es werden einfach keine ausreichenden Sicherheiten für den Auftraggeber vereinbart, keine Pauschalfixpreise,

 

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